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Die Ampel der Zukunft ist ein digitales Verkehrsschild

von Margaret Rhodes
Ein Industriedesigner will die Ampel neu erfinden. Er glaubt: LED-Verkehrsschilder können analoge Zeichen überflüssig machen und in Zukunft auch autonome Autos leiten.

Rund um die Welt regeln die rot-gelb-grünen Lampen von Ampeln seit Jahrzehnten zuverlässig den Verkehr. Evgeny Arinin erkennt das zweifelsohne an und bewundert das Design für seine beständige Funktionalität. Der russische Industriedesigner denkt aber, dass Verkehrsampeln ihre Anweisungen ruhig noch deutlicher kommunizieren könnten. Ausgehend von diesem Grundgedanken hat er eine Alternative entworfen: ein LED-Display, das seine Form, große Pfeile und ausdrucksstarke Icons nutzt, um die Verkehrsregeln anzuzeigen.

Arinins Design ist bisher nur ein Konzept (und Finalist beim diesjährigen Lexus Design Award). Doch es macht auf einige Fehler im aktuellen Verkehrszeichensystem aufmerksam. Die Ampel, wie wir sie kennen, ist ein 105 Jahre altes Design, das selten für sich allein stehen kann. Sie gehört zu einem größeren, oft weit verstreuten Ökosystem aus Schildern, die Fahrer auf Bauarbeiten oder Spielstraßen aufmerksam machen, und Pfeilen, die anzeigen, dass man bei Rot trotzdem rechts abbiegen darf oder beim Linksabbiegen auf den entgegenkommenden Verkehr achten muss.

Informationen, für die man sonst zwei oder mehr Schilder braucht, in einem einzigen intuitiven Zeichen

Fahrer müssen all diese Informationen schnell verarbeiten, während sie eine Kreuzung ansteuern – und bald werden es auch autonome Fahrzeuge können müssen. Gerade jetzt, da diese Technologie im Kommen ist, sind Designer gefragt, ganz neu darüber nachzudenken, wie eine Beschilderung im Kreuzungsbereich all diese Informationen effizienter vermitteln kann.

Arinins Konzept bündelt Informationen, für die man sonst zwei oder mehr Schilder braucht, in einem einzigen intuitiven Zeichen. Jedes Schild ist so geformt wie die Kreuzung selbst. Eine Kreuzung mit vier abgehenden Straßen wird also durch ein Kreuz dargestellt. Wenn die Verkehrsregeln sagen, dass man rechts abbiegen, aber nicht geradeaus fahren darf, wird das durch einen grünen, nach rechts abknickenden Pfeil dargestellt und einen roten Block, der nach oben zeigt. „Fahrer müssten weniger Zeit damit verbringen, die Ampeln zu interpretieren“, sagt Arinin. Die Farben würden aber die gleichen bleiben. „Sie müssen sich dazu auch nicht an ein komplett neues Design gewöhnen.“

Um ernst genommen zu werden, müsste ein neues Ampel-Design bestehende Lesbarkeitsstandards erfüllen oder wahrscheinlich sogar weit übertreffen. Zum Beispiel die Fähigkeit, Text aus einer gewissen Entfernung erkennbar darzustellen. „Bestehende Verkehrszeichen vermitteln sehr gut, wann man geradeaus fahren darf. Und die meisten Menschen verstehen das“, sagt der Psychologe Denis Pelli, der an der NYU Objekterkennung erforscht. „Arinins Design spart sich aber ein zweites Schild, das einem sagt, wann man links abbiegen darf. Das ist eine nützliche Integration.“ Pelli gefallen auch noch weitere Merkmale von Arinins Konzept wie der numerische Countdown und das große rote X, um zu kommunizieren, dass etwas verboten ist.

In Städten wie New York, wo das Rechtsabbiegen bei roter Ampel an vielen Kreuzungen verboten ist, obwohl es auf US-Bundesstaatsebene erlaubt ist, könnte die neue All-In-One-Ampel viel schneller und aus weiterer Entfernung anzeigen, mit welcher Art von Kreuzung es Autofahrer zu tun haben.

Immer mehr autonome Fahrzeuge müssen in Zukunft selbst mit Verkehrszeichen kommunizieren (zumindest bis alle Fahrzeuge autonom sind, dann reden sie nur noch miteinander). Das kann auf zwei Arten geschehen: über Kameras am Auto oder durch intelligente Sensoren an den Ampeln. Die erste Option ist nicht sehr sicher. „Wenn du nur Kameras benutzt, kann es passieren, dass die Sonne einmal zu tief am Horizont steht. Und wenn Menschen geblendet werden können, kann das Kameras sicherlich auch verwirren“, sagt Raj Rajkumar, Forschungsleiter zum autonomen Fahren an der Carnegie Mellon University.

Letztere Option bräuchte allerdings auch noch einen Plan B. Wenn die Sensoren versagen, während das Auto die Straße entlangfährt, muss es auch auf Kameras zurückgreifen können. In diesem Fall, sagt Rajkumar, könnten große und deutliche Schilder zuverlässiger sein als kleine, schwankende Farbkreise.

In der Theorie stößt man allerdings irgendwann an seine Grenzen. Arinin sagt, er sei aber schon in Gesprächen mit russischen Herstellern. Zuerst müsse er aber grünes Licht für ein Pilotprogramm seines Systems bekommen. Danach müsse er noch behördliche Standards erfüllen und seine Idee auf allen staatlichen Ebenen vorstellen und Lobbyarbeit für eine großflächige Einführung leisten. Wenn ein komplett neues Design ein jahrhundertaltes System ersetzen möchte, muss es sich eben erst beweisen.

WIRED.com

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com
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