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Digital ist besser / Das Internet ist zum größten Buchclub der Welt geworden

von Johnny Haeusler
Im Netz ist alles wunderbar und kostenlos? Quatsch, findet unser Kolumnist. Das Internet ist voll von eigentlich völlig überholten Abo-Modellen.

Da jammern sie alle jahrelang rum, man könne im Internet kein Geld verdienen – und schwups verkaufen sie uns wenig später Abos, als wären wir in fünf Buchclubs gleichzeitig eingetreten. Falls niemand mehr weiß, was das war: eine Art Netflix für Bücher. Regelmäßige Zahlung und jeden Monat konnte man sich aus einer Liste vorgegebener Bücher etwas aussuchen. Man hat dann (wie beim Streamingdienst auch) ewige Zeit damit verbracht, das Passende zu finden und sich am Ende aus Faulheit einfach für das gleiche entschieden wie alle anderen.

In einigen Bereichen des Alltagsgebrauchs mag das Netz noch „kostenlos“ wirken (sieht man von den Zugangsgebühren ab, zu denen man uns Flatrates verkauft, die keine sind, und von den Diensten, bei denen wir mit unseren Daten bezahlen). Die werbefreie Version von Spotify, Apple Music oder Netflix sind es aber garantiert nicht. Und sobald man in professionelle Gefilde kommt, sieht die Sache sowieso ganz anders aus: Office-, Design- oder Projektsoftware ködert mit kostenfreien Probeversionen, Kommunikationswerkzeuge wie Slack geben einem kleinen Team das Gefühl, sich in finanzieller Sicherheit zu bewegen.

1500 EUR im Jahr für eine aufgebohrte Version vom IRC?!

Aber wehe, man will diese Software längere Zeit oder gar mit mehreren Menschen gemeinsam einsetzen. Dann schnappt die Abo-Falle zu, im Fall von Slack mit 12,50 Euro pro Account und Monat, das sind bei zehn Leuten im Team 1500 EUR im Jahr. Für eine etwas aufgebohrte Version vom IRC!

Die Zeiten, in denen man eine Software – vielleicht – einmal lizensiert und dann zehn Jahre lang genutzt hat, weil einem die Updates egal waren, sie sind vorbei. Fairerweise muss man anmerken: Von irgendwas sollen natürlich auch diejenigen leben, die die Office-Büroklammer totprogrammiert haben. Wir wollen also nicht undankbar sein. Und letztendlich ist die Abo-Nummer auch eine Liquiditätshilfe für Unternehmen, denn zehn Euro im Monat pro Mitarbeiter und Software-Lizenz tun nun einmal weniger weh, als ein Tausender pro Nase auf die Kralle.

Insofern haben die Abo-Modelle im geschäftlichen Bereich durchaus ihre Berechtigung, und auch im Privaten würde eine Gegenrechnung von früherer Videothek zum heutigen Streamingdienst wohl zugunsten des Letztgenannten ausfallen.

Nur innovativ sollte man sie nicht nennen, diese gar nicht so neuen Abo-Modelle. Denn im Grunde ist die Strategie der In-App-Abos ein Relikt aus unserem früheren Leben. In-Life-Abos sind uns nämlich schon lange bekannt, durch Wohnungsmieten und Versicherungsprämien, durch Mietkauf und Leasing-Raten. So betrachtet bleibt alles, wie gehabt: Willkommen im Internet, dem größten Buchclub der Welt.

Vergangene Woche bei „Digital ist besser“: Was BRAVO konnte, kann Instagram schon lange. 

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