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Plötzlich ist Lidl beim E-Commerce das Maß der Dinge

von Thorsten Mumme / Gründerszene
In der deutschen E-Food-Landschaft ist Lidl nicht präsent. Dennoch plant der Discounter, 2018 eine Milliarde Euro online umzusetzen. Wo kommt das Geld her?

Eigentlich gilt Lidl als Musterbeispiel dafür, wie sträflich die deutschen Discounter die Digitalisierung vernachlässigen. Experimente wie Click & Collect wurden wieder eingestampft, das neue kassenlose Supermarktsystem Lidl Express kurz vor der geplanten Eröffnung gestrichen. Als der Discounter im November fast alle Lebensmittel aus seinem Online-Shop nahm, schien das Bild des rückwärtsgewandten Discounters perfekt.

Doch still und heimlich hat Lidl sein E-Commerce-Geschäft massiv gesteigert – und plant in diesem Jahr, damit eine Milliarden Euro umzusetzen, wie das Handelsblattberichtet. „Die Relevanz des E-Commerce für Lidl steigt“, sagt Thorsten Reichle, der seit dem vergangenen Jahr neuer Digitalchef des Unternehmens ist. „Im abgelaufenen Geschäftsjahr sind wir, im Vergleich zum Vorjahr, mehr als 50 Prozent gewachsen – und dieses Wachstum wollen wir fortführen.“ Der Digital-Umsatz soll zuletzt bei rund 750 Millionen Euro gelegen haben.

Dass dieses Wachstum bislang weitgehend unter dem Radar geblieben ist, hat zwei wesentliche Gründe. Zum einen ist die Entwicklung nahezu ausschließlich auf Geschäfte im Ausland zurückzuführen, zum anderen wird der Umsatz kaum mit frischen Lebensmitteln erwirtschaftet. In den USA etwa arbeitet Lidl mit dem Liefer-Startup Shipt zusammen, das Liefergebiet wurde zuletzt erweitert. In Polen hat Lidl einen Wein-Onlinehandel gelauncht. Für Europa soll ein weiterer Ausbau des Non-Food-Geschäfts in Planung sein. So hat der Discounter Ende 2017 den insolventen Reiseveranstalter JD Touristik übernommen, auch Blumen oder Foto-Dienstleistungen will Lidl Berichten zufolge verstärkt anbieten.

Außerhalb Deutschlands plant Lidl zudem eine neue App. „Lidl Plus“ bietet mehr Funktionen als die bisherige App, neu sind etwa spezielle Rabatte und ein elektronischer Kassenbon. Bald sollen Kunden damit auch bezahlen können. Nach einer Testphase in Spanien soll die App bald flächendeckend in Österreich gelauncht werden. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Retail RNG ist Lidl im Vergleich zu seinen Wettbewerbern auf dem E-Commerce-Markt in den USA allerdings noch viel zu zurückhaltend. Konkurrent Aldi Süd kündigte gestern an, seine Kooperation mit dem Lieferservice Instacart auszubauen.

Eine Milliarde Euro Online-Umsatz sind freilich noch immer ein relativ kleiner Anteil am Gesamtumsatz des Discounters – der lag im Geschäftsjahr 2016/17 bei rund 70 Milliarden Euro. Doch im Vergleich zu Lidls Konkurrenten in Deutschland scheint diese Zahl ein sehr guter Wert zu sein. Aldi ist online in deutlich weniger Märkten aktiv, Penny bietet online nur ein sehr eingeschränktes Sortiment an und auch Netto ist weit weniger stark vertreten. Die Supermärkte Rewe und Edeka kämpfen bei ihren Lieferangeboten ebenfalls mit großen Schwierigkeiten.

Wie ambitioniert Lidl beim Non-Food-Geschäft ist, zeigte zuletzt auch eine Marketing-Aktion. Der Discounter konnte Heidi Klum bereits zum wiederholten Mal dafür gewinnen, eine eigene Kollektion für Lidl zu entwerfen. Seit Anfang März sind die Kleidungsstücke erhältlich, viele davon nur im Online-Shop. Derartige Aktionen scheinen Erfolg zu haben. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge wird Lidl in Deutschland als die Marke mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis gesehen.

Gründerszene

Dieser Artikel erschien zuerst bei Gründerszene
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