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„Bis der Markt austrocknet“: Intel erklärt, wie es seine Zulieferkette bis 2016 von Konflikt-Ressourcen befreien will

von Max Biederbeck
Intel will bis zum Jahr 2016 keine sogenannte Konflikt-Ressourcen mehr in seinen Produkten verwenden. Dabei geht es dem Unternehmen vor allem um Seltene Erden und wertvolle Rohstoffe wie Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold.

In der ersten Welt bilden diese Metalle die Grundlage für Hightech: für Bildschirme, Smartphones oder Solarkraftanlagen. In schwachen Staaten wie der Demokratischen Republik Kongo (DRC) finanzieren sich Warlords und Guerillagruppen durch sie ihren Krieg gegen Staat und Bevölkerung.

Intel hat bereits beim Thema Computerchips eine Vorreiterrolle im Kampf gegen die „Blut-Ressourcen“ eingenommen. Gary Niekirk, Director of Corporate Responsibility sprach mit uns darüber, wie das funktionieren hat, und wie es nun auch bei Intels restlicher Palette gelingen soll.

WIRED: Sie wollen Konflikt-Ressourcen in nur zwei Jahren aus ihren Produkten entfernen, das klingt ziemlich ambitioniert.
Gary Niekirk: Der Plan ist nur eine Fortsetzung. Er basiert auf den bereits erfolgreichen Bemühungen, unsere Computerchips zu überprüfen. Das wollen wir natürlich auf unsere anderen Produkte ausweiten, etwa auf SSD-Karten oder Ethernet- und WiFi-Produkte, bei denen wir bisher nicht nachweisen konnten, dass sie sauber sind.

Es gibt zehntausende Zulieferer. Es schien unmöglich, jeden davon zu überprüfen.

Gary Niekirk

WIRED: Aber müsste ein Unternehmen wie Intel seine Lieferkette nicht eigentlich von Anfang an unter Kontrolle haben?
Gary Niekirk: An einem bestimmten Punkt sind wir alle Verbraucher. Früher mussten wir nur wissen, wie rein das Tantulum ist und wie hochwertig. Wir haben damals nicht danach gefragt, wo es eigentlich herkommt. Es gab auch noch keine Möglichkeiten den Ursprung nachzuvollziehen. Als dann Nachrichten über die Probleme mit Seltenen Erden auftauchten, haben auch wir reagiert.

WIRED: Aber die Zulieferketten der Metalle sind nach wie vor undurchsichtig, die Kontrollmöglichkeiten in Staaten wie der DRC für Außenstehende beschränkt.
Niekirk: Das mag grundsätzlich stimmen, aber unser System funktioniert. Wir arbeiten schon seit einer ganzen Weile daran. Im Grunde greift es nur erst jetzt. Die Anweisung, unsere Zulieferketten zu überprüfen, kam bereits vor fünf Jahren. Damals wussten wir nur noch nicht, wie wir das bewerkstelligen sollten. Es gibt zehntausende Zulieferer. Es erschien nahezu unmöglich, jeden davon zu überprüfen und zu zertifizieren. Aber wir haben einen Flaschenhals gefunden, an dem wir ansetzen können – die Schmelzereien.

WIRED: Sie sind also einfach einen Schritt weg von den problematischen Minen gegangen, hin zum nächsten Glied der Kette?
Niekirk: Als wir uns zum ersten Mal mit der Anzahl an Schmelzereien beschäftigt haben, also mit den Orten, an denen aus dem Erz das eigentliche Metall gewonnen wird, wurde uns klar: Hey davon gibt es nur einige hundert, das können wir managen. Wir haben also angefangen, die Betriebe zu überprüfen und unsere Zulieferer nur noch zu den nachweisbar sauberen Schmelzern zu schicken.

Nach der Überprüfung wird schnell klar, woher eine Ressource kommt.

Gary Niekirk

WIRED: Aber die Metalle könnten doch trotzdem aus Konfliktregionen stammen, die Schmelzereien nehmen sie doch auch nur entgegen.
Niekirk: Erst einmal ist der Anteil der Erze aus riskanten Gegenden wie der DRC insgesamt recht klein. Bei Tantalum sind es etwa 20 Prozent. Wir schauen uns die Buchführung der Schmelzereien an, die Versand-Dokumente und wir schätzen die Mengen ab, die umgesetzt werden, fragen auch nach den Zulieferern. Dann wird schnell klar, ob Rohstoffe auch aus dem Kongo kommen.

WIRED: Und wenn das so ist?
Niekirk: Dann ist das kein Ausschlusskriteritum. Wir wollen konfliktfrei sein, nicht Kongo-frei. In einem solchen Fall müssen uns die Schmelzereien beweisen, dass die Materialien aus zertifizierten Minen stammen.

WIRED: Das Wort der Schmelzer reicht Ihnen?
Niekirk: Wir arbeiten mit den Landesbehörden und NGOs vor Ort zusammen, um die Kontrolldichte hoch zu halten. Dazu gehören Organisation wie Solutions for Hope oder die Conflict-free Tin Initiative.

WIRED: Aber der Markt für Warlords und Guerillagruppen bleibt doch daneben trotzdem bestehen.
Niekirk: Das ist die größte Herausforderung für uns. Es gibt in diesen Regionen einfach nicht genug Strukturen, um den sauberen Handel zu unterstützen. Trotz unserer Bemühungen finden sich genug Abnehmer und Anbieter, um Produkte aus Konfliktgebieten zu vermarkten. Ein Verifizierungs-System wie unseres gibt es in diesen Fällen nicht. Wahrscheinlich sind diese Rohstoffe auch noch günstiger, weil sie nicht durch den ganzen bürokratischen Apparat geschleust werden müssen.

All die Apples, Dells, HPs und Lenovos verlangen von uns, dass wir sauber produzieren.

Gary Niekirk

WIRED:Klingt nach einem Dilemma, weil die günstigen Verkäufer immer den Preis nach unten drücken, und die „guten Anbieter“ aus dem Rennen werfen.
Niekirk: Das Risiko besteht. Ich denke aber, dass mehr und mehr Unternehmen sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Das sieht man doch bereits an unseren Kunden. All die Apples, Dells, HPs und Lenovos. Die verlangen ja auch von uns, dass wir sauber produzieren. In der ganzen Elektronik-Industrie setzt sich langsam eine grenzübergreifende Erkenntnis durch, dass sowohl Kunden als auch Unternehmen Wert auf saubere Ressourcen legen. Deshalb gibt es ja auch in den USA mittlerweile den Dodd-Frank Act. Er zwingt Unternehmen, die Nutzung von Konflikt-Ressourcen offenzulegen. Auch in der EU ist ein solches Gesetz in Planung.

WIRED: Dennoch lagern Sie viel Verantwortung an Schmelzereien und NGOs aus und sagen ihnen: Wir wollen saubere Ressourcen, kümmert euch darum.
Niekirk: So sagen wir das sicher nicht. Natürlich wäre es der beste Weg, wenn sich die Regierungen der Länder um das Problem kümmern würden. Aber das funktioniert in Entwicklungsländern leider oft nicht. Wir versuchen deshalb, die Situation durch Marktbedingungen zu verbessern und benutzen unseren Einfluss, um „konfliktfreie“ Anbieter zu stärken. Die NGOs helfen uns dabei, weil wir natürlich nicht immer vor Ort sein können.

WIRED: Und so kann die Lage bis 2016 unter Kontrolle gebracht werden?
Niekirk: Für unsere Produkpalette haben wir das fest vor. Es wird Zeit brauchen, bis sich das Gesamtproblem verbessert. Aber es ist möglich. Die guten Händler bestärken, die schlechten wirtschaftlich schwächen. Das Geschäft mit Seltenen Erden für Warlords und Militante schwerer machen, bis es nicht mehr rentabel ist. Dann trocknet der Markt für Konflikt-Ressourcen aus. 

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