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Nilz On Moviez / So überlebt man den YouTuber-Film „Kartoffelsalat“ und wird nicht zum Ameisenmann!

von Nilz Bokelberg
Donnerstag ist Kinotag. Genau richtig für Nilz Bokelbergs WIRED-Kolumne „Nilz On Moviez" über die wichtigsten Filme und Serien der Woche. Stay tuned!

#1 Ant-Man

Endlich wieder Superhelden! Naja, Marvel hat ja einen riesengroßen Plan, wann welcher Film mit welchen Helden ins Kino kommt und jetzt ist eben der hierzulande doch eher unbekannte Ameisenmann an der Reihe. Dabei war die Entstehung des Films eher unglücklich. Ursprünglich sollte Edgar Wright die Regie übernehmen, den man von so Filmen wie „Shawn of the Dead“ oder „Hot Fuzz“ kennt. Der war auch mehrere Jahre in das Projekt involviert, bis er ganz kurz vor Drehbeginn die Reißleine zog und ausstieg — wegen „künstlerischer Differenzen“ mit dem Studio. Dann wurde alles sehr hektisch, denn Marvel wollte auf jeden Fall seinen Zeitplan einhalten, in dem alle Filme aufeinander aufbauen. Wenn da was wegbricht, ist das ganze Kartenhaus in Gefahr, einzustürzen. Das konnte und wollte man nicht riskieren und engagierte Peyton Reed. Nicht unbedingt erste Reihe und vor allem ein in Action-Dingen eher unerfahrener Regisseur, zu dessen besten Filmen wohl „Trennung mit Hindernissen“ mit Vince Vaughn und Jennifer Aniston, und „Der Ja-Sager“ mit Jim Carey gehören. Ich will niemandem Unrecht tun, aber das war sehr offensichtlich eine Notbesetzung.

Paul Rudds Spiel ist immer so ein bisschen „tongue in cheek“, wären wir in den Fünfzigern, würde ich wohl sagen: „spitzbübisch“.

Vielleicht ist es aber auch das Merkmal, dass am ehesten erklärt, warum jemand wie Wright aus so einem Projekt aussteigt. Denn: Der Film funktioniert. Wenn man um seine Entstehung weiß, kann man an manchen Ecken und Enden spüren (oder zu spüren glauben), dass er mit der heißen Nadel gestrickt wurde, aber das fällt kaum ins Gewicht. Bedeutet: Das Drehbuch ist so stark und vermutlich so auf „Marvel-Linie“ (Wright hat noch am Buch mitgewirkt), dass es sich mehr oder weniger von selbst directet. Oder anders gesagt: Zu viel filmerischer Individualismus ist bei so einem Franchise gar nicht gefragt. Viel wichtiger ist, dass es sich ins Universum der ganzen Comic-Filme einfügt.

Die Handlung ist schnell erzählt: Scott Lang ist ein Dieb. Einer, den man eher mag, aber klauen ist klauen. Als er aus dem Knast kommt, bekommt er das Angebot zu einem letzten großen Coup. Da er genug Kohle damit machen würde, um den Unterhalt seiner geliebten Tochter zu zahlen, willigt er ein. Das Ganze ist aber ein Set-Up des Wissenschaftlers Hank Pym, der den Ant-Man-Anzug erfunden hat und der dringend auf der Suche nach einem neuen Träger für dieses Tool ist, das es ermöglicht, einen Menschen auf Ameisengröße zu schrumpfen und ihm gleichzeitig enorme physische Kraft zu verleihen. Pym sucht deswegen händeringend einen geeigneten Mann für seine Erfindung, weil er jemanden braucht, der mithilfe des Anzugs in seine Ex-Firma einbricht. Dort soll der Anzugträger eine Erfindung von ihm aus den Fängen des bösen neuen Chefs der Firma entreißen, der damit diese Welt zu einem schlechteren Ort machen will. Ein Fall für Scott, ein Fall für Ant-Man und seine kleine, von Pym trainerte, echte Ameisenarmee.

Im Grunde genommen befinden wir uns also mitten im klassischen Heist-Genre, in dem ein Meisterdieb und seine Gang versuchen einen großen Coup zu landen. Der Film erzählt den ganzen, am Ende doch raffinierter als gedachten, Plan. Dazu kommt aber der Twist mit dem Anzug. Und das hat mir eigentlich ganz besonders gefallen: Wenn Paul Rudd als Scott Lang auf den Knopf seines Anzugs drückt und auf Stecknadelkopf-Größe schrumpft, sieht man quasi wie die Autoren zusammen saßen und sich die Ideen und Bälle hin- und hergespielt haben, in welche Situationen man einen Mini-Mann geraten lassen kann. Das ist ein fantastischer Spaß und die kreativste Seite an Ant-Man. Man wartet voller Vorfreude darauf, was sie sich in der nächsten Szene haben einfallen lassen. Mich als Vinyl-Junkie hat natürlich vor allem die Stelle gefreut, als der Held in einem Club auf einer Schallplatte landet, zwischen den Rillen keinen Halt findet und die Platte springt, als die Nadel über ihn fährt. Nur um mal die Ideen zu verdeutlichen.

Starke Frauenfiguren würden dem Marvel-Universum ganz gut tun.

Ant-Man fühlt sich in seinen besten Momenten an, wie diese Filme über geschrumpfte Menschen. Eigentlich, ist das schon ein eigenes Genre. Allen voran „Die unglaubliche Geschichte des Mister C.“, der schwarz-weiß Klassiker von Jack Arnold über den Mann, der immer kleiner wird und peu à peu verschwindet. Den habe ich als Kind immer im Fernsehen gesehen und fand ihn jedes Mal wieder beeindruckend. Oder „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“. Dieses stete kleiner werden offenbart ja auch, dass es da noch eine Welt in der Welt gibt. Und noch eine. Und noch eine. Jede Größe hat scheinbar ihre eigene.

Nun fügt eben Ant-Man dieser Perspektive eine neue hinzu und er macht das super. Zudem ist Paul Rudd ist ein Schauspieler, den ich sehr mag. Sein Spiel ist immer so ein bisschen „tongue in cheek“, wären wir in den Fünfzigern würde ich wohl sagen: „spitzbübisch“. Man merkt, dass da immer sehr viel passiert hinter diesen Augen, aber gleichzeitig wahrt ein gewisses Pokerface. Ich mag diese unhämische, leichtfüßige Ironie, die der immer mitbringt, wenn er auf der Leinwand auftaucht. Michael Douglas als Hank Pym ist ebenfalls super: Der ältere Wissenschaftler ist eine Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben zu sein scheint. Ich hatte auch das Gefühl, dass er sich mal wieder in einer Rolle richtig wohl fühlt — habe ich bei Douglas auch länger nicht mehr erlebt. Gut!

Evangeline Lilly als Hanks Tochter Hope gibt ihr Bestes, hat aber leider keine allzu aufregende Figur abbekommen. In Ant-Man haben die Jungs das Kommando. Schade, da muss Marvel echt ein bisschen aufpassen. Starke Frauenfiguren würden dem Universum noch ganz gut tun.

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Insgesamt ist der Film trotz seiner schweren Geburt ein großer Spaß. Genau das richtige für den Sommer: bisschen staunen, bisschen mitfiebern. „Good, clean fun“, wie die Amerikaner sagen. Ich hab keine Ahnung, ob der Film unbedingt nötig war, aber die Leichtfüßigkeit, mit der er an den Start geht, ist aller Ehren wert. Nachdem der letzte Avengers ja so existenziell und schwer und wichtig war, tut es gut, mal wieder einen Superheldenfilm zu sehen, der sich selbst nicht zu ernst nimmt.

Kartoffelsalat

Das fühlt sich in seinen schlechtesten Momenten an wie eine längere Folge „Die dreisten Drei“

Wenn der Nachwuchs unbedingt ins Kino will, in einen Film mit diesem Titel — lasst sie! „Kartoffelsalat“ versammelt so ziemlich alles, was in YouTube-Deutschland Rang und Namen hat. Weswegen die Kids vorraussichtlich die Kinosäle stürmen werden. Und da dieser Film vor allem von YouTuber Freshtorge mehr oder weniger allein gestemmt wurde, kann man schon mal seinen Hut ziehen: ordentliches Cast versammelt, auch eine Legende wie Otto Waalkes ist dabei. Alles auch noch selbst vertrieben. Nicht schlecht. Das ist gelebtes DIY.

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Leider ist der Humor in dem Film nicht ganz mein Ding. Ich lache ja gern über albernen Quatsch, aber das hier fühlt sich in seinen schlechtesten Momenten an wie eine längere Folge „Die dreisten Drei“ — und diese Momente überwiegen leider. Die Deutschen und ihr Humor: Entweder ganz fein oder ganz grob, dazwischen scheint es nichts zu geben. Ich bin dennoch gespannt, wie erfolgreich der Film sein wird. Denn das könnte sich auf den deutschen Filmmarkt der kommenden Jahre auswirken: positiv und negativ. Wie auch immer: Kauft euren Kindern die Tickets für den Film und geht währenddessen ein Eis essen. Oder einen Kartoffelsalat. Das ist okay. Wirklich. 

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