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In Zeiten von Trump greift China nach der E-Mobilitäts-Krone

von Jack Stewart
Seit seinem Amtsantritt untergräbt Donald Trump den Umweltschutz immer weiter – was auch an der Elektroauto-Industrie nicht spurlos vorbeigeht. Läuft China den USA in Sachen E-Mobilität bald den Rang ab?

Wer das Zeitalter der elektrischen Autos herbeisehnt, sollte überlegen, ein Flugticket nach China zu buchen. In dieser Woche kommen dort Autohersteller aus aller Welt auf der Shanghai Auto Show zusammen, um ihre neusten Fahrzeuge vorzustellen: ein Elektroauto nach dem anderen.

Audi enthüllt sein Konzept für den E-Tron Sportback, ein potenzieller Konkurrent für Teslas Model X. VW stelle den Crozz vor, was nach „Dieselgate“ als vollelektrischer Entschuldigunsversuch zu verstehen ist. Chevrolet, Buick, Renault, Citroen und Jaguar präsentieren ebenso wie die chinesischen Player Denza, Chery, Lynk & Co und Nio eigene batteriebetriebene Autos.

Die New York International Auto Show von vergangener Woche mit ihrem „Größer ist besser“-Vibe stand im krassen Gegensatz dazu. Dodge stellt seinen Luftverpester Demon vor und VW den riesigen Atlas-SUV, der in den USA mit nur einer Motorenoption zum Verkauf stehen wird: einem V6.

Die Entscheidung, wo ein Auto zuerst präsentiert wird ist eine rein symbolische. Allerdings ist Shanghais Schwerpunkt auf Nullemissionsfahrzeuge ein Zeichen für einen veränderten Fokus in der gesamten Industrie. Während des vergangenen Jahrzehnts haben die USA –  Heimat von Tesla, Chevy Volt und Bolt, außerdem ein Hauptabnehmer des Nissan Leaf – den Markt für Elektrofahrzeuge angeführt. Grund dafür ist ein Gesetz, das Autohersteller dazu verpflichtet, neben ihren profitträchtigen, spritschluckenden SUVs und Pickups auch emissionsfreie Fahrzeuge zu entwickeln.

Nun, da die Trump-Regierung daran arbeitet, die Umweltschutzgesetze nach und nach abzuschaffen, verlagert die Autoindustrie ihre Aufmerksamkeit in Richtung Osten. „Wir sind überzeugt, dass in China der führende Markt für Elektromobilität entstehen wird“, sagte Herbert Diess, Vorsitzender des Markenvorstands von Volkswagen-PKW, auf der Shanghai Auto Show gegenüber Reuters.

China sieht die Technologie als Mittel, um einen wirtschaftlichen Vorsprung vor dem Westen zu erreichen

Die Berg- und Talfahrten der noch jungen Elektroauto-Industrie werden vor allem durch Regierungsentscheide bestimmt. In Norwegen sind wegen Steuervorteilen fast 40 Prozent aller verkauften Autos elektrisch. Im US-Bundesstaat Georgia brachen die Verkäufe um 90 Prozent ein, als die Regierung im Juni 2015 einen Kredit von 5000 Dollar für Käufer von Elektroautos strich.

In China sorgen Kredite und Rabatte für beeindruckende Verkaufszahlen, die Regierung denkt zudem über eine Regelung nach, nach der Elektro- und Hybridwagen bis 2020 zwölf Prozent der Verkäufe jedes Autoherstellers ausmachen müssen. Während in den USA vor allem Klimaschutz und die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen hinter der Elektromobilität stecken, sieht China die Technologie nicht nur als Mittel, um Smog zu verringern, sondern auch, um einen wirtschaftlichen Vorsprung vor dem Westen zu erreichen.

„Der Automobilsektor ist etwas, das Ländern viel Prestige einbringt“, sagt Christopher Marquis, Professor für nachhaltige globale Wirtschaft an der Cornell-Universität. China sehe eine Führungsrolle in der Autoindustrie als einen Weg, sein Ansehen zu erhöhen. Dafür sei die Regierung bereit, hohe Summen zu investieren.

Um den USA den Rang abzulaufen, muss China aber noch einen Gang höher schalten. Nur wenige chinesische Hersteller verkaufen Elektrotrucks und -busse in Übersee und keiner der eigenen E-PKW ist auf dem internationalen Markt erfolgreich.

Viele kleine Hersteller produzieren erschwingliche Elektroautos, um Fördermittel einzusammeln und Fahrzeuge an Stadtbewohner zu verkaufen, die sonst in einer Lotterie gewinnen müssen, um sich einen Benziner kaufen zu dürfen. Die chinesische Regierung geht zwar bereits hart gegen Hersteller minderwertiger Elektroautos vor, Qualität auf internationalem Niveau ist allerdings schwer zu erreichen. 

„Es wird ziemlich schwierig für chinesische Elektroauto-Hersteller, die internationalen Riesen einzuholen“, sagt Shaojun Zhang, der für Ford gearbeitet hat und an der Tsinghua-Universität in Peking den chinesischen Fahrzeugmarkt studiert.

Selbstgefälligkeit droht die junge Industrie im Keim zu ersticken

Vielleicht ist die Betonung der Rolle individueller Länder – wie bei USA vs. China – auch unangebracht. China ist ein relativ isoliertes Land, der Automarkt aber eine zunehmend globalisierte Instanz. Was auch immer Trump mit den US-Verordnungen anstellt, Europa hält weiter an den strengen Umweltschutzregeln fest. Das kurbelt vor allem die Erstellung von Elektroauto-Konzepten deutscher Automobilbauer an. Diese Fahrzeuge können und werden später auch in den USA verkauft werden, sofern die entsprechende Nachfrage vorhanden ist.

Trotzdem droht eine gewisse Selbstgefälligkeit die junge Elektroautoindustrie im Keim zu ersticken. „Viele Menschen denken, das wäre ein Selbstläufer“, sagt die Elektromobilitäts-Befürworterin Chelsea Sexton. Viele Hersteller produzieren regelkonforme Wagen in geringen Stückzahlen und nehmen ein Minusgeschäft in Kauf, nur um die regulatorischen Kontrollkästchen abzuhaken. Fiat-Chrysler-CEO Sergio Marchionne bat 2014 gar die Öffentlichkeit, die E-Version des Fiat 500 nicht zu kaufen, da er bei jedem Verkauf 14.000 Dollar Verlust machte.

Und trotzdem keimt bei Fans der Elektromobilität Hoffnung auf. Eine Umfrage der American Automobile Association hat ergeben, dass Konsumenten in den USA genauso stark an Elektroautos interessiert sind wie an den bislang dominierenden Pickup-Trucks. Wenn diese Stimmung sich in Verkäufen niederschlägt, gewinnt der Elektoauto-Markt auf der ganzen Welt – und die Verbrauchernachfrage übertrumpft die Politik.

WIRED.com

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com
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