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„Erfinden ist peinlich!” In neu entdecktem Manuskript spricht Isaac Asimov über Kreativität

von Christopher Pramstaller
Öfter als Isaac Asimov hat sich wohl kaum jemand die Zukunft ausgedacht. Und wer sich Zukunft ausdenken kann, der versteht auch etwas von Kreativität. Anders wäre es dem russisch-amerikanischen Biochemiker und Science-Fiction-Autor kaum möglich gewesen, sich etliche Male futuristische Welten auszumalen.

Isaac Asimov ist tot, 22 Jahre schon. Über Kreativität hat er uns aber immer noch viel zu sagen. In einem Essay von 1959, das ein ehemaliger Wissenschaftler-Kollege und Freund beim Ordnen alter Manuskripte gefunden hat, räumt Asimov mit vielen der gängigen Vorstellungen auf, die wir heute davon haben, wie die geniale Idee für das „next big thing“ gefunden werden kann.

In einer kurzen Einführung zu dem Essay erklärt  der frühere Asimov-Freund Arthur Obermeyer, warum das Schriftstück solange unbekannt bleiben konnte. Ende der 1950er arbeitete er in einer Forschungsgruppe, die sich mit kreativen Ansätzen zur Rakatenabwehr beschäftigen sollte, einem geheimen Regierungsprogramm. „Out of the box“ sollte dort gedacht werden – und weil Obermeyer Asimov für einen Menschen hielt, der genau das tun konnte, wurde er engagiert. Der Umgang mit geheimen Informationen war Asimov jedoch nicht ganz geheuer und so verließ er die Gruppe nach nur wenigen Treffen wieder.

Unglücklicherweise ist der Prozess der Schöpfung nicht einmal dem Schöpfer selbst klar.

Isaac Asimov

Einzig der Essay „Über Kreativität“ blieb als Input Asimovs übrig – und wurde bis heute von niemandem außerhalb der Gruppe gelesen. Asimov stellt sich darin die Frage, woher neue Ideen kommen, welche Menschen sie haben und unter welchen Bedingungen sie entstehen. Keine einfache Frage, denn „unglücklicherweise ist der Prozess der Schöpfung nicht einmal den Schöpfern selbst klar“, wie Asimov sagt.

Zunächst stellt er sich jedoch die Frage, welche Menschen es denn überhaupt sind, von denen wirklich bahnbrechende Gedanken erwartet werden können. Gedanken, die zuvor in vielen Fällen vollkommen absurd erschienen. Für Asimov sind es Menschen, die sich nicht nur exzellent in ihrem Interessensgebiet auskennen; vor allem müssen sie die einzelnen Wissensbruchstücke auf ungewöhnliche Art miteinander verbinden können. Es müssen Personen sein, die über genügend Selbstsicherheit verfügen, um Vernunft, Autorität und dem gesunden Menschenverstand entgegenzutreten.

„Da es so jemanden nicht häufig gibt, wird er wie ein Exzentriker erscheinen“, schreibt Asimov. „Die Person, die wirklich neue Ideen hat, wird ungewöhnliche Eigenschaften an den Tag legen. Nur ein Spinner zu sein, reicht allerdings nicht.“

Wie müssen diese Menschen nun aber arbeiten? Allein oder in Gruppen? Und wenn ja, wie viele Personen lassen sich ertragen? Eins ist klar: Asimov ist kein Fan kollektiver Kreativität.

Auf jede gute Idee kommen hundert, tausend schlechte.

Isaac Asimov

„Mein Gefühl ist, dass für den kreativen Prozess Isolation notwendig ist“, sagt er. „Der Kreative arbeitet ständig. Sein Geist wirft die Gedanken immerzu hin und her, auch wenn er schläft oder gar nicht bewusst daran denkt.“ Anwesenheit von weiteren Personen? Die würde nur stören. „Erfinden ist peinlich. Auf jede gute Idee kommen Hundert, Tausend schlechte, die man nicht unbedingt Anderen zeigen will.“ Wenn man trotzdem in einer Gruppe arbeiten müsse, dann mit maximal fünf Personen. Alles andere, meinst Asimov, führe zu nichts.

An einem Ort solle sich so eine Gruppe dann auf keinen Fall treffen: in einem Konferenzraum. Die Meetings sollten „informell sein,  jovial; man muss Witze machen können. Nicht um der  Witze willen, es ist aber die Grundlage, sich überhaupt auf einen kreativen Prozess einlassen zu können.“ Treffen solle man sich deshalb am besten zu Hause, zum Abendessen.

Wer nun denkt, Ideen könnten mit viel Geld erkauft werden, dem widerspricht Asimov deutlich. „Kaum etwas blockiert Kreativität mehr als das Gefühl der Verantwortung“, sagt er. „Die großen Ideen unserer Zeit kamen von Menschen, die nicht dafür bezahlt wurden. Sie sind Nebenprodukte.“ 

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