Fernbeziehungen sind heutzutage nicht ungewöhnlich. Dank Social-Media und Messengern ist man jederzeit und ständig miteinander vernetzt. Skype verbindet noch das getrennteste Pärchen live und in Farbe – sofern das Internet mitspielt. Aber die vertrauten Berührungen, ein gewohnter Händedruck oder ein liebevolles Streicheln, das konnte bisher noch kein Gadget übertragen. Mit den Flex-N-Feel-Handschuhen aus den Laboren der kanadischen Simon Fraser Universität könnte sich das ändern. Denn mit ihnen sollen sich Paare trotz räumlicher Distanz spüren können.
Dazu bekommt jeder der beiden einen Handschuh. Wenn sie ihr Gadget tragen und einer der beiden seine Finger bewegt, beugt oder streckt, wird diese Aktion in den Handschuh des anderen übertragen. So genannte taktile Sensoren sollen den Träger die übersetzte Bewegung als Berührung wahrnehmen lassen.
Sensoren, die mit einem Mikrokontroller verbunden sind, nehmen das Beugen oder Strecken der Finger auf und übertragen diese Aktionen via WiFi-Modul an den „Fühl“-Handschuh. Um die Berührungen so echt wie möglich zu gestalten, haben die Wissenschaftler die Sensoren rundherum im Wearable installiert. Bewegt der Aktionsgeber also seine Finger, vibrieren die Aktoren auch auf der Handfläche seines Gegenstücks: Der Träger des „Fühl“-Handschuhs kann seine Hand nun auf verschiedene Stellen seines eigenen Körpers legen, um Umarmungen oder Streicheleinheiten zu imitieren.
Das Problem bei diesem Prototyp ist allerdings, dass es sich bei ihm um eine Einbahnstraße der Gefühle handelt. Denn pro Session kann immer nur einer von beiden Partnern fühlen, während der andere die Bewegungen sendet. Der, der jeweils die Berührung initiiert und den Handschuh anschaltet, spürt den anderen nicht. (Es sei denn, man könnte gleich zwei Handschuh-Paare benutzen.)
Bei einer Testreihe haben die Wissenschaftler festgestellt, dass Paare das Wearable für genau vier verschiede Interaktionen nutzten: Geteilte Handlungen (beide versuchten die gleiche Geste), verspielte Aktivitäten (Massage- oder Kitzeleinheiten), intime Gesten (sie legten den Handschuh auf empfindsame Stellen) und Präsenz (die Partner wollten den anderen einfach nur spüren).
„Wir haben die Handschuhe zwar nicht für sexuelle Interaktionen entworfen, aber sie könnten natürlich dementsprechend benutzt werden“, erklärte Carman Neustaedter gegenüber Motherboard. Andere Forschungsaufträge seines Labors beschäftigen sich ebenfalls mit menschlicher Nähe und wie man diese durch Technologie substituieren könnte.
Ein Projekt-Team etwa arbeitet an einem System für eine Virtual-Reality-Telefonkonferenz, bei dem es dem einen Partner ermöglicht werden soll, durch die Augen des anderen zu sehen. „Unsere Projekte sollen neue Wege und Mittel für Menschen in einer Fernbeziehung eröffnen, damit sie sich dem anderen näher fühlen können“, berichtete Neustaedter.
Wer bis hierher durchgehalten hat, trauert entweder für die einsamen Nutzer der Handschuhe, oder kann sich das Produkt gut für seine Beziehung vorstellen. Es geht aber noch viel bizarrer in Sachen Intimität aus der Ferne – mit dem Projekt O-Cast. Das funktioniert so: Der User lädt sich eine Web-App aufs Smartphone und simuliert seine Moves beim Oralverkehr, indem er das Display seines Telefons ableckt. Die App zeichnet das Muster auf und lädt es auf einen digitalen Marktplatz. Hier werden die Muster in Vibration übersetzt und können via Bluetooth mit einem bestimmten Vibrator verbunden werden. Wer sich davor ekelt, sein Display abzulecken, der soll auch seinen Finger benutzen können.