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Chaos Communication Congress / GIF - Der Tod eines Mediums und sein Leben danach

von Caspar Clemens Mierau
Auf dem diesjährigen 31. Chaos Communication Congress (31c3) geht es nicht nur um Sicherheit, Verschlüsselung und die Folgen der Snowden-Leaks, sondern auch um Netzkultur. Felix Mütze präsentierte einen kurzen Einblick in die vielen Tode der technisch betagten GIFs und untersucht, inwiefern Pornographie aktuelleren Formaten auf die Sprünge hilft.

GIFs sind heute ein Synonym für animierte Bilder und der Internetkultur. Gern werden sie auf sozialen Medien geteilt und enthalten oft kurze Film- oder TV-Sequenzen. Doch das war nicht immer so. Das Ende der 1980er von Compuserve entwickelte Format war in den frühen 1990er Jahren als reines Bild-Format verbreitet. Der Legende nach war ein 1992 hochgeladenes Foto der Comedy-Band »Les Horrible Cernettes« die erste GIF-Datei im World Wide Web:

Als sich 1994 herausstellte, dass ein für GIF-Dateien verwendeter Komprimierungs-Algorithmus patentiert war und Herstellern von Software mit GIF-Unterstützung Lizenzkosten drohten, brach ein Sturm der Entrüstung los, der 1999 im Aufruf »Burn All GIFs« gipfelte.

Der erste Tod: Patente und PNG

Gleichzeitig wollte man die noch wenig bekannte Alternative PNG durchsetzen. Das seit Ende 1994 entwickelte PNG-Format war frei von Patentbeschränkungen und technisch ausgereifter. Laut Mütze wäre dies fast der frühe, erste Tod der GIF-Dateien gewesen. Doch 1995 wendete sich das Blatt. In diesem Jahr stellte ein deutscher Programmierer fest, dass GIF-Dateien theoretisch auch Animationen darstellen können.

Der damals verbreitete Browser »Netscape Communicator« übernahm die Funktion und GIF entwickelte sich zu einem einfachen Format, um kurze (Stumm-)Filme und Animationen in Webseiten einzubinden. Da man bei Beginn der Arbeiten an PNG noch nichts von den Animations-Fähigkeiten der GIF wusste, hatte man diese Möglichkeit in der freien Alternative schlicht nicht bedacht.

Der zweite Tod: Myspace Glitzer-GIFs

Nach dem ersten von der GIF überlebten technischen Tod gab es nach Mütze einen kulturellen zweiten: Das „Genre“ Glitzer-GIF entstand. In den 1990ern Jahren verzierte man Webseiten noch mit richtigen Animationen - zum Beispiel mit sich drehenden @-Zeichen, Weltkugeln oder bewegten „Under-Construction“-Schildern. Mit dem Aufkommen der 2003 gestarteten Plattform Myspace veränderte sich das. Viele Webseiten wurden nun von animierten Glitzer-Bildern verziert. Diese sind einfacher herzustellen, da sie im einfachsten Fall nur aus zwei Einzelbildern bestehen. Geschmacklich sind sie dabei auch eine Herausforderung.

Doch der Kampf um das technische Format ging weiter. Über ein Jahrzehnt gab es mehrere Versuche, nachträglich animierte Alternativen zur GIF zu entwickeln. Bis heute versucht die auf PNG aufbauende APNG die GIF zu ersetzen. APNG wird von den Browsern Firefox, Opera und Safari dargestellt. Mütze unterstreicht, wie sehr er sich eine weitere Verbreitung des technisch ausgereifteren Formats wünscht. Aber so lange Googles Browser Chrome APNG nicht ohne notwendiges Plugin unterstützt, wird dies wohl ein Traum bleiben.

Der dritte Tod: Videoformate

Und was ist der Status heute? Neben dem Bild-Format GIF setzen sich Video-Formate durch, die der dritte Tod der GIF sein könnten. Hier nennt Mütze neben GIFV das fürs Web entwickelte »WebM«. Im Gegensatz zur GIF kann dieses auch eine Tonspur enthalten und lange Videos transportieren. Es wird jedoch auch als Alternative zur GIF verwendet.

In einer kurzen Analyse untersuchte Mütze die Verbreitung von WebM und GIF im bekannten Imageboard 4Chan. Er vergleicht dort zwei Bereiche: Einen für pornographische und einen für „safe for work“ Inhalte. Auch wenn die Datenbasis noch flach ist, zeigt sich, dass WebM auch mit 4Chan-Restriktionen (kein Ton, maximal 120 Sekunden) sich zumindest for Pornographie zunehmend behauptet. Das mag wohl daran liegen, dass Nutzer nackte Haut lieber hochauflösend sehen, mutmaßt der Vortragende.

Noch ein überlebter Tod?

Und was ist die Moral für Mütze? GIFs sind überholte Software. Es gibt bessere, freie Alternativen. Doch diese setzen sich nicht automatisch durch, nur weil sie frei und besser sind.

Letztlich hängt es von den Nutzern ab. Und diesen das sei angemerkt, wird ausgerechnet seit diesem Jahr noch einmal viel für GIF geboten: Twitter unterstützt seit Mitte Juni offiziell GIFs. Sie können wie normale Bilder an Tweets angefügt werden. Youtube experimentiert seit diesem Monat im Kanal »PBS Channel« mit einem GIF-Exporter. Und mit dem GIF-Dienst Giphy kann man schon seit 2013 auch auf Facebook über einen Trick GIFs einbinden. Vielleicht wird auch der auch der nächste Tod der GIF wieder kein endgültiger sein. Wäre das so schlimm?

Mehr zum Thema gibt es in Felix Mützes Artikel-Serie zur Geschichte der GIF. Die Slides zu seinem Vortrag sind ebenfalls online.

 

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