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Problem Solver: Das Ende des Schlüsselbunds ist nah

von Katharina Nickel
Ein gutes Produkt löst ein großes Problem, lautet eine Startup-Weisheit. WIRED stellt Unternehmen, Menschen und Ideen vor, die diesem Grundsatz folgen, Problem Solver eben. Diesmal: KIWI will den herkömmlichen Schlüssel revolutionieren. 

Das Problem? Ist ganz alltäglich. Ein Mieter meldet sich bei der Hausverwaltung, weil er seinen Schlüssel verloren hat. Was zunächst wie eine Kleinigkeit wirken mag, kann gravierende Folgen haben. Denn im Falle eines Einbruchs übernimmt die Versicherung in diesem Fall den Schaden nicht. Deshalb muss schnellstmöglich die Schließanlage ausgetauscht werden, eine aufwändige und vor allem kostspielige Angelegenheit. Allein in einer Immobilie mit zehn Wohnungen kann ein Schließanlagentyp der niedrigen Sicherheitsstufe bis zu 700 Euro kosten. Auf Seiten der Vermieter kommen aufwendige Schlüsselübergaben und –protokolle sowie der Verwaltungsaufwand hinzu.

Auch eine zweite Situation ist jedem Mieter und Vermieter vertraut: Das ständige Kommen und Gehen von Nachbarn und Dienstleistern im Haus. Während der Hausmeister mit seinem riesigen Schlüsselbund hantiert, klingelt der Postbote mal wieder, um ein Päckchen für den Nachbarn im fünften Stock abzugeben – eine ebenso ineffiziente wie leidige Sache.

Die Lösung? Ein smartes Netzwerk, das den herkömmlichen Schlüssel revolutionieren soll. KIWI, das Unternehmen dahinter, bezeichnet sein Produkt als Schnittstelle zwischen Smart City und Smart Home. Eine verschlüsselte Kommunikation zwischen einem elektronischen Schlüssel und dem Türsensor soll ein „freihändiges“ Türöffnen ermöglichen.

Das Minimal Viable Product ist dabei ein elektronischer Schlüssel namens KIWI Ki. Dieses viereckige Modul ist so klein, dass es in die Hosentasche passt. Mit ihm und einem KIWI-Türsensor, der hinter dem Klingelschild montiert wird, lassen sich Türen digital entriegeln. Der Türsensor erkennt den registrierten Ki automatisch und öffnet aus einer Entfernung von bis zu drei Metern das Schloss über den Türsummer.

Smart Entry nennt das Unternehmen diese Technologie. Zusätzlich bietet es den KIWI Klick an, der mit einem Knopf die manuelle Türöffnung ermöglicht. Zuletzt brachte es im Dezember diesen Jahres ein Smart Lock auf den Markt. Es verschließt innenliegende Türen, etwa zu Kellern, Heizungs- und Wohnräumen.

Bewohner können den Schlüssel also ebenso nutzen wie Vermieter, Dienstleister, Notdienste, die Feuerwehr. Auch Menschen mit Behinderung kann das berührungslose Türöffnen und -schließen ihren Alltag erleichtern. Für Hausmeister und Dienstleister bedeutet das eine Erleichterung, weil sie nicht mehr riesige Schlüsselbunde bei sich tragen müssen, sondern nur noch den smarten KIWI Ki. Vermieter können ihre Mitarbeiter und Lieferanten leichter ins Haus lassen.

Die KIWI-Technologie soll außerdem sicherer sein als herkömmliche Schlösser. Webanwendungen dienen der Verwaltung des smarten Netzwerks. Online können etwa Zutrittsberechtigungen für bestimmte Personen vergeben und wieder entzogen werden. Bei Verlust des Kis, kann der Nutzer über die App oder das Portal eine Sperrung in Echtzeit vornehmen. Der potenzielle Finder des Schlüssels kann dann keinen Schaden anrichten, so das Versprechen des Unternehmens.

In der App können außerdem – per Wisch – mehrere Türen geöffnet werden. Apple-Watch-User entriegeln sie mit einem Tap aufs Handgelenk. 

Wer steckt dahinter? KIWI ist ein Startup mit Sitz in Berlin. Gegründet wurde es bereits im Februar 2012 von Claudia Nagel, Christian Bogatu und Peter Dietrich. Nagel hat unter anderem Firmen aus der IT- und Sicherheitsbranche beraten. Bogatu war ebenfalls als Unternehmensberater tätig und ist Mitgründer des Sicherheits- und Logistikkonzerns Kirsen Global Security. Dietrich wiederum ist Jurist. Nagel und Bogatu führen das Unternehmen gemeinsam mit startup-erfahrenen Unternehmensberater Karsten Nölling. 

Wer glaubt daran? Die Entwicklung der KIWI-Technologien wird von einem Programm der Investitionsbank Berlin (IBB) gefördert, das auf Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) beruht. Als Partner konnte das Startup außerdem bereits die Deutsche E-Post gewinnen. Laut eigenen Angaben nutzt die Post das KIWI-Türzugangssystem bereits in 21 Zustellbezirken in der Briefzustellung. Daneben sind die Allianz, die Deutsche Telekom, das Smart-Home-System innogy und der Elektronikdienstleister Conrad als Partner dabei.

Aber braucht man das wirklich? KIWI zielt mit seinem Geschäftsmodell direkt auf die digitale Immobilienwirtschaft ab, in der mobile Technologien für Smart Homes, in Form von Clouds auch weiterhin Umwälzungen herbeiführen werden. Auf den ersten Blick schafft es das Berliner Startup immerhin, am Ende dieses Marktes anzusetzen und damit eine der grundlegendsten Sachen der Branche effizienter zu gestalten: das Türöffnen. Das ist gut gedacht und für viele Menschen relevant.

Allerdings sind Smart Locks dieser Art keine neue Erfindung. Kein Wunder also, dass die KIWI-Entwickler derzeit testen, welches System mit dem KIWI-Netzwerk zusammenpasst, um mögliche Partnerschaften eingehen zu können. Das wäre für einen Wettbewerbsvorteil auch sinnvoll.

Im Zuge dessen muss es KIWI schaffen, das Thema Datenschutz transparent zu machen. Laut eigenen Angaben werden keine Nutzerprofile erstellt. „Kiwi wurde so entwickelt, dass zu keiner Zeit eine Zuordnung möglich ist, wer wann welche Tür geöffnet hat“, heißt es auf der Website des Unternehmens. Doch wie sicher ist das wirklich? Erst kürzlich hat Facebook gezeigt, was mit Nutzerdaten passieren kann, wenn sich zwei Tech-Unternehmen zusammentun. Darauf sollte KIWI in den Partnerschaften achten.

Zuletzt ist die Technologie relativ kostspielig. Ein Smart Entry fängt bei 2500 Euro an, einen Smart Lock gibt es ab knapp 600 Euro. Immerhin sind in den Applications KIWI Ki und KIWI Klick für 21 Euro die Apps und das Portal inklusive.

Wie geht es weiter? Neben möglichen Partnerschaften mit anderen Unternehmen, plant KIWI zunächst eine Android-App, die ab Anfang 2017 verfügbar sein wird. Ist die Technologie weiterhin erfolgreich, könnte es seine Produktpalette auf andere Dienstleistungen ausweiten, etwa für den privaten Haushalt oder die Gastronomie. 

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