Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Warum Deutschland schnellstmöglich mehr Roboter braucht

von Karsten Lemm
Keine Angst, die sollen nur helfen: Selbst wenn Maschinen immer schlauer werden, können sie Menschen in den meisten Jobs nur ergänzen, nicht ersetzen, argumentiert McKinsey in einer neuen Studie. Die deutsche Wirtschaft müsse sogar noch viel stärker auf Künstliche Intelligenz und Automation setzen als bisher, wenn sie weiter vorn dabei bleiben wolle, so die Unternehmensberater. Wer zögere, bremse sich selber aus.

Keine Frage, die Roboter kommen. Sie lernen täglich dazu und übernehmen immer mehr Aufgaben, die bisher  Menschen erledigt haben. Dennoch sehen die Autoren einer neuen McKinsey-Studie nur wenige Bereiche, in denen Maschinen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) so gut werden, dass sie Jobs komplett übernehmen. Lediglich zwei Prozent aller Aufgaben, die in deutschen Büros und Betrieben anfallen, könnten in absehbarer Zeit vollständig automatisiert werden, schätzen die Autoren der Studie. 

Allerdings sollten sich viele Menschen darauf einstellen, künftig viel stärker Hand in Hand mit KI-Systemen und Robotern zu arbeiten – egal, ob sie am Schreibtisch sitzen oder in der Fabrik stehen. Bei 62 Prozent der Aufgaben, die im Alltag anfallen, sehen die Unternehmensberater gute Chancen, sie zumindest teilweise von Maschinen erledigen zu lassen. „Vom Sachbearbeiter bis hin zum Vorstandsvorsitzenden finden sich überall Tätigkeiten, die durch Technologie unterstützt werden können“, erklärt McKinsey-Partner Matthias Daub, einer der Autoren der Studie gegenüber WIRED.

Am größten ist das Automationspotential nach Einschätzung der Experten bei Routine-Tätigkeiten. Alles, was absehbar immer wieder erledigt werden muss, lässt sich berechnen und an Maschinen weitergeben. Das gilt für Schweißarbeiten in der Autofabrik ebenso wie fürs Pakete-Stapeln im Warenlager – zunehmend aber auch für Buchhaltung, Staubsaugen oder Zwiebelschneiden. Mehr Rechenpower und eine Vielzahl an Sensoren, die Daten über die Umwelt liefern, geben Robotern die Möglichkeit, sich neue Aufgabenfelder zu erschließen.

Zu den Branchen, in denen KI-Systeme und Roboter besonders gut Karriere machen könnten, gehören aus Sicht von McKinsey Lagerhaltung und Transport, Landwirtschaft, Einzelhandel und industrielle Fertigung (siehe Grafik). Nirgendwo aber böten sich mehr Möglichkeiten zur Automatisierung als im Hotel- und Gaststättengewerbe: Fast drei Viertel aller Aufgaben (72 Prozent), die bisher Menschen erledigen, ließen sich dort auf Maschinen übertragen, glauben die Unternehmensberater. Das reicht vom Einchecken im Hotel, das zunehmend den Gästen selbst überlassen wird, bis hin zum Backen, Rühren und Kneten in der Küche. „Es wird sicher kein Sterne-Restaurant schnell auf Roboter umsteigen“, sagt Daub, „aber für viele unterstützende Tätigkeiten eignen sich auch Maschinen“.

Die Wirtschaft insgesamt könne von einer raschen, konsequenten Automatisierung nur profitieren, argumentieren Daub und seine Kollegen: Sie erwarten durch KI in der Arbeitswelt einen möglichen Produktivitätszuwachs von 0,8 bis 1,4 Prozent pro Jahr. Abwarten und Zögern dagegen könnte dazu führen, dass das Wachstum bis 2030 „um bis zu einem Drittel“ hinter den Zielen zurückbleibt, heißt es in der Studie.

Besonders in der Industrie versprechen intelligentere Systeme messbare Vorteile – etwa durch vorausschauende Wartung (predictive maintenance). Dabei prüfen Sensoren ständig, ob Geräte ordnungsgemäß funktionieren; zeichnet sich ein Defekt ab, können Verschleißteile ausgetauscht werden, ehe tatsächlich etwas kaputtgeht. Allein durch Nutzung solcher Methoden könnten Unternehmen deutlich Kosten senken und um bis zu 20 Prozent effizienter arbeiten, schätzt McKinsey. Ähnlich ließe sich der Ausstoß in Fabriken dramatisch steigern, weil Computer bei der Bilderverarbeitung so gut geworden sind, dass sie Produktionsfehler meist schneller und verlässlicher erkennen als Menschen.

„Die neuen Möglichkeiten müssen genutzt werden, um die technische Kompetenz der deutschen Unternehmen durch Wissenskompetenz zu ergänzen“, fordert Daub. „In einer Wirtschaft, die stark auf Qualitätsführerschaft abzielt, ist das der logische nächste Schritt.“

GQ Empfiehlt