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Digital ist besser / Guckt doch mal in die Netzwerke der Anderen

von Johnny Haeusler
Wenn wir von Social Networks und Messaging-Diensten sprechen, fallen immer wieder die gleichen Namen: Facebook, Twitter, WhatsApp, Instagram. Unser Kolumnist schaut sich diese Woche Netzwerke an, die zwar seltener in den Medien auftauchen, aber längst große eigene Communitys füttern.

Oft habe ich in den vergangenen Jahren versucht, meine Mutter „ins Internet zu holen“. Sie hat eine E-Mail-Adresse, die sie aber nicht nutzt, weil sie nie weiß, wo die Mails denn nun genau sind. Sie weiß auch nicht, was ein Browser ist. Deshalb sucht sie auch nichts im Netz, denn sie hat ein paar mal erfolglos versucht, an eine Webadresse eine E-Mail zu senden. 

Meine Mutter ist nicht blöd, sie würde das sicher nach einer Weile verstehen. Aber dieses ganze „@-Gedöns“, das „http“ und „www“ hat sie einfach nicht interessiert, Facebook war laut den Medien sowieso eher böse, überall musste man sich außerdem anmelden, dauernd kamen Mails, bei denen man nicht wusste, ob man auf die Links klicken muss oder es auf keinen Fall darf…

Der ganze Kram hat sie immer eher genervt und aus ihrer Sicht konnte ich das gut nachvollziehen. Ich komme aus einer digitalen Welt, in der man noch von Gopher und Telnet sprach, ich bin Fachbegriffe gewöhnt. Für ältere Menschen hingegen war das Internet lange Zeit das Äquivalent zum Chinesischlernen. Hinzu kam das Gehassel mit Computern, Betriebssystemen, Updates. Das war alles nichts für meine Mutter.

Enter WhatsApp
Das alles hat sich vor etwa zwei Jahren massiv geändert, als sie das ausrangierte Smartphone eines Bekannten geschenkt bekam. E-Mails versendet sie weiterhin nicht, aber via WhatsApp steht sie möglicherweise mit mehr Personen in Verbindung als ich. Das Web benutzt sie irgendwie auch manchmal, denn auf dem Home-Screen des Smartphones befindet sich ein Google-Suchfeld. Dass sich danach eine Art Browser öffnet, weiß meine Mutter nicht, denn sie muss es nicht wissen.

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Und von Zeit zu Zeit schickt sie mir… lustige Videos. Grußbotschaften zu Feiertagen, kurze animierte Clips mit süßen Figuren, die einen Text vortragen. Und kürzlich war ich etwas erschrocken, denn der kleine Teddybär (fragt nicht…) sprach mit Fistelstimme Worte und Sätze, die ich bisher nur von meiner Mutter kannte. Das war kein vorproduzierter Clip. Das war eine Eigenkreation. Zumindest der Text, den die animierte Figur vortrug.

Zoobe
Den Clip hatte meine Mutter mit Zoobe erstellt, einer App, mit der man verschiedenen animierte Comic- und Filmcharakteren die eigenen Stimme aufdrücken kann. Zoobe ist dabei eine ganz eigene Community, Menschen schicken sich „witzige“ Sprüche und Botschaften zu, können die von Anderen kommentieren und liken… Ihr wisst schon. Von Zoobe liest man nicht besonders viel. Es ist einfach da. Und während Zoobe vielleicht – das ist zumindest meine Vermutung – eine eher ältere Gemeinde anspricht, ist das beim folgenden Netzwerk ganz anders.

musical.ly
Sie ist besonders unter jungen Menschen nicht unbekannt, mir persönlich begegnete die App musical.ly aber erst via Instagram, wo bemerkenswerte, mit ihr produzierte Tanz- und Gesangsvideos in den Listen der beliebtesten Posts auftauchten. Und siehe da: Auch musical.ly ist eine Welt und Community für sich, die mir bisher verborgen blieb. Das wird sie mangels Interesse meinerseits auch weiter bleiben, dennoch ist es faszinierend zu wissen, dass neben den Platzhirschen auch noch viele Parallel-Communitys bestehen, die ganz bestimmte Bedürfnisse abdecken und damit durchaus erfolgreich sind.

Ausmal-Apps
Und damit meine Beispiele für solche Netzwerke nicht nur bei den Jungen und Alten bleiben, soll stellvertretend für alle Altersklassen auch noch eine von unzähligen „Ausmal-Apps“ erwähnt sein: Pigment ist eine Bibliothek von Mandalas, Blumen, architektonischen Formvorgaben und anderen komplexen Strichzeichnungen, die auf dem Smartphone oder Tablet ausgemalt werden können. Das Ganze ist wirklich toll gemacht, der Prozess hat etwas Meditatives und die Ergebnisse können fast gar nicht schlecht aussehen. Nutzerinnen und Nutzer teilen ihre Kreationen auf diversen Plattformen unter bestimmten Hashtags. Besonders die Premium-Funktionen sind aber erwähnenswert, denn wer zahlt, kann Bilder hochauflösend herunterladen und dann… ausdrucken.

Meine drei Beispiele für die Netze der Anderen sollen keine Wertung darstellen, sie sind mir einfach bei Streifzügen durch verschiedene Apps und Hashtags begegnet und haben mir klargemacht, wie viele digitale Welten, Ebenen und Gemeinschaften es neben den altbekannten noch so gibt. Sie zeigen außerdem: Die Website ist nur noch ein Werbeplakat für die jeweiligen Apps. Für die Netzgeneration der mit dem Smartphone Digitalisierten ist der Browser quasi nicht mehr existent.

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