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Wie Sehenswürdigkeiten die Welt sehen

von Cindy Michel
Bilder von Sehenswürdigkeiten braucht heutzutage kein Mensch mehr selbst zu knipsen. Denn egal ob Brandenburger Tor, Eiffelturm oder das Hollywood-Zeichen – Fotos von Monumenten gibt es heute so zahlreich im Netz wie Touristen auf dem Markusplatz im August. Der Fotograf Oliver Curtis sieht es genauso: Er dreht sich einfach um und fotografiert stattdessen, auf was die Sehenswürdigkeiten blicken würden.

Genauso langweilig wie das hundertste Bild des Big Ben sein kann, so spannend ist Oliver Curtis‘ Fotoreihe Volte-face. Der britische Künstler lichtet nämlich nicht die Bau- oder Kunstwerke selbst ab, für die Touristen die halbe Welt bereisen, sondern das, was fast niemand sieht außer den Sehenswürdigkeiten selbst: ihre Sicht der Dinge.

So gibt er den Monumenten eine Perspektive und erweckt sie zum Leben. Er verwandelt das Objekt der sehnsüchtigen Begierde in das Subjekt – und zeigt der Menschheit so, statt der monumentalen Werke, die nebensächlichen Dinge, die um sie herum geschehen und ihnen Leben einhauchen.

Auf die Idee für diese skurrile Fotoserie kam Oliver Curtis, als er vor vier Jahren die Pyramiden von Gizeh besuchte. „Nachdem ich einmal um das Grabmal spaziert war, drehte ich mich um und blickte zurück in die Richtung aus der ich ursprünglich gekommen war, die Pyramide in meinem Rücken“, erinnert sich Curtis.

„Die Stadt Gizeh lag unter einem Schleier aus Smog, der Sand vor mir und unter meinen Füßen war übersät mit Müll. Weiter vorne war ein halbfertig gebauter Golfplatz, das Gras so intensiv grün unter der späten Morgensonne“, erzählt Curtis. „Dieses visuelle Sandwich von kontrastierenden Farben, Texturen und Formen war faszinierend. Nicht nur für das Foto, sondern auch in Hinblick auf meine sonderbare Position: Ich stand an einem der größten Wunder dieser Erde und blickte trotzdem in die falsche Richtung.“

Seither bereist Curtis die Sehenswürdigkeiten dieser Welt, um ihnen den Rücken zuzuwenden und so ihre Sicht auf das Gegenüber abzulichten.

„Ich würde mit diesen Bildern gerne der Menschheit wieder die Augen für das Alltägliche, das Banale öffnen“, erklärt der Fotograf die Intention seines Projekts. Im Angesicht der faszinierenden Bauwerke und Kunstschätze vergesse man oft, dass diese Orte auch etwa Arbeitsplätze für Sicherheitsleute, Putzkräfte oder Hausmeister sein können, so Curtis.

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Der Künstler glaubt, dass die Aura der jeweiligen Sehenswürdigkeit in den Bildern präsent bleibt, auch wenn sie selbst nicht zu sehen sind. „Die Kameralinse agiert effektiv als als Knotenpunkten und indem ich den Fotografien den Titel des nicht sichtbaren Partners gebe, wird die Dualität zur Tugend“, erklärt Curtis.

Wer die Bilderreihe Volte-face einmal live sehen möchte, hat die Chance, sie von 19. September bis 14. Oktober in der Royal Geographical Society in London zu besichtigen. 

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