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Ricoh Theta S: Die nicht ganz perfekte 360-Grad-Kamera

von Dominik Schönleben
Auf Facebook und YouTube liegen 360-Grad-Videos im Trend. Jetzt fehlen nur noch bezahlbare Kameras, mit denen jeder solche Aufnahmen machen kann. Die neue Theta S von Ricoh soll genau das sein. Warum sie trotzdem noch nicht perfekt ist, erfahrt ihr im WIRED-Test.

360-Grad-Videos und -Fotos werden in sozialen Netzwerken immer beliebter. Bisher jedoch stammen sie meist von Künstlern oder Firmen, die sie zu Werbezwecken produzieren haben lassen. Doch nach und nach kommen nun auch Kameras auf den Markt, die es jedem ermöglichen sollen, solche Fotos und Videos aufzunehmen. Ein Modell, das dabei besonders auffällt, ist die neue Theta S von Ricoh.

Die Theta S überzeugt mit einem eleganten Design, das gut in der Hand liegt. Man kann die längliche Kamera einfach wie einen Selfiestick in die Luft strecken, ohne das man sich sorgen machen muss, dass sie einem aus der Hand rutscht. Ausgelöst wird sie durch simples Drücken des Auslösers auf der Vorderseite. Einziger Nachteil: Der eigene Arm ist dann immer voll im Bild.

Um dieses Problem zu umgehen, kann die Theta S mit dem Smartphone ferngesteuert werden. Erst das führt zu richtig guten 360-Grad-Aufnahmen, weil man in der App auch Details wie Belichtungszeit und ISO-Wert einstellen kann. Die Fernsteuerung funktioniert auch gut ohne Stativ, weil die Kamera durch ihren nach unten verlagerten Schwerpunkt problemlos auf jeder glatten Oberfläche stehen bleibt.

Hier könnt ihr euch die Aufnahme in 360 Grad anschauen

Das Fernsteuern per Smartphone-App ist ein zentrales Feature, es offenbart aber auch eine der größten Schwächen der Kamera. Statt Bluetooth nutzt die Theta S ein WLAN, das von der Kamera selbst erzeugt wird und mit dem man sein Smartphone verbinden muss, damit die Kamera in der App erkannt wird. Die Folge: Will man ein Foto direkt auf Facebook teilen, muss man zuerst umständlich über die App das Wi-Fi wechseln.

Und leider ist das eigene WLAN der Theta S nicht nur unpraktisch, sondern auch unzuverlässig. Entfernt man sich mehr als einen Meter von der Kamera, kommt es zu Verbindungsausfällen. Erst bricht der Live-Feed ab, mit dem man den Bildausschnitt im Auge behalten kann, dann – spätestens nach fünf bis sieben Metern – kann man auch den Auslöser nicht mehr betätigen. Der vermeintlich größte Vorteil der Kamera wird so zum Ärgernis. Es ist eine Herausforderung, sich erst außerhalb des Bildes zu begeben und dann abzudrücken.

Will man ein Bild auf Facebook oder Twitter teilen, kommt die nächste Enttäuschung: Es gibt zwar die Möglichkeit, Fotos oder Videos direkt über die App in diese beiden sozialen Netzwerke zu posten, doch das Ergebnis ist nicht wie erwartet. Anstatt dass die 360-Grad-Aufnahmen nativ auf Facebook hochgeladen werden, veröffentlicht sie die Theta S stattdessen auf der Plattform von Ricoh. Auf Facebook wird dann nur ein Link gepostet. Freunde können die Aufnahmen der Kamera also nicht direkt in ihrer Timeline anschauen, sondern müssen dafür auf eine andere Website wechseln.

Hier könnt ihr euch die Aufnahme in 360 Grad anschauen

Für diesen Umweg gibt es keinen technischen Grund, die Fotos und Videos der Theta S werden von Facebook unterstützt. Doch sie müssen leider umständlich über die Facebook-App hochgeladen werden, nachdem sie der Foto-Galerie des Smartphones hinzugefügt wurden. Dadurch, dass Ricoh den Nutzer in seiner App zum Upload auf die eigene Plattform zwingt, wird eines der wichtigsten Verkaufsargumente der Kamera – das Sharen der Aufnahmen – zum Kompromiss. Denn auch auf YouTube können Videos nicht direkt geteilt werden.

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Die Live-Video-Funktion der Theta S ist eigentlich ein weiteres cooles Feature. Doch auch hier wird es kompliziert: Man kann nicht direkt aus der App live auf YouTube streamen, sondern muss die Kamera über den HDMI-Anschluss an einen Computer anschließen. Hier zeigt sich erneut, dass die App der Kamera in der Entwicklung wohl leider vernachlässigt wurde.

Für den Preis von 350 Euro liefert die Theta S bei ihren Aufnahmen ein gutes Ergebnis. Die Übergänge zwischen den beiden Fischaugen-Linsen auf der Vorder- und Rückseite sind auf Fotos kaum zu erkennen und auch in Videos eher vernachlässigbar. Außerdem fotografiert und filmt die Kamera volle 360 Grad, was nicht bei allen als Rundum-Kamera beworbenen Modellen selbstverständlich ist. Die 360fly etwa hat an ihrer Unterseite einen toten Winkel.

Nicht nur am Tag macht die Theta S gute Aufnahmen, auch nachts entstehen bei guter Straßenbeleuchtung passable Fotos und Videos, auch wenn sie etwas grobkörnig werden. Das einzige, was man wirklich bemängeln kann, ist die geringe Auflösung der Kamera: Die Full-HD-Auflösung von 1920x1080 ist gut genug für einen schnellen Schnappschuss, den man auf Facebook posten will, aber für mehr eben auch nicht. Andere 360-Grad-Kameras leisten hier bereits mehr. Verteilt auf das volle 360-Grad-Spektrum ist Full-HD eben doch nicht mehr so scharf, wie man es von regulären heutigen Videoaufnahmen gewohnt ist.

Fazit:
Die Theta S hätte die perfekte 360-Grad-Kamera fürs Social Web werden können. Doch weil Ricoh den Nutzer auf die eigene Plattform zwingt und viele essenzielle Funktionen nicht direkt über die mitgelieferte App genutzt werden können, sind viele Interaktionen mit der Kamera enorm umständlich. Während das Konzept und Design der Theta S großartig sind, scheitert Ricoh also leider an der Ausführung.

Im Überblick:
– Gute Fotos und Videos, wenn auch nur in Full-HD
– Immer wieder Verbindungsprobleme zwischen Smartphone und Kamera
– Veröffentlichung von Aufnahmen bei Facebook, YouTube oder Twitter schlecht umgesetzt 

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