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Ex-Tesla-Manager Philipp Schröder will die deutsche Energie-Revolution

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Das schwäbische Unternehmen sonnen hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Aufstieg zu einem der Energiespeicher-Marktführer erlebt. Es ist ein Startup, konkurriert aber mit den Großen: RWE, LG Chem und Tesla. Was seine Firma noch mit Tesla gemeinsam hat und wie er die Energie-Revolution vorantreiben will, erklärt Geschäftsführer Philipp Schröder im WIRED-Interview.

Wenige Häuser, ein paar Berge, viel Natur: So stellt man sich nicht unbedingt den Ort vor, an dem die Energiespeicher-Revolution stattfindet. Doch was im beschaulichen Wildpoldsried im Allgäu geschieht, soll die Großen der Branche erzittern lassen. So zumindest der Plan von Philipp Schröder, Geschäftsführer der sonnen GmbH (früher PROSOL Invest Deutschland).

Sonnen stellt Batterien her, mit denen Hausbesitzer den Strom speichern können, den ihre Photovoltaik-Anlage produziert. Über die sonnenCommunity teilen Kunden ihre überschüssige Energie mit anderen Menschen. Ein Konzept, das weltweit bei umweltbewussten Nutzern ankommt. Das schwäbische Startup konkurriert mit Marktführern wie RWE, E.on, LG Chem oder SENEC, will diese  nach eigener Aussage gar „plattmachen“.

Und dann wäre da noch der Elektroauto-Pionier Tesla: Philipp Schröder war bei dem Unternehmen von Elon Musk einst Deutschland- und Österreich-Chef, nun tritt er mit sonnen gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber an, der ebenfalls Hasubatterien anbietet. Und wenn man die Statements des 33-Jährigen hört, klingen sie fast so, als kämen sie direkt von Elon Musk.

WIRED: Die Bild am Sonntag zitiert Sie mit der Aussage: „In zehn Jahren wollen wir mehr Kunden haben als E.on.“ Das könnte man als großspurig bezeichnen.
Philipp Schröder: Das ist vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber ja, das ist unser Ziel. Wir alle sind gerade live dabei, wie sich der Energiemarkt grundlegend ändert. In zehn Jahren wird niemand mehr mit dem Verkauf von Strom Geld verdienen. Das Jahrzehnte alte Geschäftsmodell der klassischen Energieversorger wird es dann nicht mehr geben. In Zukunft wird derjenige erfolgreich sein, der Millionen von dezentralen Erzeugern, Prosumern und Verbrauchern miteinander vernetzen und intelligent steuern kann. So eine historische Umwälzung ist die Chance für Unternehmen wie sonnen.

WIRED: Was gibt Ihnen diese Zuversicht?
Schröder: Wir sind mittlerweile der weltweit größte Hersteller von Stromspeichern. Das ist ein Marktsegment, das es vor zehn Jahren noch gar nicht gab. Dazu versorgen wir über 60.000 Menschen mit Strom aus unserer sonnenCommunity, die es erst seit dem vorigen Jahr gibt. Und wir möchten schnell weiterwachsen.

WIRED: Sie haben ambitionierte Ziele. Haben Sie das von Ihrem früheren Chef Elon Musk gelernt?
Schröder: Natürlich hat mich die Zeit bei Tesla geprägt und ich hatte das große Glück, direkt von einem Menschen wie Elon Musk zu lernen. Er zeigt ja wie kaum ein anderer, dass sich hochgesteckte Ziele durchaus erreichen lassen. Am Anfang hat die Automobilindustrie ihn nicht ernst genommen, jetzt ist Tesla ein Konkurrent geworden, der technisch enteilt ist und den Auto-Managern die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Und ich glaube nicht, dass wir uns angesichts des Klimawandels, der ja nun mal auf der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas basiert, erlauben können, die Ziele zu niedrig anzusetzen.

Nach der Reise hatte ich plötzlich eine E-Mail von Elon Musks Büro im Postfach. Ich dachte zuerst, das soll ein Witz sein, und habe höflich abgesagt

Philipp Schröder

WIRED: Wie kamen Sie damals zum Posten als Chef von Tesla Deutschland?
Schröder: Das kam völlig überraschend zustande. Ich war damals schon bei sonnen und habe den Vertrieb geleitet. Wir wollten die sonnenBatterie auch in den USA verkaufen und waren zusammen mit sonnen-Gründer Christoph Ostermann dort unterwegs. Nach der Reise hatte ich plötzlich eine E-Mail von Elon Musks Büro im Postfach. Ich dachte zuerst, das soll ein Witz sein, und habe höflich abgesagt.

WIRED: Und dann?
Schröder: Sie haben nicht lockergelassen und mir erklärt, worum es gehen soll. Tesla wollte 2013 den deutschen Markt erschließen und suchte einen Geschäftsführer für die Region, der das Geschäft aufbaut. Nach einem Besuch bei Tesla im Silicon Valley und einer Fahrt mit einem Model S konnte ich damals nicht anders, als das Angebot anzunehmen. Das war ja eine riesige Chance, ich war nicht mal 30.

WIRED: Sie haben also einfach sonnen den Rücken gekehrt?
Schröder: Der damalige Abschied von sonnen ist mir sehr schwer gefallen, ich hatte das Unternehmen ja mit aufgebaut. Die folgenden zwei Jahre bei Tesla waren dann rasant und sehr spannend. Wir haben mit nichts begonnen. Am Ende hatten wir ein landesweites Netz von Superchargern, Filialen in allen Großstädten Deutschlands und wir haben in der Zulassungsstatistik den BMW 7er überholt.

WIRED: Für Tesla beziehungsweise Elon Musk zu arbeiten, ist der Traum von vielen innovativ denkenden Menschen. Warum haben Sie Tesla trotzdem verlassen?
Schröder: Es ist tatsächlich ein Traum und sicher auch ein großes Privileg. Im Frühjahr 2015 hat Tesla die Powerwall auf den Markt gebracht, also einen Heimspeicher, ähnlich der sonnenBatterie. Als ich die Powerwall gesehen hatte, dachte ich: „Das könnten wir bei sonnen viel besser.“ Bei einem Flug in die USA habe ich im Sommer dann zufällig Christoph Ostermann getroffen, der Kontakt war ja nie ganz abgerissen. Er hat mir dann im Flugzeug vorab die neue Software-Plattform der sonnenCommunity gezeigt und wollte meine Meinung dazu wissen. Damit kann man seinen Strom nicht nur selbst erzeugen und speichern, sondern sich auch mit anderen Menschen vernetzen und seine Energie online teilen. Der klassische Energieversorger ist komplett raus.

WIRED: Und dann haben Sie wieder die Seiten gewechselt.
Schröder: Mir war schnell klar, dass ich gerade einen absoluten Game Changer gesehen hatte. Solche disruptiven Modelle kennt man sonst nur von Uber oder Airbnb. Die Idee hat mich gepackt und ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Wir haben sie weiterentwickelt und ein paar Wochen später war ich wieder bei sonnen. Ein paar Leute von Tesla sind gleich mitgekommen.

WIRED: Die Produkte von sonnen sind einerseits ein Angriff auf alteingesessene Energie-Unternehmen, andererseits auch auf neue Marktteilnehmer. Wie wollen Sie in diesem Wettkampf New versus Old Economy bestehen?
Schröder: Wir sind sehr schnell, das sind viele große Unternehmen naturgemäß nicht. Wir können schnell Produkte einführen, neue Geschäftsmodelle umsetzen oder neue Märkte im Ausland erschließen. Das ist auch der Grund, warum wir in den letzten Jahren so ein starkes Wachstum hatten, für das wir mehrfach ausgezeichnet wurden. Andere Marktteilnehmer haben sich in der Zeit schon wieder zurückgezogen.

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WIRED: Ist Schnelligkeit das einzige Erfolgsrezept?
Schröder: Wir sind außerdem sehr innovativ. Wir gehen mit ganz neuen Denkweisen an das Thema Energieversorgung heran, was ein alteingesessener Konzern einfach nicht kann, in dem seit Jahrzehnten in den gleichen Mustern gedacht wird. Besonders stolz sind wir, dass sonnen als einziges deutsches Unternehmen neben Bosch auf der MIT-Liste der weltweit 50 innovativsten Unternehmen steht (Platz 28, Anm. d. Red.). Und vor Kurzem haben wir zusammen mit Tennet und IBM die erste Blockchain-basierte Vernetzung von Heimspeichern gestartet.

WIRED: Zu Futurezone sagten Sie, dass Sie nach dem Tesla-Prinzip „Nicht labern, sondern machen“ arbeiten. Was heißt das konkret in Ihrer täglichen Arbeit?
Schröder: Wie schon gesagt: Wer schnell sein will, muss die Sachen anpacken. Das sehe übrigens nicht nur ich so, sondern auch die beiden Unternehmensgründer Christoph Ostermann und Torsten Stiefenhofer. Das Denken gehört also auch zur Unternehmenskultur. Wir sind ein junges Team, das die Welt besser machen will. Hier wird niemandem der Kopf abgerissen, wenn er einen Fehler macht. Rückschläge gehören dazu und haben uns am Ende immer weiter vorangebracht. Diese Kultur finden Sie bei vielen Unternehmen in Deutschland nicht. Viele wollen auf Nummer sicher gehen statt ein Risiko einzugehen.

In Deutschland ist es sicher schwerer als in anderen Ländern, eine neue Idee zu monetarisieren

Philipp Schröder

WIRED: Die deutschen Gesetze und Regularien sind sicherlich ein Hindernis für agil agierende Startups, oder?
Schröder: In vielen neuen Branchen kommt die Gesetzgebung den neuartigen Technologien und den Geschäftsmodellen nicht so schnell hinterher. In Deutschland ist es sicher schwerer als in anderen Ländern, eine neue Idee zu monetarisieren. Aber wo gibt es keine Hindernisse? Wir wollen nicht rummeckern, sondern wir bringen uns auf politischer Ebene und bei den Verbänden konstruktiv ein.

WIRED: Deutschland ist also gar nicht so schlecht für Sie?
Schröder: Deutschland ist im internationalen Vergleich immer noch ein großartiger Standort und der Strommarkt gehört zu den flexibelsten weltweit, was uns zugutekommt.

WIRED: Warum hat sonnen dann seinen Sitz im eher unbekannten Wildpoldsried, das ist für ein Startup mit Weltrang ziemlich ungewöhnlich?
Schröder: Wildpoldsried ist in der Energiebranche sehr bekannt. Die Gemeinde hat sich sehr früh für erneuerbare Energien entschieden und erzeugt mittlerweile sieben Mal mehr Energie, als sie selbst benötigt. Jede Woche kommen Besuchergruppen aus aller Welt hierher, um sich das anzuschauen und sich Ideen für ihre eigenen Länder zu holen. Es gibt unzählige Photovoltaik-Anlagen, die Windräder sind in Bürgerhand und die Menschen denken sehr nachhaltig. Es ist also kein Zufall, dass wir hier sind. Es gibt traditionell auch viele gute Ingenieure hier, deshalb befindet sich auch unsere Entwicklung und Produktion hier. Wir haben mittlerweile aber auch weitere Standorte für Software-Entwicklung oder den Vertrieb wie etwa in Berlin, Los Angeles, Bergamo und Sydney.

WIRED: Sie sind erst Anfang 30. Wie schafft man es, schon in jungen Jahren eine derartige Karriere hinzulegen?
Schröder: Ich habe mit 24 mein Studium abgebrochen und mein erstes Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien gegründet. Damals habe ich sogar 2,2 Millionen Euro von Investoren auftreiben können. Wenn man so jung anfängt, macht man seine Fehler sehr früh und lernt dadurch schnell. Man geht natürlich auch höhere Risiken ein, als man das vielleicht mit 45 tun würde. Aber es hat sich gelohnt.

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