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Twilio ist die Firma, ohne die Uber, Airbnb und Co. nicht funktionieren würden

von Karsten Lemm
Schon seltsam: 138 Jahre, nachdem Alexander Graham Bell sein Patent für das Telefon bekam, tippen wir immer noch kryptische Ziffernfolgen in ein Zahlenfeld, um miteinander sprechen zu können. Doch mehr und mehr ersetzt ein schneller Klick in der Mobilapp das lästige Wählen — und künftig könnte selbst das überflüssig werden, weil Menschen und Dinge einfach immer miteinander vernetzt sind.

„All unsere Kommunikation wird automatisch in den Kontext von Alltagssituationen eingebettet sein“, sagt Jeff Lawson voraus. „Das Telefon in die Hand zu nehmen und einen Anruf zu machen, wird uns bald so altmodisch vorkommen wie der Gedanke: Ich gehe jetzt mal online und schaue, ob ich E-Mails habe.“ 

Analysten sehen in Telekomdiensten, die als Softwarelösungen im Internet existieren, das Potenzial für die nächste Digitalrevolution.

Lawson ist Chef und Mitgründer von Twilio. Das kalifornische Unternehmen will Telefonie und Nachrichtenübermittlung als Softwarelösung neu erfinden. So können zum Beispiel Sensoren in Weizenfeldern automatisch SMS-Nachrichten verschicken, wenn die Pflanzen Wasser brauchen. Und Uber-Fans bekommen einen direkten Draht zu ihren Lieblingschauffeuren, ohne dass ihre private Telefonnummer auf dem Smartphonedisplay des Fahrers auftaucht: Wenn die Mobilapp einen Anruf aufbaut, ruft der Kunde in Wahrheit eine Uber-Nummer an, und Twilio leitet den Anruf hinter den Kulissen automatisch an den jeweiligen Fahrer weiter. „Wir machen den Anruf anonym, um die Sicherheit zu verbessern“, erklärt Lawson. Andernfalls würden die Kunden weniger bereitwillig ihre Telefonnummer herausgeben, um Fremde anzurufen, die ihnen eine Fahrgelegenheit anbieten, glaubt er.

Analysten sehen in Telekomdiensten, die als Softwarelösungen im Internet existieren, das Potenzial für die nächste Digitalrevolution: Das Marktforschungsunternehmen IDC sagt voraus, dass der Markt für „Kommunikation als Service“ bis 2018 auf 7,5 Milliarden Dollar wachsen wird — nicht zuletzt, weil durch das Internet der Dinge auch immer mehr Autos, Fabriken und Türschlösser anfangen werden, sich der Welt mitzuteilen. „Je stärker sich Mobiltelefone verbreiten und das Internet in immer neue Lebensbereiche vordringt, um so wertvoller wird es, Anwendungen die Möglichkeit zur Kommunikation zu geben“, schreibt auch Gigaom Research in einem Strategiepapier.

Egal ob Airbnb, Uber, Task Rabbit, Lyft, Halo oder Gettaxi — alle verlassen sich auf Twilios digitale Telefonvermittlung.

Bei solchen Aussichten ist es kaum überraschend, dass Risiko-Investoren Startups aus dem Sektor mit Kapital überhäufen. Twilio hat als einer der Vorreiter mittlerweile mehr als 100 Millionen Dollar eingesammelt und ist eines der am schnellsten wachsenden Softwareunternehmen in den USA und das kaum sechs Jahre nach seiner Gründung. Besonders die Sharing Economy hat sich mit der 350-Mann-Firma aus San Francisco angefreundet: Ob Airbnb, Uber, Task Rabbit, Lyft, Halo oder Gettaxi — alle verlassen sich auf Twilios digitale Telefonvermittlung und andere Service-Elemente, die sich wie Lego-Bausteine zu neuen Softwarelösungen zusammensetzen lassen.

„Wenn man so schnell wächst wie Uber oder Airbnb, braucht man Partner, die weltweit dieses Wachstum unterstützen“, wirbt Lawson für sein Unternehmen. Er sitzt in einem Hotel in Berlin, um den Deutschlandstart seiner Firma bekanntzugeben: Neuerdings spricht Twilio auch Deutsch, es gibt hierzulande Telefonnummern für SMS und Sprachdienste, und die Software versteht sich bei Sprachkommandos jetzt mit Norddeutschen und Bayern gleichermaßen. Bezahlen lässt sich Twilio am Ende nach Nutzung — je nachdem, wie stark die Anwendungen, die die Kunden nach ihren Bedürfnissen aus dem Twilio-Baukasten entwickeln, die Infrastruktur der Kalifornier beanspruchen.

„Der Vorteil dieses Modells ist, dass es Experimente erlaubt“, sagt Lawson. Während herkömmliche Telefonzentralen aus Beton und Stahl mit ihren Schaltern, Schrauben, Kabeln und Relais Millionen kosten, biete sich der Software-Baukasten zum Herumprobieren an. „Wenn immer gleich hohe Verluste entstehen, sobald etwas nicht klappt, wird Innovation ausgebremst“, argumentiert Lawson. „Mit Twilio dagegen fallen die Kosten fürs Experimentieren auf Pennies.“

Schlaue, kontextbezogene Informationen ersetzt die bisherige, veraltete und dumme Kommunikation.

Jeff Lawson, Chef und Mitgründer von Twilio

So führte die US-Kauf- und -Versandhauskette Nordstrom als Kundenservice persönliche Shopper ein, die Stammkunden beim Einkauf beraten und neuerdings auch Mobilnachrichten verschicken. „Wir haben dieses neue Kleid reinbekommen, das Ihnen gefallen könnte“, heißt es dann etwa, begleitet von einem Foto. „Sollen wir es für Sie reservieren?“ Andere experimentieren mit Call-Centern, die plötzlich keine weitläufigen Bürohallen mit Hunderten von Mitarbeitern mehr brauchen, sondern nur noch eine Handvoll Laptops — den Rest übernimmt die Software, die Anrufe schlau verteilt, wo auch immer die zuständigen Mitarbeiter gerade sitzen.

Für Lawson ein weiteres Beispiel dafür, dass Telekommunikation völlig neu definiert wird. „Wir erleben gerade, wie sich eine fast 150 Jahre alte Techniklandschaft grundlegend ändert, weil die alte Welt aus Hardware und Strippen durch Software abgelöst wird“, erklärt der Twilio-Chef. „Das eröffnet unzählige Anwendungsmöglichkeiten, bei denen schlaue, kontextbezogene Informationen die bisherige, veraltete und dumme Kommunikation ersetzen.“ 

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