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Warum Software-Updates schlechter werden, wenn man ihnen Namen gibt

von Dominik Schönleben
Oreo oder High Sierra: Betriebssystem-Updates tragen heutzutage Namen. Das können sich Fans und Kunden gut merken. Über die Sicherheit eines Systems sagt der Name jedoch nichts aus, wie ein aktuelles Beispiel von Apple zeigt.

Namen sind praktisch: Wenn ein Wort etwas beschreibt, können Menschen darüber reden. Ob das neueste Android die Version 7, 8 oder 9 ist, müssen auch wir bei WIRED immer mal wieder nachschlagen. Aber dass es zusätzlich den Namen Oreo trägt, lässt sich spätestens dann schwer vergessen, wenn das neue Keks-Maskottchen auf die Bühne gezerrt wird.

Im Prinzip sind also Namen etwas Gutes. Problematisch werden sie erst dann, wenn sich Updates von dem entfernen, was sie eigentlich sollen: eine Software verbessern. Schwierig ist, wenn sie mehr und mehr zu Marketinginstrumenten werden. Wichtig: Updates sind keine Events, sondern eine Notwendigkeit.

Früher zählten Firmen ihre Updates von 1.0.1 bis 1.9.0 und dann kam irgendwann die 2.0, wenn sich maßgeblich etwas änderte. Mittlerweile ist dieser Sprung in der ersten Zahl jedoch zu einem alljährlichen Event geworden, das mit der Verkündung eines neuen Namens einhergeht. Feierlich wird die neue Bezeichnung enthüllt, über die dann Tech-Journalisten schreiben und Fans reden sollen. Dem Update wird mehr Gewicht verliehen, damit in regelmäßigen Abständen über das Unternehmen berichtet wird.

Wie kann so etwas passieren? Es liegt an der seit Monaten vorbereiteten Marketingkampagne

Der Release von macOS X.13 – oder besser: High Sierra – zeigt jetzt, dass dabei eines auf der Strecke bleibt: die Sicherheit. Das Update wurde mit einer schwerwiegenden Sicherheitslücke veröffentlicht. Und die neuen Funktionen? Für diejenigen, die keine Software-Developer sind, sind diese eher vernachlässigbar. Wer also das Update am Tag der Veröffentlichung herunterlädt, schadet sich damit selbst. Ein regelmäßiges Phänomen bei dieser Art Updates von Apple. Weitere Sicherheitsupdates folgen dann meist schnell. Der schlaue Ratschlag, den wir sonst immer geben: „Update schnell und immer“, verliert hier seine Gültigkeit.

Wie kann so etwas passieren? Es liegt an der seit Monaten vorbereiteten Marketingkampagne. Das Update muss zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt erscheinen, damit wie geplant statt Sierra eben die neue Version High Sierra beworben werden kann. Egal ist dabei offensichtlich, ob wirklich alle Sicherheitslücken gestopft sind oder jede neue Funktion perfekt funktioniert. Zum Stichtag muss das Update ausrollen. Damit widerspricht das Update seinem eigentlichen Zweck: das System besser machen.

Werbekampagnen sind schwerfällig. Sie sind Monate im Voraus gebucht und auf den Tag genau geplant. Selbst wenn kurzfristig noch ein schwerwiegender Fehler entdeckt wird, ist es fast unmöglich das Update zurückzuhalten. Die Folge: Es werden unfertige oder nicht genügend getestete Updates veröffentlicht.

Wie groß und schwerfällig die Marketingkampagnen hinter einem neuen Update heute sind, wurde besonders bei Googles Ankündigung für das letzte Android-Update deutlich. Lange versuchte das Unternehmen für den finalen Marketing-Push das Geheimnis zu wahren, wofür denn nun das O tatsächlich stehe. Mit einem in der Beta versteckten Oktopus wollte die Firma schließlich auf die falsche Fährte locken. Doch täuschen konnte Google damit niemanden. Längst war bekanntgeworden, dass O für Oreo steht.

Trotz des Leaks kündigte Google den Namen mit viel Trara an. Die großen Marketingpläne konnten nicht mehr in letzter Minute geändert werden. Vielleicht auch deshalb, weil die Keksmarke Oreo für diese Inszenierung des neuen Namen bezahlt hatte. Für den Endkunden änderte sich jedoch nur wenig: Es gab neue Emojis und die Grundfarbe des Interface wechselte von schwarz auf weiß.

Namen für Updates haben eine gewisse Macht. Sie geben dem Produkt einen höheren Stellenwert. Deshalb beschränkt sich dieses Phänomen auch nicht auf Software. Für die vermeintlich überwältigende Performance des iPhone X ist deshalb der Bionic Chip verantwortlich. Gelernt hat Apple den Trick vom Chiphersteller Qualcomm, der seine Premium-Prozessoren bereits seit Jahren unter dem Namen Snapdragon verkauft. Das beflügelt die Phantasie der Kunden.

Ähnliches versucht Apple jetzt auch mit den iPhone-Chips. Denn der neue Bionic Chip basiert auf keiner neuen bionischen Technologie, sondern ist einfach nur eine schnellere Version seines Vorgängers.

Bei Software-Updates geht es längst nicht mehr nur darum, ein System sicherer zu machen, Fehler zu beheben oder neue Funktionen hinzuzufügen. Vielmehr ist Herstellern wichtig, dass das die Nachricht vom neuen Update es auf die Premiumplätze der Tech-Seiten schafft. Die Namen Oreo und High Sierra sagen nichts über die Qualität des jeweiligen Updates aus. Sie können getrost ignoriert werden – obwohl: Diese Namen machen es immerhin auch leichter, über neue Sicherheitslücken zu sprechen.

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