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Digital ist besser / Johnny Haeusler will sich sein Bier lieber nicht von einem Haushaltsroboter bringen lassen

von Johnny Haeusler
Eine Pressemitteilung, eine Facebook-Page, eine Website, ein PR-Video im Apple-Stil und einige Tweets genügen, und schon möchten alle einen Robot Butler bestellen. Selbst wenn sich solche sagenumwobenen elektronischen Helfer als Kickstarter-Hoax oder Werbekampagne für einen Spielfilm entpuppen: Der Traum vom digitalen Rundumgehilfen wird weitergeträumt. Zu schön finden viele Menschen die Vorstellung, sich das eisgekühlte Getränk nicht mehr selbst ans Sofa holen zu müssen.

Als wäre das das höchste Ziel! Wenn ich mir einen Roboter nach Hause holen würde, dann nur einen, der wirklich etwas kann. Der mir also genau die Arbeit abnimmt, die meinen Alltag zur Hölle werden lässt und mir das Gefühl gibt, selbst ein Roboter zu sein.

Doch darauf werden wir noch lange warten müssen, fürchte ich. Denn zunächst sind die bisher vorgestellten Haushaltsroboter viel zu langsam. Selbst in Science-Fiction-Filmen, die naturgemäß eher zur Über- statt zur Untertreibung neigen, surren oder schreiten die Digi-Butler im Schneckentempo durch die Räume, die natürlich keinen Teppichboden haben dürfen, damit der Arme nicht ins Wanken gerät und einen Versicherungsschaden in sechsstelliger Höhe verursacht. Will ich wirklich eine halbe Stunde auf mein Bier warten, also genauso lange wie in einer Hipster-Kneipe in Berlin-Mitte, wenn mehr als drei Gäste zugegen sind? Natürlich nicht. Da gehe ich lieber selbst zum Kühlschrank.

Wir fliegen zum Mars, aber das mit dem flinken Getränke-Roboter bekommen wir nicht hin.

Wer jemals einen dieser Staubsaugerroboter bei der zeitlupenartigen Verrichtung seiner Arbeit gesehen hat, der ist vermutlich vor Langweile dabei eingeschlafen und weiß nun, warum die Besitzer lieber Katzen draufsetzen und YouTube mit Videos davon füttern. Und der hat außerdem eine ungefähre Vorstellung davon, wie schnell ein sechsmal so schwerer und dreißigmal so hoher Roboter sein würde, der noch dazu ein Tablett mit Getränken balancieren muss. Nämlich in etwa so schnell wie das Wachstum von Stalaktiten. Wir fliegen zum Mars, aber das mit dem flinken Getränke-Robi bekommen wir nicht hin.

Ein Roboter, der mir jeden Tag einen Schrank mit frisch gewaschenen Klamotten präsentiert – den würde ich kaufen.

Dabei bleibt der häusliche Getränkelieferdienst das kleinste Problem, es gibt schließlich viel Wichtigeres zu tun im Alltag. Den Hund ausführen (Kot bitte entsorgen). Staubwischen (auch von den Kerzenständern). Die Steuererklärung machen (Reisekosten nicht vergessen). Mama anrufen (okay, das könnte in machen Fällen sogar Siri erledigen, denn mehr als “Aha”, “Oho” und “NEIN!” ist selten nötig). Das Bett beziehen, den Rasen mähen, Laub harken, die Blumen gießen, die Post aus dem Briefkasten holen… Und was ist mit dem Endboss aller Haushaltstätigkeiten, dem Mega-Fail der Selbstorganisation, der langweiligsten aller Lebensherausforderungen? Was ist mit der Wäsche?

Ich traue mich nicht, auszurechnen, wie viel Zeit eine Familie mit dem Sortieren, Waschen, Trocknen, Bügeln, Falten und Zurücklegen von Kleidung verbringt. Und ich kenne niemanden, dem diese Arbeit Spaß macht. Wir stehen zwar wenigstens nicht mehr am Waschbrett und an der Wäschemangel, haben immerhin Waschmaschinen und Trockner, doch der Rest der zum Wäschemachen gehörigen Tätigkeiten bleibt nach wie vor an uns hängen. Ein Roboter, der diesen täglichen Wahnsinn übernimmt, während Eltern im Büro und die Kinder in der Schule sind? Der mir an jedem Nachmittag einen fein sortierten Schrank voll mit frischen und sogar vollständigen Sockenpaaren, gebügelten Hemden und sauberen T-Shirts präsentiert?

Das wäre der Roboter, den ich kaufen würde. Hier ist meine Kreditkarte. Aber mein Bier hole ich mir selbst. Danke. 

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