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Die Superheldinnen kommen!

von Sonja Peteranderl
Sie können schützende Kraftfelder aufbauen, alles mögliche reparieren, Mauern durchboxen oder Objekte in der Bewegung einfrieren: Die Superheldinnen von IAmElemental verkörpern Charakterzüge wie Enthusiasmus, Mut, Ehrlichkeit und Energie — und mischen die von weißen Männern dominierte Heldenwelt gewaltig auf. Ihr Motto: „Play with Power“, spiele mit der Macht.

Im vergangenen Jahr hatten die IAmElemental-Gründerinnen Julie Kerwin und Dawn Nadeau aus New York auf Kickstarter mehr als 162.000 US-Dollar für die Produktion ihrer Actionfiguren eingesammelt — jetzt werden die Superheldinnen ausgeliefert. Mit den weiblichen Actionfiguren sind Nadeau und Kerwin Teil einer Entwicklung, die auch Comics, Kinoleinwände und TV-Bildschirme erreicht hat: Immer mehr Superheldinnen werden Teil von Popkultur, bringen Abwechslung in die Heldenwelt, die bisher vor allem Männern vorbehalten war — und schaffen mit starken Frauen neue Vorbilder, nicht nur für Mädchen.

Wenn man in einem Spielzeuggeschäft nach einer Superheldin sucht, sind ihre Brüste größer als der Kopf und ihr Hintern größer als der Grand Canyon.

Julie Kerwin

2017 soll „Wonder Woman“ in die Kinos kommen, eine Hommage an die erste Heldin des DC-Comics-Verlags. Konkurrent Marvel hat angekündigt, dass Carol Danvers alias Captain Marvel einen eigenen Action-Streifen bekommen soll — als erste Heldin des Verlags. Und schon im vergangenen Jahr hatte eine weibliche Version von Thor ihren ersten Auftritt auf dem Oktober-Cover des Comics. Im Mai kommt zudem ein neuer Marvel-Comic in die Läden, in dem die „A-Force“ im Vordergrund steht — ein allein mit Frauen wie She-Hulk, Dazzler, Medusa oder Nico Minoru besetztes Team. Schon 2013 hatte Marvel ein Team der „X-Men“ nur mit Frauen besetzt.

Doch viele Heldinnen sehen immer noch aus wie eine Ansammlung von Sexsymbol-Klischees: weiß, blond, Barbie-Maße. „Wenn man in einem Spielzeuggeschäft in der Superhelden-Abteilung nach einer Frau sucht, dann sind ihre Brüste größer als der Kopf und der Hintern größer als der Grand Canyon“, kritisiert Julie Kerwin von IAmElemental. „Und wenn man seine Superheldin sitzen lassen möchte, spreizt sie ihre Beine breit.“ Diese hypersexualisierten Charakterzüge würden es schwer machen, die Welt zu retten und seien einfach nicht real, kritisiert Kerwin. Die Spielzeuge seien nicht für vierjährige Mädchen oder Jungen entworfen worden, sondern für männliche Sammler. „Es geht aber nicht nur um Spielzeug, sondern um die Welt, in der wir leben“, sagt sie. Die Hypersexualisierung von Frauen in den Medien schaffe ein Idealbild, das unerreichbar sei — und sich auf Selbstbewusstsein, Körperwahrnehmung und auch berufliche Perspektiven von jungen Frauen auswirke.

Die Figuren haben keine Story, Kinder sollen sich selbst Geschichten für ihre Superheldinnen ausdenken

Mit der Digitalisierung und der Möglichkeit, ihre Produkte mit Crowdfunding zu finanzieren und online selbstständig zu vermarkten, können Designer ihre Entwürfe aber inzwischen einfach selbst umsetzen — unabhängig von den klassischen Mechanismen des Spielzeugmarktes. „Das Internet ist wie ein Flaschengeist“, sagt Kerwin. Jeder Wunsch könne umgesetzt werden. Die Designfirma, die ihre Figuren gestaltete, fand sie im Internet. Mit Dropbox und Photoshop entwickelte und diskutierte man die Entwürfe digital. Mit der Kickstarter-Kampagne, die gleichzeitig kostenloses Marketing war, testeten die IAmElemental-Macherinnen die Nachfrage nach den Superheldinnen und verringerten so das Risiko, Geld für die Produktion eines Produktes auszugeben, das niemand haben will.

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Keine berechtigte Sorge, wie sich zeigte: Mütter, die das Spielzeug für ihre Kinder haben wollten, junge Frauen, aber auch die Actionfiguren-Sammler-Community unterstützten das Projekt. Nur bei Comicläden mussten Kerwin und Nadeau Überzeugungsarbeit leisten. Einige warfen ihnen vor, faul zu sein — weil die Actionfiguren keine Story begleitete, wie Comic-Fans es gewohnt sind. Das war allerdings Absicht, weil die IAmElemental-Gründerinnen die Phantasie von Kindern anregen möchten. Sie sollen sich selbst Geschichten für ihre Superheldinnen ausdenken.

Bei der Herstellung der Actionfiguren haben die Gründerinnen auf eine andere Oberweite und ein anderes Verhältnis von Brust und Hüfte geachtet: „Mehr Heldin, weniger Brüste“, so Kerwin. Auch der Po sei ein großes Thema gewesen und während der Entwicklung der Figuren immer mehr geschrumpft. Mit den grazilen Gliedmaßen, der schmalen Figur und trotz der sportlichen Kampfanzüge sehen die IAmElemental-Figuren aber trotzdem noch wie sehr dünne Models aus.

Wir wollen Actionfiguren als Kunstform weiterentwickeln.

Julie Kerwin

„Wir wollen nicht nur die Hypersexualisierung von typischen weiblichen Actionfiguren bekämpfen, sondern gleichzeitig Actionfiguren als Kunstform weiterentwickeln“, sagt Kerwin. „Viele Frauen- und auch Männerfiguren haben schreckliches Haar, kaum entwickelte Gesichtszüge und sehen wackelig aus.“ Beim Design ihrer detailreicheren, beweglichen Actionfiguren haben die Designerinnen sich von japanischen Figuren und „Star Wars“ inspirieren lassen. 

„Die Reaktionen waren unglaublich“, sagt Julie Kerwin. „Ich habe Fotos, Geschichten und Zeichnungen von Mädchen auf der ganzen Welt bekommen, die mit den Actionfiguren spielen, sie gegen fiese Jungs kämpfen oder mit Dinosauriern ringen lassen.“ IamElemental arbeitet gerade an der zweiten Kollektion, die Ende 2015 veröffentlicht werden soll. In einem Büchlein, das der Superheldinnen-Kollektion beiliegt, können die Spieler und Sammler festhalten, welche Superkräfte und Qualitäten in ihren Figuren verborgen sind und ihre eigenen Helden zeichnen. Vielleicht entsteht so ja die nächste Superheldinnen-Generation. 

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