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Vergesst Google, Uber, Amazon und Spotify: In Russland regiert Yandex

von GQ
Die Suchmaschine Yandex hat einen 64 prozentigen Marktanteil in Russland. Google hat da das Nachsehen. Was ist Yandex' Geheimnis? „Wir nennen uns eine trans-lokale Firma,“ sagt Arkady Volozh, CEO von Yandex. Man könnte auch sagen: Er sucht gezielt Märkte aus, in denen die großen US-Techfirmen schwächeln.

In Russland, ist Google nicht der König. Auch Uber, Spotify oder Amazon haben hier nicht den Erfolg, den sie anderswo haben. In Russland ist Yandex der Name, den man kennen sollte. 64 Prozent aller Online-Suchanfragen im Land laufen über Yandex, und das Unternehmen hat 61 Prozent des Online-Anzeigenmarktes unter sich. Der Shopping Service Yandex.Market wird von 19 Millionen Menschen im Monat genutzt und Yandex.Taxi steht für 60 Prozent aller Taxifahrten in Moskau. Silicon Valley Giganten tun sich dort schwer, wo Yandex Erfolge verbucht.

Was ist Yandex' Geheimnis? „Wir nennen uns eine trans-lokale Firma“, sagt Arkady Volozh, der in Moskau ansässige Mitbegründer und CEO von Yandex. Seit 1997 gibt es die Firma. Volozh weist darauf hin, dass das ein Jahr vor Googles Launch war, „also haben wir die nicht imitiert“. Trans-lokal umschreibt ein Geschäftsmodel, das auf Schwäche der Konkurrenz setzt: Yandex identifiziert Märkte in denen die großen Anbieter sich einigermaßen schwer tun und baut dort seine eigenen Alternativen auf. In den letzten Jahren ist Yandex in die Ukraine, Kasachstan, Belarus und die Türkei expandiert. Aber der Fokus bleibt auf Russland, und diese enge Verbindung hat Fragen über Yandex' Beziehung zum russischen Staat aufgeworfen.

„Ich habe keine Berührungspunkte mit dem Staat“, sagt der 53-jährige Volozh. Ein bisschen sei das wie mit dem Wetter: „Was passiert, wenn es regnet? Dann muss ich einen Service entwickeln, der einem dabei hilft im Trockenen zu bleiben.“  Trotzdem hat ein zunehmend autoritär und isolationistisch regiertes Russland Einfluss auf Yandex.

Im Oktober 2016, passierte etwas Merkwürdiges auf dem Roten Platz in Moskau. Jeder der Pokémon Go spielte, oder versuchte mithilfe von GPS durch das Verkehrschaos in der russischen Hauptstadt zu navigieren, wurde plötzlich zum Vnukovo Flughafen in 29 Kilometer Entfernung teleportiert. Yandex geht davon aus, dass der Kreml heimlich GPS Signale blockierte – ein großes Problem für die Yandex.Taxi Flotte. Aber für Volozh war das nichts Ungewöhnliches. „Sie schützen sich selbst vor Drohnen und sonst noch was“, sagt er achselzuckend. „Ich weiß auch nicht, wieso sie das machen, aber sie haben ihre eigene Agenda.“

Der Fokus dieser Agenda lag auch schon mal auf Yandex. Im April 2014 behauptete der russische Präsident Vladimir Putin, dass das Internet ein „Projekt des CIA“ wäre, und unterstellte somit Yandex, es würde von ausländischen Geheimdiensten kontrolliert. „Unsere Aktie verlor 20 Prozent“, sagt Volozh. Er erzählt, dass Putin die internationale Zusammensetzung von Yandex' Aufsichtsrat kritisierte, dem amerikanische, schweizerische und niederländische Mitglieder angehören. 

Yandex sticht mit seinem Erfolg aus der sich ansonsten doch sehr mühenden Technologieszene Russlands heraus. Im May 2011 sammelte die Firma bei ihrem Börsengang in New York 1,3 Milliarden Dollar ein, damals rund 908 Millionen Euro, so viel war zuletzt Google im Jahr 2004 gelungen. Im Juni 2014 wurde Yandex dann auch an der Moskauer Börse gelistet und hat in den letzten Jahren Büros in China, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und in der Türkei eröffnet. Dieser zunehmend internationale Ausblick schützt Yandex gegen die Sprunghaftigkeit der Russischen Märkte, erklärt Volozh, aber es ist auch ein Hinweis darauf, dass Yandex' Angebote anderswo Erfolg haben könnten. 

Volozh wurde 1964 in Atyrau geboren, einer kleinen Stadt an der Ostküste des Kaspischen Meers. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre studierte er Informatik. „Ich wurde im alten System der Sowjetunion ausgebildet und erzogen, als meine Karriere noch dazu bestimmt war Professor der Informatik zu werden, und plötzlich änderte sich dann alles innerhalb von Minuten“, sagt Volozh, während er auf einem Sofa im WeWork Co-Working-Space in London sitzt. Zuvor war er in Paris, um dort den Yandex Navigations-Service zu launchen. Er spricht ruhig und beendet seine Sätze oft mit einem Lachen. Ob es ihn ärgert, wenn Leute seine Firma als das Google von Russland bezeichnen? „Ein bisschen“, gibt er zu. Aber die Vergleiche sind nicht zu weit hergeholt. Yandex und Google haben schon immer um den gleichen Markt gekämpft.

Als vor rund 14 Jahren Android herauskam, bereitete das etwa Yandex einige Schwierigkeiten. Googles Dominanz auf dem Android-Betriebssystem in Russland ist riesig. Und immer mehr Russen tauschen ihren Desktop-Computer gegen ein Smartphone; 60 Prozent besitzen ein Smartphone und diese Zahl wird laut Vorhersagen bis 2021 auf 86 Prozent steigen – Yandex hat ein Problem.

Allerdings könnte das Unternehmen von Russlands zunehmenden nach innen gekehrtem Blick profitieren: Dort genauso wie in der EU nehmen Aufsichtsbehörden Androids Dominanz unter die Lupe. Russlands Kartellaufsichtsbehörde hat – unter anderem nach einer Beschwerde von Yandex – Google dazu aufgefordert, die Restriktionen zu lockern, die es an Android Endgeräte-Hersteller stellt. Volozh weist Kritik zurück, dass dies als Bevorzugung russischer Firmen durch den Staat gewertet werden könnte. „Solche Prozesse liegen außerhalb unserer Kontrolle. In vergleichbaren Situation gewinnen wir unseren Marktanteil auf die ehrliche Art“, sagt er.  

Andere staatliche Interventionen gehen zum Teil noch weiter: Im November 2016 ordnete Russland eine temporäre Sperrung von LinkedIn an, nachdem die Seite es versäumt hatte, lokale Vorratsdatenspeicherungsgesetze zu erfüllen. Und dann gibt es da das Beispiel für einen wohl erheblichen Einfluss des russischen Staates und seiner technischen Möglichkeiten: Im Dezember 2016 schlussfolgerten US Geheimdienste, dass Russland die US-Präsidentschaftswahlen beeinflusst haben könnte, um Donald Trumps Kandidatur zu unterstützen. Russland habe einen Vorsprung, was Propaganda und Fake-News anbelange, sagt Yandex-CEO Volozh. „Kein Kommentar zum Brexit und der Wahl,“ sagt er und „willkommen im Club.“ 

WIRED.uk

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.uk
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