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Warum Microsoft keine eigenen autonomen Autos baut

von Domenika Ahlrichs
Kooperation statt Konkurrenz: Was vielen Unternehmen früher undenkbar schien, ist in Zeiten rasanter technologischer Entwicklung überlebensnotwendig. Davon profitiert auch Microsoft, das gerade den Kulturwandel vom Tech-Anbieter zum Plattform-Service vollzieht.

Als Satya Nadella 2014 Microsofts neuer CEO wurde, steckte das Unternehmen in einem der größten Veränderungsprozesse seit seiner Gründung. Nadella beschleunigte ihn. „Sein Ziel ist es, dass wir den Kunden ins Zentrum stellen. Microsoft war lange Zeit technologiegetrieben und wenigerstark auf seine Nutzer fokussiert“, sagt Çağlayan Arkan, General Manager Worldwide Manufacturing & Resources und IoT-Chef des Windows-Konzerns. Doch das ändere sich gerade. „Sich auf Kundenbedürfnisse zu konzentrieren bedeutet, herauszubekommen, was genau die Nutzer benötigen. Das wussten wir bisher nicht“, erklärt Arkan im Gespräch mit WIRED Germany.

Radikal änderte Nadella, und mit ihm die gesamte Belegschaft, das Kerngeschäft: Weg vom rein technischen Dienst eines Betriebssystems für alle hin zu Dienstleistung und Austausch – zu Cloud-Services und Plattformen. Microsoft begann wieder zu wachsen, nachdem die Zahlen lange stagniert hatten und das Tech-Unternehmen sich von anderen Größen aus dem Silicon Valley überholen lassen musste.

Arkan umschreibt das neue Microsoft so: „Wir verändern uns und gleichzeitig andere, indem wir Partnerschaften anbieten. Wir sagen: ‚Wir wollen dazulernen, und wenn ihr mitmachen wollt, schaffen wir die beste Plattform dafür.‘“ Eine solche „beste Plattform“ ist laut Arkan die erst kürzlich gestartete Connected Vehicle Platform, mit der Microsoft Automobilhersteller bei der Entwicklung vernetzter Fahrzeuge unterstützt. Grundlage für die dort angebotenen Dienste und Werkzeuge ist die Cloud-Plattform Microsoft Azure. Sie bietet Autofirmen die Möglichkeit, mit Hilfe von Big Data und Machine Learning das vernetzte Fahren zu entwickeln.

Die Automobilbranche müsse derzeit eine Umbruchphase gestalten, die radikales Neudenken verlange, sagt Arkan: „Sie muss sich wandeln von einer Autobauer-Kultur hin zu Mobilitäts-Services. Es geht nicht mehr nur darum, Autos zu verkaufen. Autonomes Fahren und Carsharing sind nur zwei von vielen Entwicklungen, die die Autobranche für immer verändern.“

Die Connected Vehicle Plattform stehe unter dem Motto „ermögliche und ermächtige“, so der Microsoft-Manager. „Entsprechend haben wir die Autohersteller gebeten zu definieren, welche Erlebnisse sie ihren Kunden bieten möchten, welche neuen Services sie planen und wie ihr Engagement, ihre eigene Marke und deren Versprechen unterstützt. Wir setzen dann genau da an. Jede Marke hat dann für sich ihre eigene Strategie.“

Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg, die eigene digitale Reise zu beginnen

Çağlayan Arkan, IoT-Chef von Microsoft

Vor kurzem wurde bekannt, dass Toyota und Microsoft bei der Entwicklung vernetzter Autos kooperieren: Unter dem Namen Toyota Connected soll es um die gesamte Palette der technologischen Weiterentwicklung gehen, um In-Car-Services, das Internet der Dinge, Sicherheit und Datenaustausch. Microsoft-Entwickler werden am Toyota-Standort im texanischen Plano an entsprechenden Projekten arbeiten. Die Kooperation gilt als der bisher größte Erfolg für Microsoft als Dienstleister für den digitalen Wandel in der Autobranche.

Es gibt weitere Partnerschaften: Microsoft und Renault-Nissan entwickeln Fahrzeuge, die mit Connected-Vehicle-Technik ausgestattet sind. Und Volvo plant, Skype for Business in Fahrzeuge der Volvo-90er-Serie zu integrieren. Und BMW arbeitet mit Microsoft an einem Mobilitätsassistenten: BMW Connected will Microsofts KI-Assitentin Cortana ins Auto integrieren.

Gegenüber WIRED Germany betont Arkan: „Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg, die eigene digitale Reise zu beginnen. Wichtig ist jedoch: Man muss damit sofort beginnen.“ Microsoft sehe seine Chance darin, als global agierendes, weltbekanntes Tech-Unternehmen zum Treiber und Begleiter dieses Wandels zu werden. „Jeder benötigt Unterstützung, jeder will sich austauschen“, so Arkan. „Und je mehr Partnerschaften Microsoft verkündet, desto mehr Interessenten melden sich.“

Doch auch Microsoft habe längst nicht alle Antworten, sondern befinde sich selbst mitten im Veränderungsprozess. Das sei vielleicht die wichtigste Erkenntnis: Nur miteinander statt in Konkurrenz zueinander sei diese, wie es Arkan es nennt, „historische Phase“ gut zu bewältigen. „Im digitalen Zeitalter sollten alle ihre Kräfte bündeln und dadurch insgesamt stärker sein als die Summe ihrer Teile“, postuliert der Microsoft-IoT-Chef. 

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In diesem Sinne integriert Microsoft denn auch zum Beispiel Linux, Open Source, Open Stack, iOS und Android, alles konkurrierende Plattformen und Technologien. Natürlich diene Wettbewerb immer dazu, das eigene Produkt und letztlich das gesamte Unternehmen zu verbessern, sagt Arkan. Angesichts der aktuellen Herausforderungen für alle Branchen wäre es jedoch fahrlässig, nur auf sich selbst fokussiert zu arbeiten.

Ausgerechnet die traditionell stark rivalisierenden Großen der Automobilbranche kommen ohne die konsequente und offene Zusammenarbeit mit Tech-Unternehmen also nicht mehr weiter. Während Unternehmen wie Google an eigenen Connected Cars arbeiten, nutzt Microsoft den großen Bedarf der Autohersteller an Unterstützung für sich. Die Connected Vehicle Platform sei eine „agile, lebendige“ Austausch- und Servicemöglichkeit, sagt Arkan. Gefragt danach, wie Microsoft selbst denn seine Mitarbeiter mitziehen und von der neuen Identität des Unternehmens überzeugen wolle, spricht der Manager von „Magie“ – um dann hinzuzufügen: „Wir sind noch längst nicht am Ziel. Aber es gibt keine Alternative.“

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