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Mit dieser App geht das Mittagessen auf den Chef

von Juliane Görsch
Ein gutes Produkt löst ein großes Problem, lautet eine Startup-Weisheit. WIRED stellt regelmäßig Unternehmen, Menschen und Ideen vor, die diesem Grundsatz folgen – Problem Solver eben. Diesmal: Die App Lunchit ist eine digitale Essensmarke, mit der das Mittagessen auf den Chef geht.

Das Problem?
Augenscheinlich: Die meiste Zeit der Woche verbringen wir auf der Arbeit. Den einzigen freien Teil des Tages bietet den Meisten das Mittagessen – ob als Brötchen zwischen Tür und Angel oder ausgiebiger Lunch mit den Kollegen. Mit dem Mittagessen lassen sich glückliche Mitarbeiter heranziehen. Kein Wunder, dass es zu den beliebtesten Zusatzleistungen gehört. Eine Untersuchung von 500 deutschen Unternehmen hat 2015 ergeben, dass fast die Hälfte aller Firmen Mittagessen bezuschusst. Damit steht Lunch auf Platz 3 der beliebtesten Extras.

In der Regel ist das allerdings mit viel Papierkram verbunden. Essensmarken aus Papier wirken oft wie von Gestern, und sie sind unpraktisch. Die Papierschnipsel gehen verloren, verfallen und werden nur in kooperierenden Restaurants und Imbissen angenommen. Wer als Arbeitgeber seinen Mitarbeitern trotzdem das Mittagessen spendieren will, kommt um einen hohen Verwaltungsaufwand scheinbar nicht herum.

Die Lösung?
Eine App, die den gesamten Prozess digitalisiert und automatisiert. Lunchit ist quasi eine digitale Essensmarke, die – so das Versprechen – überall eingelöst werden kann und kaum Verwaltungsaufwand bedeutet. „Wir wollten damit das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis befeuern,” beschreibt Gründer Florian Gottschaller die Idee gegenüber WIRED. Die bisherige Praxis stamme noch aus den 70er Jahren. „Wir wollten aus der Zettelwirtschaft eine Appwirtschaft machen,” so Gottschaller.

Der Trick dabei ist eine Steuerregelung, die Arbeitgeber mit Rabattmarken aus Papier oft nicht ausnutzen. Das Geld, das sie erstatten, binden sie an Essensmarken, die sie ausgeben, und die oft verloren gehen. Sie dürfen Essensgeld aber auch pauschal 6,27 Euro steuerfrei erstatten. Hier kommt die App ins Spiel: Der Mitarbeiter isst und bezahlt sein Mittagessen, wo es ihm gefällt und muss nur den Beleg mit der App abfotografieren. Diese analysiert den Bon und weiß automatisch, wann und wo der Arbeitnehmer wie viel Geld an Mittagessen ausgegeben hat. Die App bündelt alle Belege der Mitarbeiter und schickt am Monatsende eine Abrechnungsdatei an die Buchhaltung des Unternehmens. Der Arbeitgeber kann den Erstattungsbetrag ganz einfach mit der nächsten Gehaltsabrechnung überweisen. Jährlich können dabei über 1000 Euro mehr Nettolohn herausspringen.

Wer steckt dahinter?
Das Startup Spendit, das 2014 von Florian Gottschaller gegründet wurde. Der studierte Betriebswirt war lange Zeit Investmentbanker und Spezialist für hochspekulative Derivate. Doch 2008 kam die Finanzkrise und Gottschaller nutzte das als Chance, um etwas ganz Neues zu beginnen. Im komplizierten Steuerrecht fanden er und Geschäftspartner Ralph Meyer ihr Geschäftsmodell. Dieses sieht nämlich vor, dass Mitarbeiter jeden Monat steuerfreie Sachleistungen erhalten können.

Das erste Produkt war eine Kreditkarte, die alle steuerlich zulässigen Gutscheine in einer Karte vereint. Mehrere Jahre dauerte es, bis das Finanzministerium seine Zustimmung gab. Die App Lunchit gibt es nun seit Juni 2016 und bisher wurden insgesamt schon über 90.000 Euro erstattet.

Aber braucht man das wirklich?
Mittagessen muss jeder. Jeden Tag. Das Smartphone ist bei den Meisten ebenfalls täglicher Begleiter. Vor dem Essen ein Schnappschuss für Instagram, nach dem Essen den Bon für Lunchit fotografieren – eine große Gewöhnung an die Technik ist nicht zu erwarten. Lunchit bietet also tatsächlich einen finanziellen Anreiz mit wirklich wenig Aufwand. Die einzige Schwierigkeit kann sich ergeben, wenn der Kassenbon zerknittert ist oder der Untergrund zu hell ist. Dann erkennt die Software den Bon unter Umständen schlecht. Im WIRED-Test mussten wir die leicht geknickten Zettel tatsächlich noch nachkorrigieren, noch ältere Papierfetzen wurden gar nicht erkannt. Wenn man aber nur etwas sorgsamer mit seinen geldwerten Bons umgeht, ist die Bedienung ein Kinderspiel

Lunchit ist nur eins von mehreren Startups, die auf den Markt drängen, um uns die verschiedensten Alltagsprobleme abzunehmen oder zumindest erträglicher zu machen. Wenn man schon einmal dabei ist, Apps zur Beschaffung und Vergünstigung von Essen zu nutzen, kann man sein Abendessen auch gleich umweltschonend mit der App MealSaver besorgen und einen symbolischen Teil des Essens mit der App ShareTheMeal an das UN World Food Programme spenden.

Wie geht es weiter? 
Laut Gottschaller konnten sich innerhalb von sechs Monaten schon 1.100 deutsche und österreichische Firmen für den Service begeistern. In Zukunft, so Gottschaller, wird es eine Funktion geben, mit der man sich Speisekarten anschauen kann und sich über die App mit Freunden zum Mittagsessen verabreden kann. Potenzial für Lunchit sieht der 41-Jährige auch in weiteren Ländern. Hier sei zwar noch nichts geplant, interessant seien aber Italien, Frankreich und Belgien.

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