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Wie ein 21-jähriger Potsdamer den PC-Desktop revolutionieren will

von Timo Brücken
Weg mit den Fenstern, es leben die Panels! Der Designstudent Lennart Ziburski will den Computer-Desktop neu erfinden und uns vom alltäglichen Interface-Chaos bei der Arbeit am PC befreien.

Angefangene E-Mails, Chat-Windows, Zeile um Zeile wachsende Textdokumente, Spotify und Browserfenster voller geöffneter Tabs — der PC-Bildschirm ist nach wenigen Stunden Arbeit oft völlig zugemüllt. Wenn man gleichzeitig tippt, Musik hört und Facebook checkt, kann die Suche nach der wichtigen Nachricht an die Chefin länger dauern. Auch wenn (oder vielleicht gerade weil) man mit mehreren Monitoren arbeitet.

„Fenster nutzen den Bildschirmplatz normalerweise nicht sehr effektiv, weil sie sich überlappen und schnelles Multitasking bei vielen geöffneten Programmen schwierig wird“, beschreibt Lennart Ziburski das Problem gängiger PC-Bedienoberflächen. Der Desktop-Computer habe sein Bedienkonzept in den vergangenen 30 Jahren kaum verändert, seit die ersten Computer mit Window-Managern und Mausbedienung auf den Markt kamen, sagt der 21-jährige Interface-Designer, der an der Fachhochschule Potsdam studiert. „Aber wir haben uns verändert. Wir nutzen die meiste Zeit Smartphones oder Tablets, weil sie so viel einfacher zu bedienen sind.“

Doch traditionellen Desktop-Computern falle es immer noch schwer, diese simplen Interfaces zu adaptieren, vor allem wenn es um Arbeit und Produktivität gehe. Ziburski will das ändern. Sein Konzept Desktop Neo zeigt, wie PCs von Smartphones lernen können, ohne ihre eigenen Stärken aus den Augen zu verlieren.

Panels im Karussell
Ziburskis erste Lösung: keine frei skalier- und verschiebbaren Fenster mehr. Stattdessen gibt es Panels, die immer die volle Höhe des Bildschirms einnehmen, nur in der Breite verändert werden können und sich nie überlappen. Jede geöffnete App bekommt ein Panel, alle Panels werden in einem Karussell angeordnet, durch das man hindurchscrollen kann, ähnlich wie wenn man beim iPhone zweimal auf den Home-Button drückt. Weniger Freiheit in der Positionierung der einzelnen Arbeitsbereiche zwar — aber auch mehr Übersicht, die Multitasking und schnelles Wechseln zwischen Programmen erleichtert.

Hashtags statt Ordner
Ziburski gibt sich nicht mit der Bedienoberfläche zufrieden, sondern will auch an die dahinterliegende Struktur ran. Seine Idee: Ordner abschaffen und Dateien stattdessen nach Hashtags ordnen. „Kinder wachsen heute auf und können mit Hashtags und der Google-Suche umgehen, lange bevor sie jemals Dateien oder Ordner nutzen“, sagt er. „Dazu kommt, dass immer mehr Inhalte gar nicht mehr in Form von traditionellen Dateien zugänglich sind, sondern in Webapps oder eigenen Datenbanken, etwa E-Mails, Kontaktdaten oder YouTube-Videos.“ Bei Desktop Neo lässt sich deswegen jeglicher Inhalt beliebig vertaggen und später über die Suche wiederfinden.

Weg mit der Maus
Neben Fenstern und Ordnern muss auch das dritte zentrale Desktop-Prinzip dran glauben, die Mausbedienung. Desktop Neo soll mit Touchpad und Tastatur gesteuert werden, unterstützt von Gesten, Eye Tracking und Spracheingabe. Im Video demonstriert Ziburski etwa, wie er einen Link öffnet, indem er ihn ansieht und auf seinem Touchpad klickt, oder wie er ein Dokument nur mit der Stimme vertaggt. Und das Kontextmenü ist in Ziburskis Konzept keine per Rechtsklick aufzurufende Liste mehr, sondern ein gestengesteuerter Ring. Desktop Neo biete „verschiedene Kanäle die kombiniert werden können, um für jeden Einsatzzweck eine schnellere Eingabe zu bieten als die Maus“, erklärt der Designer.

„Viele der Bedienkonzepte und Technologien in Neo sind inspiriert von Smartphones und Tablets“, sagt Ziburski. Das bedeute zwar nicht, dass das Arbeiten am PC nun automatisch supersimpel werde, sehr wohl aber effizienter: „Es gibt vielleicht eine stärkere Lernkurve als bei mobilen Geräten, aber wenn man jeden Tag Stunden mit seinem Computer arbeitet, lohnt sich das.“ Doch nicht nur User sondern auch Entwickler sollen von Desktop Neo profitieren: „Microsoft versucht ja zum Beispiel mit Windows 10, ein Betriebssystem für alle Geräte zu etablieren. Dabei ist es meiner Meinung nach unverzichtbar, gewisse Prinzipien komplett neu zu denken“, sagt Ziburski.

Und genau das soll Desktop Neo sein, ein Denkanstoß für die Art und Weise, wie mir mit Computern interagieren, der trotzdem machbar erscheint. Pläne, um ihn in die Tat umzusetzen, hat Lennart Ziburski nach eigener Aussage noch nicht, aber er hat schon eine Idee, wer das tun könnte: „Große Firmen wie Apple und Microsoft sind vermutlich die einzigen, die sowas realistisch bzw. gut um- und durchsetzen könnten.“

Hier erklärt Lennart Ziburski sein Konzept im Video (englisch):

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