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Digital ist besser / Vergesst Hardware, Software ist viel wichtiger!

von Johnny Haeusler
Ist das Tablet tot? Kommt der klassische PC zurück? Oder arbeiten wir bald alle nur noch auf 6-Zoll-Smartphone-Displays? Völlig unerheblich, findet unser Kolumnist, weil es nicht auf die Hardware ankommt, sondern auf die Software.

US-Technik-Blogs sinnieren hin und wieder darüber, ob wir überhaupt noch klassische Desktop-Computer oder Laptops brauchen, wenn wir doch inzwischen einen Großteil unserer Arbeit an Smartphones oder Tablets verrichten. Ein iPad oder Android-Tablet sei schließlich für viele Alltagsaufgaben mittlerweile ebenso geeignet wie ein Laptop. Allein eine gute Tatstatur sei nötig, um an ihm ähnlich gut arbeiten zu können wie an einem oft wesentlich teureren und schwereren Rechner, der noch dazu mehr Strom verbraucht als die Glasscheibe.

Abgesehen davon, dass ich leider noch nicht ganz zustimmen kann, was die Einfachheit der Arbeit auf einem Tablet im Vergleich zum „echten“ Laptop angeht (das Wechseln zwischen Programmen und bestimmte Arbeitsabläufe sind eben auf Touchscreens doch noch nicht ganz dort, wo wir sie gerne hätten), empfinde ich die Frage, welche Hardware wir benutzen, weniger spannend als die nach der Software. Denn was Google mit Android und Apple mit iOS gelungen ist, ist genau das, was Linux seit viel längerer Zeit versucht: Sie haben neue Massen-Betriebssysteme etabliert.

Google und Apple haben neue Massen-Betriebssysteme etabliert.

In jahrelanger Arbeit und mit mal mehr und mal weniger guter Planung haben Google und Apple es geschafft, die Vormachtstellung von Windows zumindest in Frage zu stellen, und im Fall von Apple wird sogar das hauseigene OS X nach und nach abgeschafft beziehungsweise in Richtung iOS verschoben. Der Linux-Pinguin war unterdessen keineswegs untätig, schließlich bildet das freie System die Grundlage für Navigations-, Video- oder Audiosysteme oder andere Geräte mit spezifischen Funktionen. Nur als reines „Schreibtisch“-OS für die Hauptgeräte der Konsumenten ist Linux nie angekommen.

Das wiederum ist natürlich in den unterschiedlichen Philosophien der Macher der genannten Betriebssysteme begründet. Der Datenhunger, der Wunsch nach unbedingter Kundenbindung an die firmeneigenen Mail-, Cloud- und Synchronisierungsdienste — und somit die kommerzielle B-2-C-Ausrichtung — von Google und Apple liegen den Anbietern von Linux-Distributionen eher fern. Das ist eigentlich super für Linux-Kunden, denn sie sind freier in der Wahl ihrer Services und befinden sich auch in Sachen Software nicht in einem abgeschlossenen Garten. Sie sind aber auch häufiger auf sich gestellt, müssen mehr Entscheidungen treffen und sich technisch besser auskennen, als es von den Nutzerinnen und Nutzern von Android oder iOS erwartet wird. Die Einfachheit der kombinierten und in einem Smartphone oder Tablet integrierten Google- oder Apple-Dienste, die man als Anbieter schließlich auch entwerfen, betreiben und pflegen muss, bietet derzeit noch kein Linux-System.

Geschlossene Systeme haben viele Nachteile, die der Kunde aber offenbar in Kauf nimmt, solange Convenience gewährleistet ist, die den Alltag tatsächlich einfacher statt komplexer macht. Das mag „falsch“ sein, aber es ist Tatsache.

Welche Geräte wir benutzen, ist beinahe egal.

Und so sind Android und iOS eben derzeit die Betriebssysteme, die es geschafft haben, den bis vor wenigen Jahren einzig bekannten Anbietern die Stirn zu bieten. Ganz nebenbei haben sie dabei neue Ökosysteme und Strukturen geschaffen, und wie immer hat alles mehrere Seiten. Während Fragen nach Verschlüsselung, Datenhoheit und Walled Gardens noch nicht befriedigend beantwortet sind, bringen die mobilen Systeme in Sachen Bedienung und Sicherheit vor Viren und anderen Angriffen schließlich auch ein paar Vorteile mit sich.

Es bleibt also spannend, aber eben nicht so sehr in Sachen Hardware. Denn welche Geräte wir benutzen, ob es große Smartphones oder kleine Tablets oder etwas ganze anderes sind, ist beinahe egal. Entscheidend ist, welches Betriebssystem sich auf diesen Geräten befindet – und wessen AppStore und Cloud-Dienste. Denn dort wird das Geld verdient.

Letzte Woche erklärte Johnny Haeusler, warum er lieber für Google, Facebook und Twitter bezahlen würde, statt sie kostenlos zu nutzen. Mehr zum Thema: Wie ein 21-jähriger Potsdamer den PC-Desktop revolutionieren will 

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