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So will Snap vor dem Börsengang potenzielle Investoren überzeugen

von Elisabeth Oberndorfer
Snap wirbt auf seiner Roadshow mit einem 35-minütigen Video um Aktionäre. Dabei vermeidet Gründer Evan Spiegel die Fehler vieler anderer Tech-Börsengänge.

Snap geht im März mit einer Bewertung von 22 Milliarden Dollar an die Börse und befindet sich deshalb seit einigen Tagen auf Roadshow, um Investoren anzuziehen. Die Videos, die das Unternehmen hinter Snapchat dabei zeigt, sind jetzt auch öffentlich abrufbar. In einem 35-minütigen Film erklärt CEO Evan Spiegel die Vision seines Unternehmens.

Dabei beginnt er mit seiner oft zitierten Aussage, dass Snap eine „Camera Company“ sei. Spiegel will Kommunikation dadurch verändern, dass die Welt aus der Perspektive von anderen Menschen gesehen werden kann. Das Konzept der vergänglichen Nachrichten erklärt er damit, dass es bei Snapchat kurzfristige Kommunikation unterstütze und nicht das Festhalten von Erinnerungen.

Damit schaffe das Startup auch hohe Interaktionsraten, laut dem Präsentationsvideo rufen Nutzer durchschnittlich 18 mal pro Tag die App auf und verbringen 25 bis 30 Minuten darin. 60 Prozent nutzen die App jeden Tag. Laut dem Börsenprospekt hat Snapchat 158 Millionen täglich aktive User. Die Zahl der registrierten Nutzer liegt demnach bei 263 Millionen. Im Gegensatz zu Twitter legt der Snapchat-Gründer außerdem nicht unbedingt Wert auf hohe Follower-Zahlen. Der Fokus liege stattdessen auf „intimer Kommunikation mit den sieben Menschen, mit denen man ständig spricht“, sagt Spiegel.

Wir wollen eine Kamera-Plattform schaffen, die hohe Interaktion erzeugt, welche wiederum für Werbung genutzt werden kann

Snap Inc.

Das erste Gadget, die Kamera-Sonnenbrille Spectacles, wird zwar im Video erwähnt, mehr über seine Hardware-Pläne verrät Snap jedoch nicht. „Unsere Nutzer erwarten Veränderung von uns“, sagt Spiegel. Deshalb werde Innovation durch die Einbindung der Community betrieben.

Schließlich widmet sich das Präsentationsvideo, das an potenzielle Aktionäre gerichtet ist, dem Geschäftsmodell hinter der App. Die hohe mobile Interaktion ist demnach ein guter Treiber der Werbevermarktung. Prognosen zufolge verdreifachen sich die Ausgaben in der mobilen Werbung bis 2020 auf 196 Milliarden Dollar weltweit, und diesen Budgettopf will Snap dominieren. Der App-Betreiber hofft besonders auf Werbekunden, die ihre Ausgaben von TV-Werbung in mobiles Marketing verlagern und junge Zielgruppen erreichen wollen. Der Großteil der Snapchat-Nutzer ist zwischen 13 und 34 Jahre alt.

Um die Ziele für die Werbevermarktung zu erreichen, investiert Snap in vier Schlüsselbereiche: Neue Werbeformate, Technologie zur Auslieferung von Anzeigen, Kampagnenmessung und Vertriebskanäle. Zu Beginn verkaufte Snap Werbeplätze nur direkt an ausgewählte Kunden und Agenturen. Einige dieser Partner, etwa Gatorade, lässt das Unternehmen in seinem Roadshow-Film auch zu Wort kommen. Detaillierte Zahlen liefert Snap dem Publikum allerdings nicht, resümiert dafür aber seine Strategie: „eine Kamera-Plattform schaffen, die hohe Interaktion erzeugt, welche wiederum für Werbung genutzt werden kann.“ Immer wieder betonen die Manager im Video, wie wichtig dafür Investitionen in neue Technologien seien: „Innovation kann nicht geplant werden, und die Reaktionen der Nutzer sind nicht berechenbar.“

Derzeit befinde sich Snap in der Monetarisierungsphase, berichtet CFO Drew Vollero. Die nächste Stufe sei die der Profitabilität. Er verspricht eine schlanke Kostenstruktur, weil die technische Infrastruktur an Drittanbieter ausgelagert werde. So könne sich das Personal auf Innovation und Verkauf konzentrieren. Für Snap zählt vor allem der durchschnittliche Umsatz sowie die durchschnittlichen Kosten pro Nutzer. Im vierten Quartal 2016 lag der durchschnittliche Umsatz bei 1,05 Dollar, die Kosten bei 0,96 Dollar. Die Investitionen in neue Produkte und Technologien belasteten das Kapital nur kurzfristig, versichert der Finanzchef.

In der Unternehmenspräsentation spricht Spiegel auch kurz das Thema Privatsphäre an. Dieses werde bei der Produktentwicklung immer mitgedacht, leicht verständliche Richtlinien sollen User außerdem künftig über den Datenschutz aufklären. Zum Abschluss lobt der Geschäftsführer die offene Unternehmenskultur seines Startups, die Vielfalt anziehe. In der Vergangenheit wurde Snapchat Rassismus und „Bro-Culture“ nachgesagt. „Danke, dass ihr bei unserer Reise dabei seid“, bedankt sich Spiegel am Ende des 35-minütigen Videos.

Aus der ‚Camera Company‘ könnte tatsächlich ein langlebiger Konzern werden

Der Film liefert zwar wenig neue Details über Snap, zeigt aber, dass das Startup die Fehler vieler anderer Tech-Börsengängen vermeiden will: Während Twitter wegen seines stagnierenden Nutzerwachstums Investoren enttäuscht, weist Snapchat daraufhin, dass es langfristig wachsen will und das Verhalten seiner Nutzer nicht voraussagen, aber aus ihm lernen will. Außerdem hat Snap klar gemacht, dass der Weg zur Profitabilität noch einige kostspielige Investitionen in Innovation erfordert.

Die Medienpartnerschaften, die in der App im Discover-Bereich Inhalte liefern, ließ CEO Spiegel fast unerwähnt. Stattdessen setzt das Unternehmen aus Los Angeles seinen Fokus auf die Werbevermarktung. Das unterscheidet Snap zwar erst einmal nicht von Facebook und Twitter, doch mit den hoher Interaktionsrate und Nutzungsdauer bei einer lukrativen Zielgruppe in kaufkräftigen Märkten könnte aus der „Camera Company“ tatsächlich ein langlebiger, börsennotierter Konzern werden.

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