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So sieht es aus, wenn Maschinenhirne denken

von Michael Förtsch
Das britische KI-Start-up Graphcore hat Bilder davon erstellt, wie es aussieht, wenn Künstliche Intelligenzen denken und lernen. Die digitalen Hirnscans sind denen von uns Menschen gar nicht so unähnlich – doch es gibt unüberwindbare Unterschiede.

Ist das ein lebende Zelle, die da unter dem Mikroskop liegt? Tatsächlich scheinen die Grafiken des britischen KI-Startups Graphcore aktive Nervengeflechte zu zeigen, wie man sie von Magnetoenzephalographie-Aufnahmen kennt. Mit den aufleuchtenden Strukturen könnte die Firma einen aufflammen Geistesblitz eingefangen haben. Oder den Moment, wenn unter Hochdruck tausende Synapsen-Kaskaden losfeuern, um eine komplexe Aufgabe zu lösen. Es stimmt: Die Bilder zeigen einen arbeitenden Denkapparat – allerdings keinen organischen oder gar menschlichen.

Sie sind abstrakte Visualisierungen der Lernprozesse künstlicher neuronaler Netze, während diese versuchen, den Inhalt von Bildern zu klassifizieren. Also Künstlicher Intelligenzen, die in ihrem Aufbau von der Architektur eines realen Gehirns inspiriert sind. „Die sichtbaren Cluster und Strukturanhäufungen sind das Resultat der Kommunikation zwischen den Prozessen“, erklärt Sally Doherty von Graphcore. „Dazwischen spannen sich die Verbindungen unter den einzelnen Ebenen, in denen diese angeordnet sind.“ Schon jetzt sind die Leistungen solcher Systeme bemerkenswert, wie etwa regelmäßige Wettbewerbe zu Bilderkennung zeigen.

Die Architektur von KI-Systemen wird immer komplexer, die Anzahl der Neuronen und Ebenen steigt stetig. Damit erhöht sich auch die Fähigkeit zur Abstraktion und Extrapolation von kreativen Problemlösungen. Dabei sind sich ein künstlicher und menschlicher Verstand nicht mal so unähnlich. „Die Intelligenz – Mensch oder Maschine – basiert auf zwei essentiellen Fertigkeiten“, sagt Doherty. Die eine sei die Fähigkeit, basierend auf unvollständigen Informationen, „gute Antworten zu finden, wo perfekte Antworten nicht möglich sind“. Die andere sei die Möglichkeit, aus Erfahrungen, die letztlich „nur bisher gesammelte Daten sind“, zu lernen.

Es gibt eine fundamentale Unvereinbarkeit zwischen menschlichen und elektronischen Gehirnen

Sally Doherty, Graphcore

Ein elektronisches und ein menschliches Gehirn zu fusionieren, also ein Mensch-Computer-Wesen zu erschaffen, würde jedoch schwierig werden. „Es gibt eine fundamentale Unvereinbarkeit“, meint Doherty. „Das eine nutzt biologische Neuronen, sendet elektrische und chemische Signale mit vergleichsweise niedriger Geschwindigkeit aber besitzt eine unglaubliche Kapazität beim parallelen Verarbeitung von Informationen. Das andere setzt auf Transistoren und überträgt Signale mit einer sehr hohen Frequenz.“ Geht es nach Silicion-Valley-Größen wie Elon Musk, werden wir in Zukunft aber dennoch mit Künstlichen Intelligenzen verschmelzen – wenn auch ohne Computer im Kopf.

Vor zwei Jahren prophezeite auch schon Tech-Pionier und Google-Forscher Ray Kurzweil, dass wir schon 2030 unser Gehirn über Nanobots im Neocortex an „die Cloud“ anbinden können werden. Jeder der sich vernetzten will, könnte seine Denkprozesse dann durch eine Künstliche Intelligenz aus dem Internet unterstützen lassen. Damit würden KIs langfristig zu einer natürlich Erweiterung unseres Verstandes heranwachsen. Unser biologisches Denken würde mit den Kapazitäten von Computerhirnen zu einer Art neuem Hybrid-Verstand vereint. Fragt sich nur, wie der Hirnscan einer solchen Übermensch-Maschine-Kreatur dann aussehen würde.

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