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Insider: So funktionieren Facebooks Löschungen in der Praxis

von WIRED Staff
Nicht einmal auf Anfrage des Bundesjustizministeriums gibt Facebook Auskunft über seine geheimen Löschregeln. Dem SZ Magazin ist jetzt nach monatelanger Recherche ein tiefer Einblick in die Arbeitswelt des Berliner Dienstleisters Arvato gelungen, der diese Löschungen im Auftrag des sozialen Netzwerks durchführt. Die Mitarbeiter berichten von enormen psychischen Belastungen.

600 Menschen arbeiten in Berlin daran, Bilder und Videos zu löschen, die nicht den Facebook-Standards entsprechen. Seit Herbst 2015 ist dafür die Bertelsmann-Firma Arvato zuständig, mit deren ehemaligen und aktuellen Mitarbeitern die Journalisten des Süddeutsche Zeitung Magazins gesprochen haben. Grundtenor ist dabei, dass die Regeln zur Löschung von Inhalten vor allem unübersichtlich und teils nur schwer nachvollziehbar sind – und sich der schlecht bezahlte Job stark auf die Psyche der Mitarbeiter auswirkt.

Einsteiger in den Job müssen rund 2000 Beiträge pro Tag auf ihre Regeltreue überprüfen. Dabei müssen Regeln umgesetzt werden, die sich zum Beispiel auf die Kombination von Text und Bild beziehen oder darauf, welche Wörter genau als Löschgrund gelten und welche nicht. Mitarbeiter mit einer höheren Position überprüfen auch Videos, bei denen Sie für ihre Entscheidungsfindung nur jeweils etwa acht Sekunden Zeit haben.

Die Arbeit an einem Fließband aus Kinderpornografie, Folter, Morden und anderen, von Nutzern als regelwidrig markierten Inhalten, geht an den Mitarbeitern nicht spurlos vorüber. Die anonymen Quellen des Magazins sprechen von Zweifeln an der Menschheit, Auswirkungen auf ihr Liebesleben und die unzureichende Betreuung, etwa durch professionelle Helfer.

Die Mitarbeiter in Berlin arbeiten unter anderem in Teams für die Sprachen Deutsch, Arabisch, Türkisch, Italienisch und Französisch. Bisher wollten sich weder Arvato noch Facebook zu den Vorgängen und Arbeitsbedingungen äußern. Der SZ ist damit allerdings ein einzigartiger Einblick in die inneren Strukturen von Facebook und einem seiner Dienstleister gelungen, der vermutlich noch ein Nachspiel haben wird.

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