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Digital ist besser / Große Ideen wider den noch größeren Startup-Einheitsbrei

von Johnny Haeusler
Mal ehrlich: Als Suchmaschine ist Google ganz schön kaputt. Wie wäre es stattdessen mit einer Findmaschine? Das ist nur eine von zwei Startup-Ideen, die unser Kolumnist Johnny Haeusler hat. Für alle, die Bock auf Neugründungen haben — und die ähnlich genervt sind von dem, was Startups meistens befördern: Shopping.

Wenn ich von neuen Startups lese und mich selbst aus Spaß frage, ob ich in dieses Unternehmen zehntausend eigene Euros investieren würde (wenn ich sie denn hätte), sind selten wirklich gute Produkte dabei. Bei den meisten Neugründungen ist meine Antwort an mich selbst deshalb ein klares „Nein“. Es geht beim Gros der mir über den Weg laufenden Startups ums Shopping. Naja, eventuell noch ums Einkaufen, vielleicht, vielleicht um die Möglichkeit, etwas zu erwerben — und manchmal gar ums Konsumieren. Der Rest vergleicht Shopping-Ergebnisse oder Preise, überträgt bereits vorhandene Dienstleistungen ins Internet, macht ein bereits existierendes US-Unternehmen nach oder vermittelt irgendwas.

Das ist in meinen Augen nicht nur langweilig, sondern richtig öde und auch ohne große Zukunft, da es dabei nur um Marktplatzierung und Skalierung geht. Der erste, der mehr Geld hat, wird diesen Unternehmen die Butter vom Brot nehmen, da die Grundidee selten individuell, zu schnell kopierbar und zu wenig gründerabhängig ist.

Vor allem aber wundere ich mich über meinen Eindruck, dass so wenige deutsche Startups sich rein digitaler Themen annehmen. Die Verbesserung und Weiterentwicklung der vorhandenen Kommunikationsdienste und Serviceleistungen im Internet wäre nämlich gerade in Zeiten der Kritik an US-amerikanischen Marken eine große Chance für deutsche und europäische Startups. Und aus dem Stand habe ich gleich zwei Ideen, falls eine meiner Leserinnen oder einer meiner Leser gerade Bock auf eine Neugründung hat:

Idee 1: Eine Findmaschine fürs Internet
Genau. Eine Suchmaschine, aber ich habe sie etwas umbenannt, um Investoren zum Lachen zu bringen (sehr schwierig, Investoren lachen nicht gern, Geld und Geschäfte sind eine ernste Angelegenheit!).

Mal ehrlich: Als Suchmaschine ist Google ganz schön kaputt. Die ersten Ergebnisseiten sind bevölkert von Werbepartnern und Pages, die sich SEO leisten können, die individuelle Relevanz der Ergebnisse lässt mittlerweile sehr zu wünschen übrig. Die Suche nach dem lokalen Fachhandel mit dem Stückchen mehr an Dienstleistung, nach vertrauenswürdigen Handwerkern in der Nähe, nach privatem Sprach- oder Musik-Unterricht oder auch nach Online-Services mit etwas mehr Stil als das ohnehin schon Bekannte (kein Wunder, dass Producthunt so erfolgreich ist) — sie bleibt meiner Erfahrung nach ohne befriedigendes Ergebnis. Es gibt Alternativen für einzelne Bereiche, die meist auf Nutzerbewertungen setzen … die muss man aber auch erstmal finden. Und die finde ich immer seltener via Google und immer häufiger über persönliche Empfehlungen. Diese Tatsache muss man sich irgendwie zunutze machen als Startup, die Sache groß angehen und eine neue Suchmaschine bauen, die in weiten Teilen ganz anders funktioniert als Google.

Idee 2: E-Mail als Arbeitsgrundlage
E-Mail ist auch ganz schön kaputt. Wir verbringen ganze Tage mit dem ausschließlichen Bearbeiten von E-Mails und haben am Ende eines solchen Tages selten den Eindruck, etwas Produktives getan zu haben. E-Mails sind Delegierungswerkzeuge, Projektmanagement, Todo-Listen, Chats, Kontaktmanagement und Instant Messaging gleichzeitig, und sie funktionieren nur so mittelgut, weil sie dafür nie gedacht waren.

Und weil das so ist, kloppen wir uns mit weiteren Tools zu, von Slack über Trello bis zu CRM-und PM-Tools. Die Masse an E-Mail-Plugins, welche die tägliche Arbeit erleichtern sollen, ist unübersichtlich geworden und laufend neue E-Mail-Clients und Erweiterungen versuchen, den täglichen Umgang mit elektronischer Post schneller, einfacher und besser zu machen. Manche schaffen das sogar ein bisschen, dabei wäre es doch aber viel besser, das ganze Thema von Grund auf neu zu denken und ein Kommunikationswerkzeug zu entwickeln, dass anfangs vielleicht noch auf bestehende E-Mails zugreifen kann, diese auf Dauer aber komplett ersetzt.

Ich weiß, dass die beiden Ideen etwas irre, etwas zu groß klingen. Und man findet ganz sicher auch kleinere Ansätze im Online-Bereich, auf die man sich als Startup konzentrieren könnte. Aber sie wären bestimmt mit spannenderen Gewinnaussichten ausgestattet als die drölfte Preisvergleichmaschine oder ein Schrauben-Einkaufsservice für alleinstehende Hamsterbesitzer mit zu starkem Bartwuchs. Denn beiden Ideen wohnt eine Möglichkeit zum Geldverdienen inne, die so alt wie bei Startups viel zu selten genutzt ist: Ich gebe dir ein gutes Produkt. Und du bezahlst dafür. 

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