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Ein Teenager lässt uns spenden — ohne, dass wir bezahlen müssen

von Max Biederbeck
Spenden durchs Berieseln lassen. Das ist der Ansatz eines Pariser Startups und seines 19-jährigen Gründers. Wer kein Geld für den guten Zweck geben kann oder will, soll stattdessen einige Minuten seiner Zeit opfern — und fernsehen. Die Idee ist der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Heute kommt Goodeed auch in Deutschland auf den Markt. Es ist das Produkt eines Teenagers, der für eine fixe Idee alles andere aufgeben hat.

Vincent Touboul Flachaire rumpelt durch sein Büro und stoppt immer wieder abrupt an einigen Tischen. „Das sind unsere Developer“, plappert er begeistert, „dort drüben managen wir unsere Einnahmen, ach und hier haben wir eine extra Sitzecke!“ Der 19-Jährige zerrt in wenigen Minuten einen Mitarbeiter nach dem anderen von seinem Platz, um ihn vorzustellen. Der kleine Raum in der Nähe des Louvre in Paris wirkt dadurch schnell wie ein aufgescheuchtes Klassenzimmer. In Wirklichkeit aber ist er das Head Quarter eines brummenden Social-Business-Startups — und Touboul Flachaire ist der CEO. Auf blauem Hintergrund prangt der Name seines Unternehmens an der Wand. „Goodeed“ steht da in einer Mischung aus Google und Facebook-Schriftzug. Sie alle hier haben einen großen Plan: Unsere Spendenkultur und damit die Arbeit von NGOs weltweit aufzumischen.

Zwölf Mitarbeiter hat Touboul Flachaire. Nach einem Jahr Erfolgsgeschichte in Frankreich launchen sie Goodeed heute auch in Deutschland, Großbritannien und den USA. Bisher spenden auf der Seite des Unternehmens im Monat rund 60.000 User für die gute Sache, ohne nur einen einzigen Cent ausgeben zu müssen. 50.000 Euro hat die Firma seit ihrer Gründung gesammelt. Das Geld geht an große NGOs wie UNICEF, das UN World Food Programme, den WWF oder WeForest. „Wir haben uns nur die Schwergewichte als Kunden ausgesucht, damit die User immer nachvollziehen können, wo das Geld hingeht“, erklärt Touboul Flachaire.

Seine Idee ist einfach: Die Besucher der Goodeed-Website schauen sich Werbung an und bezahlen so indirekt für ein bestimmtes Hilfsprojekt. „Werbegelder in Spenden umsetzen“, heißt das Prinzip des Startups. In Frankreich etwa kauften im vergangenen Jahren 15 Unternehmen Werbeplätze bei Goodeed ein. Darunter die Dating-App „Happn“ oder der französische Supermarktriese „Carrefour“. Letzterer hat extra Werbefilme drehen lassen, die zum Ansatz von Goodeed passen. Sie sollen die User zum Wiederkommen anregen. In Deutschland soll etwa Werbung von Volkswagen, Aldi oder Allianz gezeigt werden.

„Die Unternehmen bekommen ihre Werbung, nur dass die Gelder nicht in private Geldbeutel, sondern in soziale Projekte fließen“, sagt Touboul Flachaire. Einmal pro Woche stelle seine Website neben den großen NGOs auch ein kleineres Projekt auf die Seite, das ab einem gewissen Spenden- bzw. Werbezeit-Aufkommen finanziert wird. „Ähnlich einem Kickstarter-Projekt“, wie der 19-Jährige sagt. Die unternehmerischen Vorbilder für Goodeed, sie sind klar.

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Die eigens aufgebaute PR-Abteilung seiner Firma zählt die entstehenden Spenden lieber in Mengenangaben auf: 200.000 Mahlzeiten für Kinder in Kenia, 100.000 Bäume in Burkina Faso und Äthiopien, 50.000 Liter Trinkwasser in Sierra Leone. Message: Wir bewegen was. Die dahinter stehende Business-Idee hatte Touboul Flachaire bereits mit 17 durch eine Kombination aus alter und neuer Welt.

Nach Adblock dachte ich, warum den Unternehmen nicht die Möglichkeit geben, wieder zu werben?

Vincent Touboul Flachaire

Die alte Welt kam in Form eines Weihnachtsgeschenks. Ein (gedrucktes) Buch des Nobelpreisgewinners Muhammad Yunus, der den jungen Pariser mit seinem Ansatz der Micro-Kredite in die Welt der Social Businesses einführte. Also der Unternehmen, die nicht nur Geld für sich verdienen wollen, sondern auch für den guten Zweck. Die neue Welt auf der anderen Seite hieß Adblock, das beliebte Browser-Addon, das jegliche Werbung von besuchten Websites tilgt. „Ich habe in einem Film gesehen, dass in der Werbeindustrie hunderte Milliarden Dollar stecken und dachte, warum den Unternehmen nicht die Möglichkeit geben, sich zurück in die Browser einzukaufen“, so Touboul Flachaire.

Er war so überzeugt von seiner Idee, dass er die Schule schmiss, ein einfaches YouTube-Video drehte und damit versuchte, Eltern, Freunde und natürlich Investoren von seiner Idee zu überzeugen. Und tatsächlich, auf einem Pariser Startup-Wettbewerb gewann er 5000 Dollar und die ersten Angel-Investoren wurden auf ihn aufmerksam. Goodeed, eine fixe Idee, begann zu wachsen.

Und setzt jetzt zum Sprung auf die Welt an. Angst, dass die werbenden Unternehmen Touboul Flachaires Ansatz als Greenwashing-Plattform ausnutzen könnten, um sich selbst ein gutes Image zu verpassen, hat er nicht: „Wir arbeiten eng mit NGOs wie Unicef zusammen. Die geben uns Listen mit Firmen, die bei uns dann keine Werbung schalten dürfen.“ Außerdem solle das Angebot seiner Seite von einfachen Werbefilmen zum Multimedia-Angebot ausgebaut werden. Die Besucher könnten zum Beispiel Fragen zu ihrem Konsumverhalten beantworten, anstatt einen Spot zu sehen.

Sobald das Seed Kapital seiner Investoren ausläuft, will der 19-Jährige sein Ertragsmodell von 100 auf 80 Prozent der Gewinne für die NGOs und 20 Prozent für Goodeed selbst umstellen. Dann wird sich schnell zeigen, ob User den neuen Spendenansatz wirklich annehmen werden und ob Goodeed zum Kickstarter der Social Startups wird.

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