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Erfreulich rückständig: Das Microsoft Surface Laptop im Test

von David Pierce
Microsoft hat ein Notebook gebaut, das weniger weit in die Zukunft blickt als die Konkurrenz – und gerade damit punkten könnte. Das neue Surface Laptop im WIRED-Test.

Microsofts neues Surface Laptop hat nichts über die Zukunft der Technologie zu sagen. Der Konzern aus Redmond hat sich nicht mit Gedanken daran aufgehalten, wie die Dinge im Jahr 2025 aussehen werden – welche Anschlüsse die Nutzer brauchen, welche Art von Gerät sie nutzen und was sie von Bildschirmrändern halten werden. Stattdessen hat Microsoft ein Laptop gebaut, das für das Jahr 2017 optimiert ist.

Stellen wir das einmal Apples MacBooks gegenüber: Um jeden überflüssigen Millimeter wegnehmen zu können, hat Apple eine flachere Tastatur erfunden. Traditionelle USB-Ports fielen weg, stattdessen setzt man voll auf USB-C und hofft, dass alle anderen es auch tun werden. Und die TouchBar? Reden wir lieber gar nicht erst darüber. Apple baut keine Laptops, wie man sie heute möchte. Apple baut Laptops, wie man sie vielleicht in vier Jahren haben will.

Doch wenn man heute 1000 Leute fragen würde, was sie sich von einem Laptop wünschen, und die Antwort in ein mindestens 1150 Euro teures Paket packte, bekäme man wohl so etwas wie das Surface Laptop. Nach einer Woche mit dem burgunderfarbenen Testgerät kann ich sagen, dass es sehr gut aussieht und sich auch so anfühlt – vor allem das Material, das die Tastatur und das Trackpad bedeckt. Es ist ein hervorragendes Laptop, wenn man erst mal die verstümmelte Version von Windows aktualisiert hat, die auf dem Gerät vorinstalliert ist (mehr dazu später).

Das Surface Laptop hat ein leicht spitz zulaufendes Klappgehäuse, der 13,5-Zoll-Bildschirm mit 2256x1504 Pixeln wird von einem stabil wirkenden Scharnier gehalten. Mit rund 1,2 kg und etwa 1,3 cm Dicke liegt das Surface Laptop knapp unter der 13-Zoll-Version des MacBook Air. Man bekommt es mit Intels Core-i5-Prozessor oder dem schnelleren i7 und kann zwischen 4, 8 oder 16 GB RAM sowie 128, 256 oder 512 GB SSD wählen (unser Testgerät hatte einen i5, 8 GB RAM und eine 256-GB-Festplatte). Die Akkulaufzeit bleibt hinter den von Microsoft angegebenen 14 Stunden zurück, an den meisten Tagen erreichten wir solide 9 bis 10 Stunden.

Gut genug für massenweise Browser-Tabs, für Highend-Gaming eher nicht

Die Specs können sich mit jedem anderen Windows-Laptop der 1000-Euro-Preisklasse messen: gut genug für massenweise Browser-Tabs und Word-Dokumente, für Highend-Gaming eher nicht. Das Design sticht jedoch heraus. Das Surface Laptop hat klare, saubere Linien und eine nahezu makellos wirkende Metalloberfläche. Ein Appeal, wie man ihn sonst nur von Apple-Produkten gewohnt ist. Erhältlich ist das Notebook in Burgunder, Blau, Silber und Gold.

Auch das Material der Handauflage fällt auf. Sie besteht aus Alcantara, einem wildlederartigen Polyester, das man aus Autos und von Louis-Vuitton-Taschen kennt und das auch in der Consumer-Elektronik immer beliebter wird. Microsoft hat es über das Trackpad und die Tatstatur gelegt, um einen warmen weichen Platz für die Hände zu schaffen. Das sieht gut aus und fühlt sich auch so an, ist aber möglicherweise nicht besonders haltbar. Schon nach wenigen Tagen franste das Material an den Rändern aus, sodass ich das Gefühl nicht loswurde, dass ich es irgendwann durchscheuern könnte (auch wenn Microsoft versichert, dass das nicht passieren wird). Ein Pluspunkt des Überzugs: verschüttete Flüssigkeiten sammeln sich in Tröpfchen und können ganz einfach mit einem Papiertuch weggewischt werden.

An der rechten Seite des Surface Laptop findet man den breiten, dünnen Anschluss für das Microsoft-eigene Netzteil. Links wiederum eine Kopfhörerbuchse, einen MiniDisplay-Port und einen einzelnen USB-3.0-Anschluss. Letzterer hat für Diskussionen gesorgt. USB-C soll die Zukunft sein, es ist schneller, kleiner und alle stellen darauf um. Warum also setzt Microsoft auf das veraltete USB 3.0? Weil so gut wie alle Drucker, Kameras, externen Festplatten und Podcast-Mikrofone es heutzutage noch nutzen. Microsoft hat eine pragmatische Entscheidung getroffen: Das Surface Laptop macht das Leben heute leichter und Dongle-freier – und vielleicht in ein paar Jahren schwieriger, wenn es mehr USB-C-Geräte gibt. Persönlich denke ich, ein Port von jeder Sorte wäre der richtige Weg gewesen (vor allem: Wer nutzt denn bitte noch MiniDisplay?).

Ich mag es sehr, dass Microsoft ein Laptop für das Hier und Heute gebaut hat. Trotzdem hätte man sich in Redmond ruhig mehr von anderen, etwas zukunftsweisenderen Windows-Modellen abschauen können. Etwa den randlosen Bildschirm des Dell XPS 13 oder das 360-Grad-Gelenk des HP Spectre X360. Beides würde den Touchscreen und den Stift des Surface Laptop nützlicher machen. Doch ohne solche Features muss ich leider über die Tastatur reichen, um zu zoomen und Objekte zu drehen, und ich finde keinen richtig angenehmen Winkel für den Einsatz des Stiftes. Das Surface Laptop ist zwar touch-fähig, aber leider immer noch für Trackpad und Tastatur optimiert. Immerhin überzeugen diese: Das Trackpad ist geschmeidiger als beinahe jedes andere, das ich kenne. Die Tastatur hat angenehm viel Platz und Spiel, auch wenn die leicht konkaven Tasten sich bisweilen breiig anfühlen.

Als Microsoft sein Surface Laptop ankündigte, war das am meisten angepriesene Feature Windows 10 S, eine vereinfachte, sicherere Version von Windows 10. Perfekt für Schulen oder Unternehmen, die große Flotten von Computern verwalten müssen, und auch für Nutzer, die nur grundlegende Anforderungen an ihren Rechner haben und vom verbesserten Malware- und Virenschutz profitieren.

Per Upgrade zum waschechten Laptop

Mich hingegen hat Windows 10 S schier wahnsinnig gemacht. Als ich das Surface Laptop zum ersten Mal einschaltete, leitete mich Microsofts virtueller Assistent Cortana durch einen Setup-Prozess, den ich nicht beenden konnte, ohne Hilfe aber in der Hälfte der Zeit geschafft hätte. Als ich versuchte, Google Chrome herunterzuladen, verkündete ein Popup sinngemäß: „Nein, sorry, nicht erlaubt, macht aber nichts, Microsoft Edge ist sowieso viel besser.“ (Nein, nicht mal annähernd.) Ich suchte nach 1Password, Photoshop, Adobe Audition, Spotify und einem Dutzend anderer Apps, die ich täglich nutze. Vergeblich. Manchmal leitet Microsoft euch auch zum Windows-Store-Äquivalent des Programms, das ihr sucht – meistens bleibt die Anfrage aber ergebnislos. In Redmond setzt man eindeutig darauf, dass Windows 10 S erfolgreich genug wird, um Entwickler zu überzeugen, ihre Apps in den Windows Store zu stellen. Aktuell bietet das Betriebssystem jedoch nicht viel mehr als einen mittelmäßigen Browser – und jede Menge Kopfschmerzen.

Glücklicherweise verlangt ein Upgrade auf Windows 10 Pro nur zwei Klicks und fünf Minuten Zeit. Danach hat man die gleiche Software wie auf jeder anderen Windows-Maschine. Performance und Akku blieben davon im Test unbeeindruckt, das neue Surface wurde zu einem waschechten Laptop. Der Trend zu USB-C bedeutet vielleicht, dass ich irgendwann ein paar Dongles kaufen muss, aber das ist ein Risiko, das ich gern eingehe. Denn bis es soweit ist, brauche ich keinen Rucksack voller Zubehör-Schrott. Und aus der Masse der MacBooks bei Starbucks steche ich mit einem ins Auge fallenden Laptop heraus. Einem Windows-Gerät. Verrückt.

WIRED: Das bestaussehende Windows-Laptop bisher // gutes Keyboard und Trackpad // gute Akkulaufzeit und Performance

TIRED: Windows 10 S dürfte den meisten Nutzern kaum ausreichen // als Standard-Laptop nicht wirklich für Touch- und Stift-Bedienung ausgelegt // Cortana-geführter Setup nervt

WIRED.com

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com
Das Original lest ihr hier.

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