Über die Arbeitsbedingungen beim großen Online-Versandhändler Amazon haben Medien in den vergangenen Jahren immer wieder berichtet. Selten war der Anlass positiv. Etwa recherchierte die New York Times, dass das Unternehmen seine Mitarbeiter bis zu 80 Stunden in der Woche arbeiten lasse und die Zahl der Urlaubstage klein halte. Nun versucht Amazon offenbar sein Image zu verbessern und will in den USA mit der 30-Stunden-Woche experimentieren.
Wie die Washington Post berichtet, soll eine kleine Gruppe von rund einem Dutzend speziell ausgewählter Mitarbeiter nur noch 30 Stunden pro Woche arbeiten. Dafür gibt es dann aber auch nur noch 75 Prozent des Gehalts einer Vollzeitkraft. Alle weiteren Vergünstigungen, die sonst nur Vollzeitkräften zustehen, sollen die Mitarbeiter aber trotzdem erhalten.
Testen will Amazon das neue Arbeitszeitmodell, das Kernarbeitszeiten von Montag bis Donnerstag von 10 bis 14 Uhr vorsieht, erstmals an ganzen Teams aus dem Technologiebereich. Das heißt, auch die Manager sollen künftig lediglich 30 Stunden im Büro sein. Das unterscheidet dieses Modell von früheren reduzierten Arbeitszeiten (zu reduziertem Lohn) bei Amazon-Mitarbeitern: Wenn testweise ein komplettes Team inklusive Führungsebene weniger arbeitet, können die Ergebnisse etwas über die Möglichkeit grundsätzlicher Veränderungen aussagen.
Amazon ist nicht der erste Konzern, der kürzere Arbeitszeiten einführt. Auch andere — allerdings hauptsächlich kleinere — Firmen weichen allmählich die traditionelle Arbeitswoche auf — mit guten Ergebnissen. Der Tech-Konzern Treehouse, bei dem man das Programmieren online erlernen kann, ist bereits 2006 zu einer 32-Stunden-Woche übergegangen und die Angestellten seien dadurch glücklicher und produktiver geworden, so Firmenchef Ryan Carson. Er sagte „The Atlantic“, dass eine 40-Stunden-Woche beinahe schon unmenschlich sei.
Der mexikanische Milliardär Carlos Slim (76) findet sogar, dass Menschen weniger als 30 Stunden pro Woche arbeiten sollten. Seiner Meinung nach würde eine 4-Tage-Woche den Angestellten die Möglichkeit geben, in der Gegenwart zu leben, anstatt alles auf die Zeit der Rente zu schieben, wenn man für vieles möglicherweise schon zu alt ist.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Business Insider.