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„Du wirst einfach nicht glauben, wo es bald keine Katzenvideos mehr gibt“: die Macher von Heftig.co im Interview

von Max Biederbeck
Ziemlich genau ein Jahr ist vergangen, seitdem wir zum ersten Mal „nicht glauben konnten, was dann passierte“. Ein Jahr, in dem die Website Heftig.co den gesamten Medienmarkt mit knalligen Überschriften und Katzen-Content an die Wand gespielt hat. WIRED Germany hat die Macher besucht.

1,5 Millionen Fans hat ihre Seite seitdem auf Facebook gewonnen. Mit über 20 Millionen Likes, Shares und Tweets im abgelaufenen Jahr hat das Startup laut 10.000 Flies sogar mehr Traffic in den sozialen Netzwerken gesammelt als Spiegel Online (18,07 Millionen).

Es ist auch ein Jahr, in dem es viel Kritik am Geschäftsmodell gab, vor allem von Medienkollegen. Heftig, so der Vorwurf, liefere keine echten Inhalte, verspreche in seinen Überschriften, was es nicht halten könne, jage den billigen Klicks nach und verletze das Urheberrecht. Ja, es wandele auf dem schmalen Grat zwischen Publikumsverachtung und punktgenauer Publikumsansprache. Die Macher der Seite Michael Glöß und Peter Schil­ling haben nach einem Jahr allerdings einen unbestreitbaren Verbündeten auf ihrer Seite: Den Erfolg. Der soll jetzt noch größer werden. WIRED Germany hat die beiden in ihren Redaktionsräumen in Potsdam besucht.

WIRED: Vergangene Woche seid ihr pünktlich zum Geburtstag wieder in den Medien gewesen. Euer neues Quizportal Die Antwort sorgte für Aufregung. Ihr selbst habt dann um Mäßigung gebeten. Das klingt irgendwie gar nicht nach Heftig.
Michael Glöß: Die Antwort war eben nur ein kleiner Testballon, der zufällig an die Öffentlichkeit gekommen ist. Es hat genervt, dass alle auf einmal so ein riesen Ding daraus gemacht haben. Da werden Sachen hochgejazzt, die in Wirklichkeit nicht so wichtig sind.

WIRED: Genauso macht ihr das doch normalerweise selbst?
Peter Schil­ling: Das ist eine Kritik, die immer nur von Kollegen aus der Medienbranche kommt, aber nicht von unseren Usern. Diese angebliche Enttäuschung, die die Leser empfinden sollen, wenn sie einen unserer Links anklicken und nicht finden, was ihnen versprochen wurde — die gibt es überhaupt nicht.

Bei uns ist in Sachen Copyright nie etwas angebrannt.

Michael Glöß

WIRED: Woran macht ihr das fest?
Michael Glöß: Als Facebook seinen Algorithmus vor einigen Monaten geändert hat, um Schrott-Postings und Spam zu verhindern, dachten all diese Kritiker: Jetzt kostet es Heftig. Es sollten nach dem Update nur noch die Seiten in der Timeline auftauchen, die ein gutes Verhältnis zwischen Klickzahlen auf der einen und Likes, Shares und Comments auf der anderen haben. Aber wir erfüllen genau diese Kriterien. Leute klicken unsere Inhalte an und dann sharen sie den Content. Das klingt nicht nach Enttäuschung für mich. Langsam verstummt diese Kritik auch und wir können uns neuen Projekten zuwenden.

WIRED: Ihr meint eure neue Lifehacking-Plattform GenialeTricks.
Glöß: Zum Beispiel, die Seite hat mittlerweile die 400.000-Like-Grenze geknackt, wächst, hat eine große Reichweite und hohes Engagement. Wir versprechen uns viel von ihr und haben eigene Leute abgestellt, die nur noch Service-Inhalte dafür produzieren.

WIRED: So etwas wie „Ich konnte nicht glauben, was passierte, als ich meinen schmutzigen Backofen sah“?
Schil­ling: Das braucht es für GenialeTricks überhaupt nicht. Da reicht die Frage: „Wie bekomme ich meinen Backofen in fünf Minuten sauber?“ Dazu dreht einer unserer drei Video-Redakteure einen passenden Film und es gibt einen Text. Die User sind mehr als zufrieden.

Wir erweitern die Medienvielfalt, weil es Menschen gibt, die Bild.de und Co. gar nicht mehr erreichen.

Michael Glöß

WIRED: Eigene Videos? Euch wurde doch immer vorgeworfen, dass ihr nur fremde Inhalte zusammensucht und wieder aufwärmt. Ist das eine Reaktion auf diese Kritik?
Schilling: Wir haben schon seit über zwei Monaten eine eigene Videoproduktion. Sie ist in keiner Weise eine Reaktion auf irgendeine Kritik, sondern eine logische Folge. Gerade bei solchen Lifehack-Themen gilt: Je mehr wir selbst machen können, desto mehr Wertschöpfung wird möglich. Wir können die Videos etwa über Youtube verteilen und neue Kanäle aufbauen.

WIRED:  Also hat die Eigenproduktion auch nichts damit zu tun, dass ihr Angst vor Urheberrechtsklagen habt? Buzzfeed zum Beispiel sollte in den USA schon auf Millionen verklagt werden, weil zu viel Fremd-Content ungefragt benutzt wurde.
Glöß: Ja und kein Anwalt wollte diesen Kläger damals vertreten. Auch bei uns ist in Sachen Copyright nie etwas angebrannt. Es gab anfangs vier oder fünf Abmahnanwälte, die in irgendwelchen Jurablogs oder bei Gründerszene.de Artikel geschrieben haben: Heftig.co stehe mit einem Bein im Gefängnis. Aber eigentlich war das nur der Wink mit dem Zaunpfahl: Ruf mich an und ich mache dann eine Klage gegen Heftig. Das hat aber niemand in Anspruch genommen.

WIRED: Aber trotzdem der Schwenk hin zum soliden Service-Journalismus mit GenialeTricks.
Glöß: Es ist eben kein Journalismus sondern eine Art von Entertainment. Deswegen braucht sich auch niemand über uns zu ärgern. Wir nehmen anderen Medienanbietern doch gar keine Leser weg, keiner braucht sich von uns bedroht zu fühlen. Wir erweitern die Medienvielfalt, weil es eben viele Menschen gibt, die von Bild.de und Co. nicht mehr erreicht werden.

WIRED: Durch Service-Angebote mit Heftig.Co Aufmachung?
Schilling: Nicht nur. Vergangene Woche haben wir das Portal Tierfreund gelauncht. Das ist eine Seite, die sich direkt an Tierliebhaber richtet. Es geht um dramatische Tierrettungsgeschichten, lustige Videos oder Tiere, die erstaunliche Dinge tun. Die Seite hat schon knapp 26.000 Likes auf Facebook. Das ist jetzt schon mehr als dreimal so viel wie Buzzfeed Deutschland nach einem Jahr hatte.

Wir wollen heftige Inhalte in Frankreich, den Niederlanden, Polen und so weiter.

Peter Schilling

WIRED: Moment, heißt das, es gibt in Zukunft keine Katzenvideos mehr auf Heftig.co?
Glöß: Ich sehe schon die Überschrift: „Du wirst nicht glauben, wo es bald keine Katzenvideos mehr gibt“. Es wird sie schon noch geben, aber wir wollen aus dem Großteil einen Kleinteil machen. Die besten Geschichten von Tierfreund vermarkten wir auch über Heftig, genauso wie GenialeTricks.

WIRED: Ihr spaltet die Marke auf, um mehr Menschen in euer Produkt zu ziehen.
Schilling: Richtig, und der nächste Schritt führt dann aus unserem Büro in Potsdam in den Rest der Welt.

WIRED: Du meinst, weil ihr seit Neustem auch einen spanischen Ableger habt?
Schilling: Nolocreo heißt der, hat seit Oktober über 200.000 Fans und findet auch viel in Südamerika statt. Wir testen, wie wir unsere Inhalte auf verschiedene Länder anpassen müssen, in Spanien zum Beispiel scheint der Heftig-Stil viel normaler zu sein, als hier bei uns in Deutschland. Klappt das, wollen wir auch in andere Sprachen übersetzen. Heftige Inhalte in Frankreich, den Niederlanden, Polen und so weiter.

WIRED: Okay, Zusammenfassung: Ihr wollt massiv expandieren und redet unheimlich viel über wachsende Klickzahlen. Da wird die Kritik doch wiederkommen: Heftig geht es nur um Quantität, aber nicht um Qualität.
Glöß: Aber das ist doch, was Heftig genau nicht ist. Schau mal, wir haben am Tag drei oder vier Artikel, die wir in den sozialen Netzwerken aktivieren. Zehn werden geschrieben, davon werden drei je nach Beliebtheit ausgewählt. Im Gegensatz dazu geht es bei der klassischen Zeitung darum, 50 Seiten vollzubekommen, und dann ist am Ende ganz egal, was da eigentlich drin steht. Es muss voll werden, komme, was wolle. Wir posten dagegen bei Heftig nur Inhalte, die für unsere User wichtig sind. Es geht also tatsächlich nur um Qualität und eben nicht um Quantität. Das werden wir auch im kommenden Jahr gerne jedem Kritiker wieder und wieder beweisen. 

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