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Das Pixel ist das Lifestyle-Phone, auf das Android-Fans gewartet haben

von Dominik Schönleben
Mit seinem Pixel-Smartphone hat Google den Angriff auf Apple gestartet. Doch wie kommt ein Gerät, das dem iPhone so ähnlich ist, bei Android-Fans an? Unser Autor ist überzeugter Nutzer des Google-Betriebssystems und hat das Pixel im Alltag getestet.

Wenn es 2016 einen klaren Trend auf dem Android-Markt gab, dann war es der Versuch, endlich ein Highend-Smartphone zu etablieren, das optisch wie auch technisch auf ganzer Linie mit dem iPhone mithalten kann. Ein Gerät, das Android nicht wie einen günstigeren Kompromiss erscheinen lässt und das vielleicht sogar eingefleischte Apple-Fans zum Wechsel bewegen kann.

Das beste Beispiel dafür ist das Z11 von nubia, das zur IFA 2016 vorgestellte Smartphone eines chinesischen Herstellers, der damit in den europäischen Markt drängen will. Optisch quasi ein iPhone-Klon, mit weißer Front und einer Rückseite aus gebürstetem Aluminium – mehr und mehr Telefone orientieren sich an diesem Design. Selbst das auf dem Z11 installierte stark modifizierte Android-Betriebssystem versuchte optisch und funktional iOS 10 zu imitieren. Auch Samsung wollte mit dem Galaxy S7 und Note 7 das Image von Android als günstiger iPhone-Alternative hinter sich lassen – dass das nicht wie beabsichtigt ablief, hatte explosive Gründe.

Google hingegen ist mit dem Pixel nun gelungen, woran all die anderen in der Vergangenheit gescheitert sind: Eine Vorzeige-Highend-Smartphone zu bauen, an dem einfach alles stimmt.

Ob das Pixel iPhone-Fans wirklich zum Umstieg bewegen kann, hat mein Kollege Timo Brücken bereits ausgiebig besprochen. Auf diesen Aspekt möchte ich deswegen nicht mehr näher eingehen, sondern vielmehr darauf, wie das Telefon aus der Perspektive eines Android-Nutzers zu bewerten ist.

Das Google Pixel ist ein herausragendes Smartphone, wenn es um seine Performance geht. Auf keinem anderen Android-Gerät läuft das Betriebssystem so flüssig wie auf Googles eigenem Flagship Device. Auch bei Spielen merkt man die Power des Pixel. Pokémon Go lief beispielsweise im Test zum ersten Mal völlig flüssig und ohne das in Kämpfen sonst übliche, gelegentliche Ruckeln. Die Farben des Displays sind dabei äußerst kontrastreich und leuchten so sehr, dass ich die Helligkeit des Bildschirms meist im unteren Drittel eingestellt hatte. Als praktisch erwies sich deshalb auch der neue Nachtmodus, mit dem die Farben des Bildschirms so anpasst werden, dass sie auch bei starker Dunkelheit angenehm für die Augen sind.

Ein wichtiger Punkt für den Erfolg eines Smartphones ist die Kamera. Dessen Linse ist beim Pixel im Inneren versenkt, was einfach eleganter aussieht – nicht nur Apple, sondern auch viele Android-Hersteller nahmen bisher für eine gute Kamera eine Ausbuchtung in Kauf. Die Kamera des Pixel schießt auch ohne diese exzellente Fotos. Bisher war das bei Googles Nexus-Reihe stets die größte Schwachstelle. Doch mit dem Pixel muss man sich keine Sorgen machen, auch bei schlechtem Licht sehen die Fotos weder grobkörnig oder verwaschen aus, noch werden sie dann unnötig aufgehellt oder verschwimmen im Grau.

Die Integration mit Google Fotos ist so gut umgesetzt, dass ich schon nach wenigen Tagen meinen Auto-Upload in die Dropbox deaktiviere

Praktisch ist für Fotografen vor allem die Cloud-Integration mit Google Fotos. Was erst wie ein nettes Gimmick wirkt, ist so gut umgesetzt, dass ich schon nach wenigen Tagen meinen Auto-Upload in die Dropbox deaktiviere. Statt Bilder einfach nur hochzuladen werden auf Google Fotos alle Aufnahmen eines Shootings automatisch zu einer Serie zusammengefasst. Sie werden dabei vom Algorithmus nachbearbeitet und verbessert. Schnell in Folge aufgenommene Bilder bietet die App alternativ auch als GIF an.

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Was dabei echt angenehm ist: Egal wie viele automatisch erstellte Varianten eines Fotos Google abspeichert, Sorgen um den Speicherplatz auf dem Pixel müssen Nutzer sich nicht machen. Google verspricht unendlich viel Platz für Bilder in der Cloud. Im Gegensatz zu manch anderem Synchronisierungsdienst werden Fotos, die in der App entfernt werden, auch automatisch aus der Cloud gelöscht. So bleibt die Bildersammlung übersichtlich.

Ein zentrales Verkaufsargument des Pixel ist der Google Assistant. Zwar konnten Android-Smartphones schon in der Vergangenheit mit dem Sprachbefehl „Ok Google“ angesprochen werden. Besonders nützlich war das jedoch nicht, meist verstand das Telefon mich dabei nicht einmal richtig. Beim Pixel ist das anders: Die Kommandos werden üblicherweise beim ersten Mal korrekt interpretiert. Die Funktionen des Assistenten erinnern dabei an einen guten Facebook-Chatbot, der im Zweifel nicht einfach nur sagt: „Das habe ich nicht verstanden“, sondern Alternativvorschläge macht, wie das Gespräch weitergehen könnte.

Assistenten auf dem Smartphone werden sich erst dann wirklich durchsetzen, wenn wir ihnen selbst einen Namen geben können

Basis-Funktionen wie Apps starten, den Wecker stellen und Informationen suchen beherrscht der Google Assistant gut. Auch Folgefragen werden meist sinnvoll im Kontext interpretiert. Danach gerät der Assistent jedoch schnell an seine Grenzen – und das, obwohl er der bisher smarteste seiner Art ist. Ich wünsche mir einfach „Ok Google, spiel den neusten NPR-Podcast ab“ sagen zu können. Woraufhin der Assistent automatisch meine Podcast-App öffnet und die entsprechende Episode startet. Leider ist der Google-Assistant noch weit davon entfernt, eine große Zahl von Drittanbieter-Apps zu steuern.

Was wenig intuitiv ist und stört am Google-Assistenten: Auch Folgefragen müssen stets mit dem Kommando „Ok Google“ eingeleitet werden. Das zerstört die Illusion eines persönlichen Helfers, der auf meine Stimme reagiert und lässt offensichtlich werden, wie viel Arbeit auf dem Gebiet der Smartphone-Assistenten noch geleistet werden muss – egal ob von Apple oder Google. Es ist vielleicht gut fürs Marketing von Google, wenn ich beim Sprechen mit dem dem Smartphone ständig den Namen des Unternehmens ausspreche, aber es fühlt sich einfach falsch an. Ich glaube, dass sich Assistenten auf dem Smartphone erst dann wirklich durchsetzen, wenn wir ihnen selbst einen Namen geben können.

Ein weiteres praktisches Feature des Pixel ist, wie schnell es geladen werden kann. Innerhalb von 15 Minuten sind mit dem mitgelieferten Kabel knapp 20 Prozent des Akkus wieder voll (eine ganze Ladung braucht etwa zwei Stunden). Das ist weniger schnell als der Dash Charge des OnePlus 3, aber immer noch ausreichend. Statt also den Akkustand des Telefons ständig im Hinterkopf behalten zu müssen, kann man das Pixel einfach vor dem Verlassen der Wohnung noch mal kurz ans Kabel hängen. Ein Feature, das mir vorerst wichtiger erscheint, als die längeren Akkulaufzeiten, die sich viele von ihrem Smartphone wünschen.

Nach knapp zwei Wochen mit dem Google Pixel schmerzt es, das Smartphone wieder abzugeben. Es ist einfach das derzeit beste Android-Gerät auf dem Markt. Es strahlt Eleganz aus und bietet bei allen Features höchstes Niveau – wenn da der Preis nicht wäre. In diesem Punkt sind sich Google und Apple ein bisschen zu ähnlich geworden, um nicht zu sagen: identisch. Als offensichtliche Kampfansage kopiert Google den Preis des iPhones auf den Euro genau – 759 Euro für die kleinere 5-Zoll-Variante mit 32 Gigabyte sowie 899 Euro für die größere mit 5,5-Zoll-Bildschirm. (Abgesehen vom Monitor ist die Hardware quasi identisch.)

Endlich ein Android-Smartphone, das Begeisterung auslöst und nicht einfach nur nützlich ist

Google hat es mit dem Pixel geschafft, dass Android-Nutzer endlich ein Telefon zur Auswahl haben, das Begeisterung auslöst und nicht einfach nur nützlich ist. Wer bisher immer nur neidisch auf jede neue iPhone-Generation von Apple geblickt hat, dem könnte es ab sofort anders gehen. Denn Android hat jetzt auch ein Smartphone, das gleichzeitig ein Lifestyle-Produkt ist. Wer jedoch in seinem Telefon eher einen Gebrauchsgegenstand sieht, sollte sich lieber nach einer günstigeren Alternative umschauen. Beispielsweise dem OnePlus 3 – ein sehr gutes Smartphone, das fast nur die Hälfte kostet.

Im Überblick:
+/– der bislang beste Smartphone-Assistent – leider noch nicht gut genug
+ herausragende Kamera, die alle Bilder in der Cloud optimiert
+ Android-Smartphone ohne Kompromisse – auch beim Design
– exakt genauso teuer wie das iPhone

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