Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Binaural Bits / Wenn der POTUS in den Podcast kommt

von Hendrik Efert
Vor Kurzem war Barack Obama im populären US-Podcast „WTF with Marc Maron“ zu Gast. Ungewöhnlich, dass ein Präsident so eine kleine, unabhängige Sendung besucht. Unser Kolumnist Hendrik Efert fragt sich: Warum hat er das wohl gemacht?

Gleich in Minute 13 das erste Geständnis: „Hätte mir zu College-Zeiten jemand gesagt, ich würde mal in einer Garage ein Interview aufzeichnen — unvorstellbar!“ Und tatsächlich war das schon ein Hit: Präsident Obama persönlich in Marc Marons Podcast „WTF“. Normalerweise interviewt der in seiner Garage nämlich nur Comedians, mal mehr, mal weniger bekannte.

Der 51-jährige Maron hat seine eigene, ganz spezielle Art, den Leuten Aufrührendes und Ehrliches zu entlocken. Maron fragt nicht aus oder ab, er lässt lange Monologe seiner Gäste zu, und das, obwohl er als Stand-Up-Comedian auch selbst eine ziemliche Rampensau ist. Auch auf Augenhöhe zu bleiben, hat er ganz gut drauf, zum Beispiel dann, wenn er sehr ehrlich seine Aufregung formuliert — egal, wer ihm gegenübersitzt.

Marons Gäste scheinen zu vergessen, dass das Gesagte später auch gehört wird.

Das Aufnahmeumfeld sorgt dafür, dass sich seine Gesprächspartner angenehm fallen lassen: In seiner (meistens wohl ziemlich unaufgeräumten) Garage steht ein Laptop mit zwei Mikros. Mehr nicht. Legendär ist zum Beispiel die Sendung mit Robin Williams, der 2010 mit Maron ganz ernst über Unsicherheiten und Drogenmissbrauch sprach. Den Gästen vermittelt dieser Purismus wohl eine gewisse Intimität, viele vergessen irgendwann völlig, dass das Gesagte später auch gehört wird.

Die „WTF“ –Folgen erreichen schon mal 200.000 Downloads an einem Tag. Schon vor Obamas Auftritt war der Podcast immer mal wieder Thema in kleineren und größeren US-Medien.

Und nun sitzt da der POTUS (President of the United States) persönlich in der Garage, während Marons Einfahrt vom Secret Service überwacht wird und ein Scharfschütze auf dem Nachbarhaus durchgehend das kleine improvisierte Studio im Zielfernrohr hat. Trotzdem geben sich Gast und Gastgeber durchweg entspannt. Für beide ist das eben eine neue Situation: Für den einen größer als bisher bekannt, für den anderen viel kleiner. Oder doch nicht? In den ersten 24 Stunden wurde die Folge über 735.000 mal heruntergeladen. Dass die Aktion Aufmerksamkeit erzeugen wird, wussten der Präsident und sein Stab natürlich vorher.

Das Weiße Haus fragte an, ob ein Interview machbar wäre, nicht umgekehrt.

Und dennoch ist es Obama und nicht Maron, der die am Anfang des Textes zitierten Worte sagt: „It is not possible to imagine!“ Das ließe sich auf viele Weisen interpretieren: Zum Beispiel auch so, dass es nicht vorstellbar gewesen wäre, dass ein US-Präsident mal New Media gegenüber Old Media den Vorrang gibt. Aber klar: Podcasts sind cool und werden vornehmlich von einer jungen, gut ausgebildeten Zielgruppe gehört. Perfekt für einen Präsidenten, der sich mit seiner Frau fist-bumped und seine „Homeland“-Sucht öffentlich beichtet.

Interessant in diesem Zusammenhang: Das Weiße Haus fragte bei „WTF“ an, ob ein Interview machbar wäre, nicht umgekehrt. Das und andere spannende Details gibt es in einem Nachklapp zu hören, den Marc Maron mit seinem Producer nach dem Obama-Interview aufgezeichnet hat.

Wie auch immer, dass Obama in einem Podcast auftritt, der nicht innerhalb eines großen Netzwerkes oder als Ableger eines Verlages produziert wird, ist eine große Anerkennung für das Medium. Wer behauptet jetzt eigentlich noch, Podcasts seien Nische?!

GQ Empfiehlt