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Die Polaroid-Kamera ist tot, doch dieser Mann will sie zurückbringen

von Dominik Schönleben
Oskar Smolokowski will den Tod von Polaroid nicht wahrhaben. Mit der I-1 bringt der Lead Designer und CEO von The Impossible Project jetzt eine Analog-Kamera auf den Markt, die das Erbe der Kultmarke in sich trägt. Im WIRED-Interview erklärt er, warum das Ende des Sofortbilds noch lange nicht gekommen ist.

Mehr als fünf Jahre ist es her, dass bei Polaroid die letzte Sofortbildkamera vom Band lief. Die digitale Fotografie hatte dem legendären Hersteller den Todesstoß verpasst. Heute versucht sich die Marke, die noch immer gleichbedeutend mit dem Wort Sofortbild ist, an 3D-Druckern.

Aus der Insolvenzmasse des Kultunternehmens kaufte das Startup The Impossible Project die letzte Polaroid-Filmfabrik und hält seitdem den Nachschub für Hardcore-Fans am Laufen. Doch mit Oskar Smolokwski an der Spitze will die Firma jetzt mehr sein, als nur derjenige, der Polaroid gemächlich zu Gabe trägt. Mit seiner neuen Kamera I-1 will das Startup die Sofortbild-Fotografie wieder zurück in den Mainstream bringen.

Die quadratischen Fotos haben sich kaum verändert, doch die Kamera selbst musste mit der Zeit gehen. Statt eines klassischen Blitzes hat die I-1 einen LED-Kranz und verbindet sich per Bluetooth mit dem Smartphone. In der dazugehörigen App (bisher nur für iOS) kann man Belichtungszeit und Brennweite einstellen oder den Selbstauslöser aktivieren. Das vielleicht wichtigste Feature: Polaroid-Fotos mit der Smartphone-Kamera einscannen und auf Social Media teilen. Denn die I-1 ist wie ihr Vorbild eine reine Analog-Kamera.

Reicht das, um die Sofortbild-Fotografie zu altem Glanz zurückzubringen – in einem Zeitalter, in dem sich Fotografie hauptsächlich auf Facebook und Instagram abspielt? Oskar Smolokowski, CEO von The Impossible Project und Lead Designer der neuen Kamera, glaubt ja. Das Fotografieren mit der I-1 ist für ihn etwas völlig Anderes, als das Knipsen mit dem Smartphone. Im WIRED-Interview erklärt er die Philosophie hinter seinem Polaroid-Nachkömmling.

WIRED: Was unterscheidet eure Kamera von einer klassischen Polaroid?
Oskar Smolokowski: Eine Polaroid-Kamera hat ein starkes Retro-Design. Das kann man ziemlich einfach aufgreifen und verkaufen. Das wäre ziemlich billig und viele Menschen in meiner Position hätten das getan. Aber das wäre Betrug, denn wir sind nicht Polaroid.

Auf dem Smartphone habe ich nur wenige Fotos, die ich wirklich mag

Oskar Smolokowski, CEO von The Impossible Project

WIRED: Worin unterscheidet ihr euch?
Smolokowski: Der Fokus lag bei uns darauf, die Kamera auf ihre notwendigste Form zu reduzieren. Deswegen ist die Grundform so ähnlich zur Polaroid.

WIRED: Die dreieckige Form wie bei der Polaroid-Kamera war also keine ästhetische Entscheidung?
Smolokowski: Sie folgte ganz der Funktion.

WIRED: Und ist das immer noch notwendig?
Smolokowski: Ja, außer man will eine schlechtere Kamera bauen. Ohne den großen, gekippten Spiegel im Inneren würde das Bild gespiegelt. Die Form der I-1 steckte bereits im Inneren der Polaroid-Kamera. Wir haben uns einfach dafür entschieden, unsere Kamera auf das absolute Minimum zu reduzieren. Das einzige, was wir verändert haben: Wir haben den Sucher obendrauf gesetzt.

WIRED: Braucht man noch Sofortbilder? Jeder hat heute doch ein Smartphone in der Tasche.
Smolokowski: Fotografie ist über das Telefon so simpel, dass man nichts mehr lernen muss. Man kann die Kamera einfach gegen das Sonnenlicht richten und trotzdem ein gutes Bild schießen. Die Kamera steuert einfach gegen. Unsere Kamera kann das nicht.

Neun von zehn Menschen nehmen ein Sofortbild, fotografieren es ab und laden es auf Social Media hoch

Oskar Smolokowski, CEO von The Impossible Project

WIRED: Und es ist schlecht, dass wir heute so fotografieren?
Smolokowski: Nein, es ist einfach etwas Anderes. Die neue Methode ist akkurater und einfacher, aber nicht notwendigerweise etwas, das man immer möchte. Ich habe zahllose Fotos von Kassenzetteln auf meinem Telefon. Und nur wenige Fotos, die ich wirklich mag. Mit der I-1 nehme ich nur Fotos aufnehmen, die ich wirklich haben möchte. Und es sind viel weniger – nur acht pro Film. Ist eine Smartphone-Kamera besser? Für bestimmte Dinge schon, aber nicht immer.

WIRED: Inwiefern ist also die Sofortbild-Kamera besser?
Smolokowski: Man erschafft ein reales Objekt. Weil es zur Herausforderung wird, ein Foto zu schießen, betreibt man mehr Aufwand. Was besser daran ist? Wie man damit umgeht, nicht das Medium. Ein Sofortbild ist unschärfer, aber es ist eben auch real. Niemand druckt Smartphone-Fotos. Ein Sofortbild hingegen existiert augenblicklich. Das ist ein riesiger Vorteil.

WIRED: Aber warum sollte man Fotos überhaupt noch ausdrucken?
Smolokowski: Die Menschen vermissen das. Ich stoße etwa immer wieder auf alte Fotos in meinem Haus. Ich öffne eine Schublade und finde dort etwas, dass mich mit meiner Vergangenheit konfrontiert. Alte Fotos auf seinem Telefon schaut man sich nur selten an. Deshalb präsentiert auch Facebook mit der „An diesem Tag“-Funktion alte Fotos, die bereits mehrere Jahre alt sind. Die Plattform ahmt damit nach, wie man zufällig auf ein altes Fotoalbum stößt. Und das ist ziemlich schlau von Facebook. Denn die Menschen vermissen diese Momente.

WIRED: Menschen wollen ihre Fotos teilen, dem könnt auch ihr euch offenbar nicht entziehen. Über eure App kann man Polaroids scannen und auf Social Media posten.
Smolokowski: Wir teilen ständig Fotos von physischen Gegenstände in sozialen Medien. Ein Bild von einem Bild liegt also nahe. Wir haben den Scanner in die App integriert, weil wir es schrecklich fanden, wie die Menschen ihre Fotos schlecht abfotografiert haben. Wir wollten das einfacher machen. Denn wir können sie nicht davor abhalten: Neun von zehn Menschen nehmen ein Sofortbild, fotografieren es ab und laden es auf Social Media hoch. Aber das coole an realen Fotos ist, dass man sie physisch an andere Menschen weitergeben kann.

Die I-1 von The Impossible Project kostet 299 Euro. Ein Film mit acht Farbfotos kostet 18 Euro. 

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