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Warum Radweg-Karten mehr wie U-Bahn-Pläne aussehen sollten

von Timo Brücken
Wie bekommt man mehr Menschen dazu, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren? Vielleicht in dem man Radwege auf Stadtkarten übersichtlicher und intuitiver darstellt, dachte sich ein Pendler aus Washington.

Früher fuhr Michael Graham in Washington, D.C. mit Bus und U-Bahn ins Büro. „Dann fand ich heraus, dass Radwege 90 Prozent meines Weges abdecken“, sagt der Ex-Mitarbeiter einer US-Bundesbehörde, der mittlerweile in New York lebt. „Mein erster Gedanke war: Großartig! Ich kann mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Der zweite: Warum habe ich das nicht früher entdeckt?“

Graham glaubt, dass Überforderung der Grund ist, warum viele Menschen sich gar nicht erst mit dem Radwegenetz in ihrer Stadt beschäftigen. „Die Karten, die wir haben, sind viel zu detailliert“, sagt er. „Menschen werden überwältigt und eingeschüchtert, wenn man sie mit zu viel Information auf einmal konfrontiert.“ Also machte er sich daran, eine Alternative zu entwickeln, die simpel, intuitiv, und ästhetisch ansprechend zugleich sein sollte.

Dabei ließ Graham sich von den sogenannten Spider Maps inspirieren, Karten der Buslinien durch London, die er 2004 im Urlaub mit der Familie gesehen hatte. Statt streng geografisch korrekt wurden sie vom schwedischen Designbüro T-Kartor so einfach und intuitiv gestaltet wie U-Bahn-Pläne, mit dicken bunten Linien, die von Station zu Station verlaufen, einander nur in 90- oder 45-Grad-Winkeln schneiden und zusammen ein Netz bilden.

So auch Grahams Spider Bike Maps. Stadtviertel und Wahrzeichen bilden die „Stationen“, einzelne oder mehrere zusammenhängende Radwege die „Linien“. Auf diese Weise hat Graham schon Radfahr-Karten für Washington, San Francisco, Denver (Colorado) und London erstellt.

Ersetzen will er andere Darstellungen damit aber nicht. „Die Karten, die ich erstellt habe, ergänzen die existierenden“, sagt Graham. „Ich gebe Radfahrern einfach ein zusätzliches Werkzeug, dass sie nutzen können.“

Aber ist die stilisierte Darstellung von U-Bahn-Plänen, wo es letztlich nur auf die einzelnen Stationen ankommt, nicht viel zu vereinfacht für Radstrecken? Hier kann das Ziel doch theoretisch auf jedem Meter des Weges liegen, und der verläuft keineswegs immer gerade und nur mit 90- oder 45-Grad-Kurven. „Es ist noch zu früh, um diese Frage zu beantworten“, sagt Graham und verweist auf ähnliche Ansätze aus Seattle, Minneapolis, den Niederlanden oder Großbritannien. „Erst wenn stilisierte Radweg-Karten im großen Stil eingesetzt werden, können wir beurteilen, ob die Leute sie nützlich finden.“

Grahams extrem vereinfachte Variante soll vor allem ein Denkanstoß sein – der am Ende vielleicht nicht nur die Art verändert, wie Karten gemacht werden, sondern auch die, wie man Radwege baut. „Die Fahrrad-Infrastruktur muss weniger bruchstückhaft werden“, sagt Graham. „Mein Prozess, die Strecken für meine Karten auszuwählen, war eher unwissenschaftlich. Aber eines der wichtigsten Kriterien war: Ist der Radweg mit anderer Fahrrad-Infrastruktur verbunden oder nicht?“ Als nächstes würde der Hobby-Kartograph aus seiner Arbeit am liebsten eine App machen.

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