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Mit diesen Mini-Apartments könnte bald eine Stadt auf Dächern entstehen

von Lilo Brisslinger
Wohnraum ist knapp, doch die minimalistischen Behausungen von Cabin Spacey sollen Abhilfe schaffen. Sie passen locker auf die Dächer von städtischen Häusern. Gründerszene hat sich das Architektur-Startup angeschaut.

In deutschen Städten steigen die Preise für Wohnraum kontinuierlich. Und auch wenn Berlin, verglichen mit anderen Metropolen wie Moskau, Tokio oder London, noch zum bezahlbaren Pflaster gehört, erweist sich die Suche als schwierig. Wohnraum ist einfach knapp. Auch die Mietpreisbremse hat sich als Flop erwiesen. Abhilfe schaffen sollen klitzekleine Häuser, die überall hinpassen – nicht nur in unbebaute Nischen, sondern vor allem auch auf bisher ungenutzte Häuserdächer. Das jedenfalls stellen sich die Gründer von Cabin Spacey mit ihren Wohnmodulen vor.

Der Trend zu solchen Minihäusern oder Tiny Houses kommt ursprünglich aus den USA und findet auch hierzulande immer mehr Anklang. Die Idee dabei ist ähnlich der eines Wohnwagens: Ein winziges Zuhause, das clever alle Stau- und Schachtelmöglichkeiten nutzt, um auf kleinstem Raum alles Notwendige unterzubringen – und gegebenenfalls mit den Besitzern den Wohnort wechseln kann. Das spart Ressourcen, macht flexibel und passt damit zu den Ansprüchen der jungen Generation.

Simon Becker ist studierter Architekt und setzt sich schon seit Jahren mit dem Thema Urbanität, Minimal-Architektur und Mobilität auseinander. Nach seinem Studienabschluss im Jahr 2014 war ihm klar, dass er niemals in einem Architektenbüro arbeiten, sondern lieber selber gründen wollte. „Architekten haben einfach keine Ahnung von Vertrieb. Das ist das Problem. Manchmal entwerfen sie geniale Sachen zur Überbrückung einer Sommerflaute – und die Entwürfe landen in der Schublade oder bestenfalls als Modell in ihrem eigenen Vorgarten“, sagt Becker.

Er wollte das anders machen und suchte sich den aus Österreich stammenden Architekten Andreas Rauch als Mitgründer. Rauch arbeitet schon seit acht Jahren in einem Architektenbüro in Berlin und bringt entsprechende Berufserfahrung mit. Die beiden stürzten sich direkt in die Arbeit, gründeten vergangenes Jahr Cabin Spacey in der Hauptstadt und fingen an, das gleichnamige Produkt zu entwickeln.

Herausgekommen ist der Entwurf zu einem Prototyp, für dessen Bau noch bis Anfang Juli auf Indiegogo Geld gesammelt wird. Das Häuschen wird eine Grundfläche von ungefähr 8,5 auf 3,2 Meter haben und 3,5 bis 3,7 Meter hoch sein – insgesamt sind das also nur knapp 20 Quadratmeter Standfläche. Innen ist trotzdem alles untergebracht was die bis zu zwei Bewohner zum Leben brauchen: Küche, Bad, Wohnraum und Schlafempore. Auf dem Dach soll ein Solarpanel installiert sein, das unterm Strich den gesamten Strombedarf decken kann. Eine Luft-Wärme-Pumpe soll für Klimatisierung im Sommer und Wärme im Winter sorgen.

Die Vision: Die Häuser sollen auf den Dächern über der Stadt neuen Wohnraum bieten. Eine Stadt über der Stadt soll entstehen. In zentraler und trotzdem ruhiger Lage. Aber nicht nur das – die Gründer gehen in ihrem Zukunftsszenario noch einen Schritt weiter: „Wir könnten uns eine Art Co-Living-Modell vorstellen. Mitglieder unserer Mietgemeinschaft könnten irgendwann flexibel komplett ausgestattete Häuser in verschiedenen Städten mieten, anstatt sie mitzunehmen.“ Da die Häuser überall gleich aussähen, würde den Bewohnern-auf-Zeit das Wohlfühlen leicht gemacht, ist sich Rauch sicher. „Außerdem“, ergänzt Becker, „ist das viel ökologischer als das eigene Haus mit umzuziehen“ – auch, wenn das praktisch möglich wäre, denn diese vier Wände passen locker auf einen Tieflader.

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In der Stadt Berlin geht man davon aus, dass es ungefähr 55.000 Dächer gibt, die Platz für neuen Wohnraum bieten – eine riesige, ungenutzte Ressource, wenn es nach den Gründern geht. Doch leider ist nicht alles so einfach, wie es sein könnte. Wird ein Hausdach bebaut, ist es nicht allein Sache des Hausbesitzers. Öffentliche Richtlinien zu Gebäudehöhe und Denkmalschutz müssen befolgt werden und stellen momentan noch teils unüberwindbare Hürden dar. Doch das Architekten-Duo ist optimistisch. „Die Stadt hat begriffen, dass sie in Sachen Wohnungsnot handeln muss. Wir wissen, dass an diesen Gesetzen gerade schon geschraubt wird“, verrät uns Rauch.

Es besteht bisher bereits eine Kooperation mit einer Wohnungsbaugesellschaft in Berlin, die „sehr interessiert daran ist, uns Dachflächen zur Verfügung zu stellen“, erzählt Becker. Die Finanzierung ist allerdings noch nicht klar. Momentan nehmen die beiden kleinere Architekturaufträge an – und finanzieren so ihr Startup. Doch sobald die Häuser in Produktion gehen, müssen andere Möglichkeiten geschaffen werden. „Eigentlich wollen wir eine eigene Infrastruktur an Häusern aufbauen, die wir vermieten. Aber gerade für die Anfangsphase werden wir Anfragen von Kaufinteressenten sicher nicht ablehnen“, so Becker.

Was das minimalistische Eigenheim kosten soll, können die beiden noch nicht sagen. „Bei höchsten ökologischen und ethischen Ansprüchen in der Herstellung streben wir aber einen Verkaufspreis von unter 100.000 Euro an“, macht Rauch klar. Der Hersteller verspricht eine Lebensdauer von 100 bis 200 Jahren.

Konkurrenz sehen die beiden in Deutschland übrigens nicht. „Es gibt viele, die solche Häuser als Kunstprojekt oder Einzelstück bauen; aber niemanden, der vor hat, in Serie zu produzieren, wie wir“, erzählt Becker selbstsicher. Weltweit gibt es allerdings schon eine ganze Bandbreite an Angeboten. Auch interessante Baumhäuser finden sich in der Liste, die man auf www.tiny-houses.de ansehen kann. Business Insider hat zudem eine Übersicht erstellt, welche rechtlichen Bedingungen beachtet werden müssen, wenn man plant, in einem Mini-Eigenheim zu wohnen.

Cabin Spacey gehört zu den drei Finalisten des von der Automarke smart initiierten Ideenwettbewerbs „smart urban pioneers“. Gesucht wurden Startups, die das Leben in den Städten noch lebenswerter machen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Gründerszene 

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