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PowerRay: Tauchgang mit der Unterwasserdrohne

von Dirk Peitz
Die PowerRay soll die erste Unterwasserdrohne für Alltag und Urlaub sein. Außerdem kann sie Anglern dabei helfen, im Meer, See oder Fluss Fische zu finden. WIRED hat die Drohne vorab getestet.

Kurz spotzt die PowerRay noch eine kleine Fontäne Wasser aus, als sei sie ein Miniwal und keine Unterwasserdrohne, dann taucht sie ab, und auf dem Monitor des Telefons erscheint das Livebild. So sieht es also unter unserem kleinen Motorboot aus. Lindgrün leuchtet das Wasser, hellbraun der Boden des Sees nahe des Ufers, nur hier und da sind kleine, gestrüppartige Pflänzchen zu erspähen. Die Unterwasserwelt des Werbellinsees in der Nähe von Berlin ist nicht gerade exotisch, aber ein wenig kann man sich hier schon wie ein Meeresforscher fühlen.

Für Drohnenpiloten ist die PowerRay eine schöne Abwechslung, weil es ein neues Element zu erforschen gibt. Die Drohnenverordnung und örtliche Flugverbotszonen beschränken ohnehin den Luftraum über Deutschland, in dem sich ein Multikopter legal bewegen darf. Über Innenstädte, Straßenverkehr und Menschenansammlungen etwa darf per se nicht geflogen werden, also weicht man auf Felder aus, die Berge oder den Strand – solange diese Orte wiederum nicht in Naturschutzgebieten liegen. Über den Wolken ist die Freiheit schon allein deshalb nicht mehr grenzenlos, weil keine Drohne höher als 130 Meter aufsteigen darf. Was bleibt da noch zum unbeschwerten Filmen und Fotografieren? Nur Gewässer.

Die chinesische Firma PowerVision Robot bringt nun also eine Unterwasserdrohne heraus. Bisher war die Firma für den eierförmigen Multikopter PowerEgg bekannt. Die PowerRay soll ab Ende Juni ausgeliefert werden. Im hauseigenen Onlineshop wird jedoch mit sechs bis acht Wochen bereits eine etwas längere Lieferzeit angegeben. Es könnte zeitlich etwas knapp werden für alle, die bald ihren Sommerurlaub am Meer mit diesem neuen 1599-Euro-Spielzeug verbringen wollen.

Zum Vergleich: Eine DJI Phantom 4 Pro (P4P), die derzeit technisch ausgereifteste Gerade-noch-Amateur-Drohne für den Lufteinsatz, kostet lediglich 100 Euro mehr. Sie ist vollgestopft mit Sensortechnologie, hält einen Haufen intelligenter Flugmodi vor und hat eine 20-Megapixel-Kamera mit mechanischer Blende, die in 4K mit 60 Bildern pro Sekunde filmen kann.

Gemessen daran sind die technischen Spezifikationen der PowerRay nicht gerade beeindruckend. Deren Kamera schafft auch 4K-Videos, hat aber für Fotos nur eine Auflösung von 12 Megapixeln. Und frei bewegt sich die PowerRay auch nicht: Sie hängt an einem 50 Meter langem Kabel, das die Verbindung zur Basisstation hält – WLAN funktioniert nicht durchs Wasser hindurch. Höchstens 30 Meter tief soll die PowerRay auf Tauchgang gehen und mit zwei Metern pro Sekunde schafft sie nur ein Drittel der Höchstgeschwindigkeit der P4P.

Doch die PowerRay bewegt sich eben auch in einem völlig anderen Element. Im Wasser ist Tempo kein wesentliches Kriterium: Das ist eine der unmittelbarsten Erkenntnisse, die man beim Steuern der Drohne von einem kleinen Motorboot aus hat. Eigentlich sind zwei Meter pro Sekunde sogar viel zu schnell, unter Wasser sucht man instinktiv die Entschleunigung.

Gesteuert wird die Unterwasserdrohne exakt so wie ein Multikopter, per Fernbedienung oder Smartphone-App. Die beiden Joystickregler sind ebenfalls genauso belegt wie bei Luftdrohnen – wer einmal eine solche geflogen ist, hat schnell den Dreh raus. Und merkt, dass es ähnlich wie bei Multikoptern auch bei Unterwasserdrohnen eine filmische Herausforderung gibt.

Während in der Luft gerne die Rotoren ins Bild ragen, muss man bei der PowerRay aufpassen, nicht regelmäßig das Verbindungskabel mitzufilmen. Weil die Kamera in der Unterwasserdrohne nicht beweglich ist und stur nach vorne schaut, ist das bei vorsichtiger Vorwärtsfahrt jedoch kein Problem. Allzu akrobatische Tauchbewegungen bekommt man als Anfänger mit der PowerRay eh nicht hin.

Ein weiterer Unterschied zwischen Unterwasser- und Flugdrohne ist, dass ein Pilot sich bei der PowerRay einzig und allein über den Monitor orientieren kann. Sichtkontakt mit dem Gerät gibt es nicht. Selbst im sehr klaren Wasser des Werbellinsees verschwindet die PowerRay bereits nach wenigen Metern Tauchfahrt aus dem direkten Blick. Zunächst ist von oben noch das Licht der beiden kleinen Scheinwerferchen zu erkennen, die links und rechts neben der Kameralinse am Gerät angebracht sind, bald verschwindet auch diese Orientierungshilfe. Die Unterwasserszenerie wird nur ein bis zwei Meter vor dem Kameraauge ausgeleuchtet. Das reicht jedoch, um das Vorschaubild auf dem Smartphone zu erleuchten.

Wer ein intensiveres Erlebnis möchte, kann das Telefon vorm Abtauchen in eine VR-Brille von Zeiss stecken. Die dafür notwendige VR One Plus, fühlt sich dabei wie eine etwas zu groß geratene Taucherbrille an. Die gehört allerdings nicht zum Lieferumfang des Starter-Pakets PowerRay Explorer. Sie muss entweder einzeln gekauft werden oder kommt unter anderem mit dem Komplettpaket PowerRay Wizard, das aber mit 2099 Euro einen stattlichen Preis hat.

Ebenfalls nicht im Basispaket enthalten, sondern nur im teureren Bundle ist der PowerSeeker Fishfinder, ein tennisballgroßes Sonar, das in den Boden der Drohne steckt wird. Der Fishfinder mag auch für Drohnenpiloten nützlich sein, die gezielt schwimmende Lebewesen vors Objektiv bekommen wollen. Doch eigentlich ist er vor allem für Angler gedacht. Wer nicht stundenlang warten will, bis irgendwann ein Fisch anbeißt, kann sich mithilfe des Sonars auch gleich auf die Suche nach Fangbarem machen. Keine Ahnung, ob dieses Vorgehen mit der Angler-Ehre vereinbar ist, doch es gestaltet mutmaßlich den Weg des Fischs aus dem Wasser auf den Esstisch erheblich kürzer und effizienter.

Als reiner Drohnenpilot hingegen genießt man bei der PowerRay vor allem den Perspektivwechsel und das Vergnügen, mal etwas anderes vor die Linse zu kriegen als Bäume oder eben Seen von oben. Die Suche nach guten Filmlocations für die PowerRay wird vermutlich aber auch nicht einfacher, als es die für fliegende Multikopter ist: Für aufregendere Bilder braucht es eben mehr als einen Badesee in Brandenburg.

In unserem Test näherte sich immerhin ein einzelner kleiner Fisch neugierig der PowerRay, flüchtete dann aber schnell wieder. Das Mittelmeer oder gar fischreichere Gewässer in tropischen Gefilden sind bestimmt erheblich aufregendere Spots für solch eine Drohne. Und für Menschen gelten natürlich auch unter Wasser dieselben Rechte auf Privatsphäre wie über Wasser, nicht nur in Deutschland. Wer Leute beim Schwimmen filmen will, muss vorher um Erlaubnis fragen.

Letztlich ist die PowerRay wohl vor allem für Bootsbesitzer und deren Gäste ein großer Spaß: Die zugehörige App besitzt eine Beobachterfunktion, über die sich mehrere Personen das Unterwasserbild der Drohne gleichzeitig auf ihr Smartphone holen können, ohne dass sie selbst steuern dürfen.

Für ambitionierte Drohnenfilmer wiederum könnte die PowerRay eine Erweiterung ihres Videospektrums werden. Die entscheidende Frage ist bloß: Sind gleichmäßige Bewegtbildfahrten unter Wasser den Preis der Drohne wert? Eine günstige Alternative wäre, zum Beispiel hin und wieder vom Boot aus eine wasserdichte Actionkamera in einen See abzutauchen. Nach einem halbstündigen Tauchgang im Werbellinsee sind wir uns deshalb nicht sicher, ob sich die Anschaffung der PowerRay wirklich lohnt, auch wenn sie viel Spaß gemacht hat.

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