Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Ein Tritt gegen die Ehre? E-Bikes im Test

von Bernd Skischally
Im Ansehen der Straße kommen E-Bikes nur knapp vor dem Rollator. Zu Unrecht, finden zwei Rad-Geeks, die schon von Berlin bis Shanghai gestrampelt sind. 

Mofas heißen die aufmüpfig lauten und stinkenden Motor-Fahrräder, die lange den Fortbewegungsdrang von Möchtegernrockern befriedigten. 25-km/h-Drosselung, Helmpflicht und klobige Bauweise  – rückblickend waren die Gefährte eine einzige Zumutung.

Wollte man ihnen Böses, könnte man E-Bikes als jüngstes Mitglied in die Familie der motorisierten Räder aufnehmen. Doch statt Verbrennungsmotoren gibt es heute leistungsfähige Batterien, und das Design fällt ungleich weniger demütigend aus. Aber braucht man beim Radeln wirklich Strampel-Support? Um das herauszu­finden, hat WIRED vier aktuelle E-Bikes von zwei Fahrrad-Geeks testen lassen: den Zwillingen Paul und Hansen Hoepner. Die Brüder haben bereits ganz Europa auf dem Rad bereist. Ihre längste Tour führte sie von Berlin aus 13 600 Kilometer in Richtung Osten – nach Shanghai. Gerade ist die Doku­mentation ihrer Reise ("Zwei nach Shanghai") als National-Geographic-Taschenbuch erschienen.

Jedes Mal, wenn ich auf einem E-Bike sitze, denke ich mir: „Ich sollte mein Auto verkaufen und künftig mit dem E-Bike zur Arbeit fahren.“

Hansen Hoepner

WIRED: Ihr tretet gerne selbst in die Pedale. Gilt für euch deshalb: E-Bikes sind die neuen Mofas?
Paul Hoepner: Nein. E-Bikes sind praktischer und cooler.
Hansen Hoepner: E-Bikes machen keinen unerträglichen Krach, man ist nicht abhängig von Sprit, und so reparaturbedürftig wie Mofas sind die neuen Räder auch nicht.

WIRED: Würdet ihr ein E-Bike kaufen?
Hansen: E-Bikes sind optimale Alltagsgefährte. Wenn es nicht um Abenteuer oder sportliche Leistung geht, sondern rein um den Nutzen. Jedes Mal, wenn ich auf einem sitze, denke ich mir: „Ich sollte mein Auto verkaufen und künftig mit dem E-Bike zur Arbeit fahren.“ Ein gutes Modell, mit dem man auch mal Sachen von A nach B transportieren kann, kostet aber um einiges mehr als die alte Karre, die ich fahre. Ich fand es schon immer komisch, dass Viele E-Bikes als Fahrhilfe für Omas abstempeln, ohne zu hinterfragen, wie sinnlos die Kurzstrecken mit dem Auto sind. Für das Examen meines Produktdesign-Studiums habe ich deshalb selbst ein E-Bike entworfen. Es sollte jungen Leuten das Konzept schmackhaft machen.


Paul: Ich wette, wenn man mit einem E-Bike durch eine Stadt wie Berlin fährt, ist man schneller als mit Auto oder U-Bahn. Und genauso wenig verschwitzt. Mit dem E-Bike ist der Körper nur aktiviert, aber nicht wirklich angestrengt.

WIRED: Ihr habt vier E-Bikes mit ganz unterschiedlichen Spezifikationen getestet. Auf welche Eigenschaften legt ihr besonderen Wert?
Paul: Auf jeden Fall auf eine hohe Akkuleistung. Ständig nachladen zu müssen, nervt. Die Kraftun­terstützung muss auch deutlich spürbar sein. Und die E-Bike-Technik gehört in ein Gesamtkonzept integriert. Ich hätte ungern einen Radrahmen, der nur durch einen aufgesetzten Akku ergänzt ist. Was das angeht, hat mir das Rad von Smart gut gefallen. Da waren Design und Technik aus einem Guss.
Hansen: Neben der Leistung von Akku und Motor würde ich auf eine gute Diebstahlsicherung achten. Darauf sollten die Hersteller von vornherein mehr Wert legen und sich verantwortlich fühlen. Konzepte gibt es genug: etwa GPS-Überwachung oder Schlösser, die den Radrahmen so nutzen, dass, wenn das Schloss geknackt wird, das E-Bike unbenutzbar ist.

WIRED: Welche Innovationen für Räder würdet ihr euch noch wünschen?
Paul: Smartphone-Koppelung finde ich spannend. E-Bikes brauchen nicht unbedingt Displays. Ein Telefon hat eh jeder dabei. Wenn es dafür Anbindungen gibt, hat man dann auch gleich eine vernünftige Auflösung. Akku-Tauschstationen fände ich auch gut. Dafür bräuchte es natürlich erst einmal einheitliche Systeme.
Hansen: Oder bessere Akkus. Ein Forschungsprojekt in den Niederlanden arbeitet zum Beispiel gerade an Batterien, die innerhalb von Sekunden voll geladen sind. Brennstoffzellen für E-Bikes wären in ferner Zukunft natürlich auch toll. 

WIRED: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, auf zwei Rädern bis nach China zu fahren?
Paul: Shanghai ist eine der Städte, die von Deutschland aus am weitesten im Osten liegt.
Hansen: Da kannst du bis zum Pazifik durchradeln. Ein Riesen­abenteuer. Wir sind durch das Hi­ma­laja-Gebirge und die Taklama­­kan-Wüste gefahren und haben einige Tausend Höhenmeter zurückgelegt.

WIRED: Ihr habt die Reise auf konventionellen Fahrrädern bewältigt. Hattet ihr unterwegs nie den Drang nach motorisierter Hilfe auf Knopfdruck?
Hansen: Oh doch, oft sogar. Wenn man gegen den Wind fährt oder wieder einen Riesenberg hochmuss und sich tierisch einen abschwitzt, denkt man sich fast immer: „Wie geil wäre jetzt ein Motor.“ Auf der anderen Seite ist es gerade die Herausforderung, so eine Strecke nur mit eigener Kraft zu schaffen. Wenn man wieder Rückenwind hat und bergab fährt, spürt man den Belohnungseffekt dann umso deutlicher.
Paul: Auf der Reise war es uns am wichtigsten, dass wir komplett unabhängig unterwegs sind. Mit dem Fahrrad ist man auf keinerlei Kraftstoff angewiesen, die Technik ist schlicht, es kann nicht viel kaputtgehen, und man macht eigentlich alles aus eigener Kraft. Das gibt einem das perfekte Freiheitsgefühl. 

Für Vielfahrer
smart E-Bike
„Stimmiges Gesamkonzept für ein Alltagsnutzrad mit im Rahmen integriertem Akku.“ Fakten Gewicht: 26 kg; E-Reichweite: 100 km; Extras: Scheibenbremsen, USB-Schnittstelle und Basisdisplay, luftgedämpfte Federgabel. 
2499 €, smart.com

 

 

Für Rambos 
Flyer Flogo
„Äußerst robuste Konstruktion. Ein Fahrgefühl wie bei einem aufgepimpten BMX – mit hohem Spaßfaktor.“ Fakten Gewicht: 22,5 kg; E-Reichweite: 100 km; Extras: 8- bzw. 11- Gang-Nabenschaltung, Display, Faltpedale.
Ab 3299 €, flyer-bikes.com


 


Für Flexible 
Vrum Piega
„Der selbstladende Motor ist faszinierend. Insgesamt  etwas instabil konstruiert, aber ganz hübsch als Stadtrad für Kurzstrecken.“ Fakten Gewicht: 14 kg; E-Reichweite: unbegrenzt; Extras: leicht zerlegbarer Rahmen, Zehus-Antrieb.
2790 €, vrumbike.com

 

 



Für Styler
Electrolyte Straßenfeger
„Cooles, innovatives Design. Aber: Der am Lenker verbaute Akku verhindert Kunststücke wie Freihandfahren.“ Fakten Gewicht: 16 kg; E-Reichweite: 60 km; Extras: Scheiben- und Rücktrittbremse. 
3999 €, electrolyte.bike 

GQ Empfiehlt