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GIFs werden noch tausend Jahre halten

von Max Biederbeck
Wenn dieses GIF wieder von vorne beginnt, sind wir alle längst tot: Zwei skandinavische Künstler haben den 1000-jährigen Loop geschaffen. Kurz vor dem 30. Geburtstag des GIFs im nächsten Jahr zeigt ihr Projekt „AS Long As Possible“ den Einfluss der kleinen Bilderfolgen auf unsere Popkultur. Die Message: Auch Digitales kann vergänglich sein.

Juha van Ingen ist so etwas wie ein Zeitreisender. Gemerkt hat er das im vergangenen Jahr bei einem Projekt in Hong Kong. Zur Ausstellung „Ocean“ lud der gebürtige Finne zahllose Video-Künstler ein. Van Ingen selbst ist Virtual Artist und kam damals auf eine Idee, die für die nächsten tausend Jahre halten soll.

Sie hat etwas mit Millisekunden zu tun und mit einem Kleinod der digitalen Popkultur, dem GIF. „Ich merkte, dass die Bildsequenzen im Grunde immer gleichförmig ablaufen und wollte mit den Zeiten der Loops herumexperimentieren“, sagt van Ingen. In der Vergangenheit ist er vor allem mit sogenannter Videotext-Kunst, also großflächigen Pixelbildern bekannt geworden.

In Hong Kong streckte er ein GIF mit einem hüpfenden weißen Pixelpunkt von 100 auf mehr als 650.000 Millisekunden. Er verlangsamte den Loop, beschleunigte ihn wieder, brach die gleichbleibende Geschwindigkeit der Ursprungsdatei auf. Die Zuschauer waren begeistert von seinem Werk, im Internet diskutierten Künstlerforen über seine Idee und van Ingen selbst ließ der Gedanke des zeitverschobenen GIFs nicht mehr los.

Er traf sich mit Janne Särkelä, einem Sound-Artist und Programmierer aus Helsinki und zusammen kamen sie auf die Idee, ein neues GIF zu erschaffen, das uns alle überdauern soll. „Es könnte als Zeitzeuge dienen, der zeigt, wie vergänglich sogar unsere digitale Kultur eigentlich ist“, erklärt van Ingen.

Sein tausendjähriges GIF besteht aus über 48.000 Frames, die ab 2017 ablaufen werden. Alle zehn Minuten springt das Bild einen Frame weiter. Immer eine weiße Zahl auf schwarzem Hintergrund. Der Loop wird auf Grundlage einer Mutterdatei auf sechs Rechnern weltweit gleichzeitig ablaufen. 13 Gigabyte ist die Bildfolge groß — und pünktlich im Jahr 3017 geht es wieder von vorne los.

„Wir werden gerne mit John Cages ‚As Slow as Possible‘ verglichen“, sagen die Künstler. Cages Stück besteht aus Tastentönen, die 2001 zum ersten mal in der Sankt Burchardi Kirche in Halberstadt angeschlagen wurden und wird noch bis September 2640 weiterhallen. Während diese Töne dann allerdings verklingen, wird das GIF des finnischen Künstlerduos einfache reseten. Digitale Kultur für die Ewigkeit?

Das GIF, oder lang: Graphics Interchange Format, existiert seit 1987 und ob man es nun glaubt oder nicht, die kleinen bewegten Bilder sind einer der wichtigsten Bausteine des frühen Internets. Damals waren Verbindungen noch zu langsam, um Videos und Sounddateien hin- und herzuschicken. Die Fotoanimationen waren deshalb eine der einzigen Möglichkeiten, Bewegung in die Sache zu bringen. Und das faszinierte van Ingen schon in den Neunzigern. Mit zahlreichen Künstlern organisierte er damals eine erste Ausstellung im Museum of Modern Art in Helsinki. Mit dabei waren auch GIFs. Eines seiner Kunstwerke von 1998 (siehe GIF oben) spielt noch heute auf der BBC-Website vor sich hin.

„Man muss sich vorstellen, wie sich die Welt seitdem verändert hat“, sagt der Künstler. Aber dabei würde es nicht bleiben. Wenn sein 1000-jähriges GIF auf 200 Jahre hochgezählt habe, gebe es vielleicht keine Fernseher mehr. Noch einmal hundert Jahre später habe sich das Internet für immer verändert. „Das stetig zählende GIF soll auch zeigen, wie vergänglich unsere digitale Kultur ist.“ Ein digitales Kunstwerk für die Ewigkeit also, dass die Vergänglichkeit von digitaler Kultur zeigen soll. Dann fangen wir mal an zu zählen. 

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