Rachsucht und blinder Hass treiben Kapitän Ahab in Melvilles „Moby Dick“. Die Walfänger von heute setzen hingegen auf Mitleid: Der amerikanische Schauspieler Adrian Grenier („Entourage“) sammelt gerade Geld auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter. Er will den einsamsten Wal der Welt finden.
Er ist eine Heldenfigur, die irgendwie Menschlichkeit ausstrahlt.
Die Geschichte hat das Potenzial, eine Menge Spenden zu generieren: Es gibt nämlich einen Wal, der — so vermuten es Forscher — sein ganzes Leben allein verbracht hat. Weil er auf einer Frequenz singt, die seine Artgenossen nicht hören können. Wale kommunizieren untereinander, indem sie gesangsähnliche Töne abgeben. Normalerweise liegen diese Töne auf einer Frequenz von 15 bis 20 Hertz. „52“ nennen die Wissenschaftler den Einzelgänger, dessen Gesang mit einer Frequenz von 52 Hertz viel zu hoch für andere Blauwale ist.
Auf seine Fährte stießen Wissenschaftler schon 1992 auf Whidbey Island im US-Bundesstaat Washington, als sie ungewohnte Unterwasserklänge aufnahmen. Nachdem sie den Wal länger begleiteten, entdeckten sie, dass kein Artgenosse auf seinen Gesang reagierte.
„Er ist eine Heldenfigur, die irgendwie Menschlichkeit ausstrahlt und die uns viel darüber zu sagen hat, wie wichtig es ist, Einfühlungsvermögen für Andersartige zu entwickeln“, sagte Grenier in einem Interview mit Origin. 300.000 Dollar sind das Ziel seiner Kickstarter-Kampagne. Damit soll eine ganze Expedition finanziert werden. Mit an Bord sind nicht nur ein Team aus Meeresbiologen und anderen Wissenschaftlern, sondern auch ein Filmemacher: Mit Josh Zeman will Grenier einen Dokumentarfilm drehen — über die Lärmbelastung der Ozeane, die die Kommunikation der Wale gefährdet.
Allerdings fehlen noch knapp 200.000 Dollar für das anvisierte Budget. 20 Tage bleiben potentiellen Sponsoren noch, das Projekt zu unterstützen. Die Expedition soll 400 Meilen vor der Küste Kaliforniens starten, wo das Team nach „52“ fahnden wird. Wenn die Wissenschaftler den Wal tatsächlich finden, wollen sie seine Rufe überwachen und analysieren. Manche Forscher vermuten sogar, der einsame Wal könnte eine seltene Kreuzung aus Blauwal und Finnwal sein. „52“ war immer allein. Das soll sich jetzt ändern.