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Google Pixel 2: Der ewig gleiche Smartphone-Brei

von Dominik Schönleben
Das erste Pixel-Smartphone war Googles Angriff auf Apple. Und der gelang: Zum ersten Mal hatten Android-Fans keinen Grund mehr, neidisch auf das iPhone zu blicken. Kann dieser Coup auch mit dem Nachfolger Pixel 2 gelingen?

Highend-Smartphones unterscheiden sich kaum noch von ihren Konkurrenzgeräten oder den eigenen Vorgängermodellen. Egal ob iPhone X, Galaxy S8 oder das Google Pixel 2. Sie alle sind schneller, als es für den Durchschnittsnutzer praktikabel wäre. Sie besitzen sehr gute bis exzellente Kameras und Bildschirme mit tollem Kontrast sowie hoher Auflösung.

Nicht nur bei der Hardware ist das so: Auch beim Design haben sich Highend-Smartphones angenähert. Soweit, dass der größte optische Unterschied in der aktuellen Generation in der Größe des Bildschirmrands liegt. Selbst ihre Betriebssysteme liegen nicht mehr so weit auseinander wie früher. Wer von iOS zu Android wechselt oder umgekehrt, hat mittlerweile ein ähnliches Erlebnis wie wenn der Straßenverkehr von Rechtsverkehr auf Linksverkehr umgestellt wird. Man muss sich etwas umgewöhnen, aber es bleibt das gleiche Erlebnis: Autofahren. Kein Smartphone verdeutlicht diese Entwicklung besser als das Google Pixel 2.

Im Inneren sind die beiden Varianten Pixel 2 und 2 XL identisch – und mit 14,5 Zentimeter beziehungsweise 15,8 Zentimeter Höhe genau so groß wie ihre Vorgänger. Während das reguläre Pixel 2 wie die erste Version einen breiten Rand an der Ober- und Unterseite besitzt, hat das größere 2 XL nur einen kleinen, schwarzen Streifen, in dem die Front-Kamera und die Stereo-Lautsprecher eingebaut sind. Die größere Version sieht damit entschieden zeitgemäßer für ein Highend-Smartphone aus und nimmt sich optisch nur wenig im Vergleich mit dem randlosen iPhone X. Auch das Google Pixel 2 hat keinen Klinken-Anschluss mehr.

Im Test war schnell ersichtlich, dass der durch die kleineren Ränder erweiterte Bildschirm wenig ausgenutzt werden kann. Selbst mit wirklich großen Händen ist es unmöglich, den oberen Bildschirmrand einhändig zu erreichen. Das muss wohl auch Google aufgefallen sein: Auf dem Startbildschirm wird der obere Rand von einer Notification-Leiste eingenommen, die das Wetter und Termine zeigt. Früher war dort die Google-Suchleiste, die befindet sich jetzt unten. Es zeigt sich also, dass randlose Smartphone-Displays wohl eher fürs Auge sind und wenig praktischen Nutzen bieten.

Da Highend-Smartphones sich immer ähnlicher geworden sind, ist es für Hersteller schwierig, sich mit dem eigenen Gerät von Konkurrenzprodukten abzuheben. Während Apple das bei der aktuellen iPhone-Generation mit Augmented-Reality-Anwendungen versucht, stellt Google seinen Assistenten in den Mittelpunkt: Der soll beim Pixel 2 kein reiner Sprachassistent mehr sein, sondern durch Künstliche Intelligenz möglichst viele Funktionen des Smartphones verbessern und so den Alltag des Nutzers erleichtern.

Google CEO Sundar Pichai sagte während der Präsentation des Smartphones: „Wir bilden die Speerspitze bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz.“ Und davon sollen jetzt die Besitzer des Pixel 2 profitieren. Alle neuen KI-Funktionen gibt es vorerst exklusiv für das neue Google-Smartphone.

Konkret heißt das: Statt über den Sprachbefehl „Ok Google“ soll der Assistent vornehmlich über das Pressen des Smartphones aktiviert werden – die Ränder des Telefons sind drucksensitiv. Eine wichtige Funktion, wenn es darum geht, den Sprachassistenten massentauglich zu machen. Durch WhatsApp-Sprachnachrichten ist es für viele Menschen normal geworden, in der Öffentlichkeit in ihr Telefon zu sprechen. Was aber beim Google Assistenten immer noch für Irritation sorgt: Der Nutzer muss es mit einem Firmennamen "Ok Google" ansprechen. Das Smartphone zusammenzudrücken ist hier eine elegante Lösung, die tatsächlich dazu führt, dass man den digitalen Helfer öfters verwendet.

Der Assistent wird damit nicht nur schneller aktiviert, sondern hat auch mehr zu tun bekommen. Er soll wie beim ersten Pixel die mit der Kamera-App gemachten Fotos verbessern. Dabei werden nicht nur die Farben und der Kontrast verbessert, sondern es wird auch per Motion Photo das beste Bild ausgewählt. Diese standardmäßig aktivierte Funktion nimmt viele Fotos hintereinander auf und wählt dann selbst die beste Aufnahme aus.

Nachträglich können Fotos direkt in der Kamera-App analysiert werden: Der Assistent schlägt vor, was auf dem Bild zu sehen ist. Diese Funktion namens Lens erinnert an die App Google Goggles. Mit ihr hat Google bereits 2010 etwas Ähnliches versucht. Damals allerdings mit mäßigem Erfolg. Mittlerweile funktioniert die Bilderkennung etwas besser: Bei einem MacBook nennt Lens etwa die exakte Modellnummer, bei weniger bekannten Gegenständen bleibt der Assistent jedoch eher vage: Der Cozmo-Spielzeugroboter wird nur als „Gadget“ und ein Festnetztelefon als „Maschine“ erkannt.

Ähnlich wie bei aktuellen iPhone-Modellen oder dem Galaxy S8 gibt es jetzt auch beim Pixel 2 einen Modus für Portraitaufnahmen – aber ohne Tiefensensor. Stattdessen nimmt die Kamera einfach zwei Fotos mit unterschiedlicher Schärfe auf und die KI fügt dann beide zusammen. Durch diese Methode funktioniert die Funktion auch im Selfie-Modus und ohne zweite Kamera. Fällt aber helles Licht auf die Kanten eines Gesichts, dann sind kleine Fehler zu erkennen. Weil es der KI schwer fällt, die Ränder zu erkennen, werden sie dann unscharf.

Wie dringend Google nach weiteren Funktionen für seinen Assistenten gesucht hat, merkt man spätestens bei Now Playing. Auf dem immer aktiven Sperrbildschirm wird am unteren Rand angezeigt, welche Musik gerade läuft – nicht auf dem Smartphone, sondern im Raum. Quasi ein ins Betriebssystem integriertes Shazam, welches ständig mitläuft. Lens funktioniert komplett ohne Internet. Und hier liegt auch das Problem: Die vorinstallierte Datenbank deckt gerade mal aktuelle Charthits ab. Bei den meisten Liedern bleibt die Analyse ergebnislos.

Der Sprachassistent muss noch viel lernen, bevor er dort ankommt, wo Google ihn gerne hätte. Bis zur Veröffentlichung des Pixel 2 hatte der Google Assistant auf Englisch mehr als 10 Millionen neue Befehle gelernt. Der deutschen Version fehlen viele Begriffe. Auch wenn der Assistent in der Kamera überzeugt, bleibt er bei Funktionen wie Lens oder Now Playing hinter den Erwartungen zurück. Ab und zu ist der Assistent praktisch, aber schnell gerät er an seine Grenzen. Und das, obwohl der Google Assistant derzeit der smarteste KI-Helfer auf dem Markt ist. In Deutschland wird er aber mit dem Google Pixel 2 nicht merklich schlauer.

Das Google Pixel 2 ist ein Smartphone, das Android-Fans gerne haben möchten. Mehr aber auch nicht – das Upgrade vom ersten Pixel ist kaum zu merken. Ähnlich verhält es sich auch mit anderen Highend-Smartphones der letzten Generation. Die Situation erinnert ein wenig an das Dilemma, vor dem viele iPhone-Besitzer in diesem Jahr stehen werden: Lohnt es sich, vom iPhone 7 auf das iPhone 8 oder sogar zum iPhone X zu wechseln?

Auch beim Pixel bleiben die echten Verbesserungen aus. Das Einzige, was Käufer tatsächlich bekommen, ist das Gefühl, das neueste und beste Spielzeug in der Hand zu haben. Wer sich nur wegen des Assistenten das Pixel 2 kauft, wird enttäuscht sein. Auch wenn es viele kleine Wege gibt, wie der Assistent das Leben erleichtert, sind sie einfach nicht gut genug. Das Pixel 2 lässt einen Blick in die von Google versprochene Zukunft des Assistenten werfen. Und der ist vielversprechend. Nur eben noch mindestens ein Software-Update weit entfernt.

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