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Schlechte Nachrichten für Werber: Sex Sells ist ein Mythos

von Moritz Geier
Sex doesn’t sell! Werbemacher und Marketing-Experten müssen offenbar einen Grundsatz ihrer Branche überdenken. Wissenschaftler behaupten nämlich: Bei Sex und Gewalt in der Werbung konzentrieren sich die Betrachter so stark auf den Inhalt, dass die Werbebotschaft flöten geht.

Reklame mit Sex und nackter Haut — das zieht. Nichts schien für die Werbeindustrie so maßgeblich wie die altgediente Weisheit Sex sells. Jetzt rüttelt die Wissenschaft an der Denkweise der Branche: Forscher haben in einer Analyse von insgesamt 53 verschiedenen Experimenten und Studien herausgefunden, dass Sex und Gewalt in der Werbung nicht dabei helfen, Produkte zu vermarkten und zu verkaufen. Sogar das Gegenteil soll der Fall sein: Sie schaden dem Werber.

Die Wissenschaftler analysierten Ergebnisse aus  53 verschiedenen Studien.

Der Grund sei nicht, dass Menschen Sex und Gewalt keine Aufmerksamkeit schenkten, sagt Brad Bushman, Psychologe und Kommunikationswissenschaftler von der Ohio State University. „Menschen konzentrieren sich so stark auf die sexuellen Inhalte in den Medien, dass sie die eigentliche Werbebotschaft weniger beachten.“ Zusammen mit seinem Kollegen Robert Lull veröffentlichte Bushman seine Erkenntnisse in der Fachzeitschrift Psychological Bulletin.

Die beiden Wissenschaftler analysierten die Ergebnisse von insgesamt 53 verschiedenen Studien aus über 44 Jahren, an denen etwa 8.500 Menschen beteiligt waren. Alle Experimente kreisten um die Frage, ob sexuelle Medieninhalte sowie Gewaltdarstellungen in der Werbung helfen, Produkte zu verkaufen. Verschiedene Medien wie TV, Print, Filme und sogar Videospiele wurden bei den Studien berücksichtigt. Bei manchen Experimenten waren Sex und Gewalt nicht Inhalt der Werbung selbst, sondern Inhalt der Medien, in denen die Anzeigen geschaltet wurden. 

Probanden waren Marken mit gewalttätiger und sexualisierender Werbung gegenüber negativer eingestellt.

Alles in allem ergab sich daraus folgendes Gesamtbild für Bushman und Lull: Probanden waren den Marken gegenüber negativer eingestellt, deren Werbung in Medien eingebettet war, die Sex und Gewalt zum Inhalt hatten. Auch konnten sich die Probanden die Marken in diesem Fall schlechter einprägen.

Letzteres scheint nicht der Fall zu sein für Anzeigen, die Sex und Gewalt selbst beinhalten. Die Einstellung gegenüber Marken mit derartiger Werbung sei allerdings negativ. Deutlich positiver falle sie aus, wenn die gleiche Marke auf neutrale Werbeanzeigen setze, berichten die Wissenschaftler in der Studie. Sex schneide dabei noch besser ab als Gewalt. Auf die Kaufbereitschaft hatte Werbung mit Sex und Gewaltinhalten keine Auswirkung.

Nicht ganz so überraschend: Vor allem Männer können sich Marken schlechter merken, wenn es in der Werbung heiß hergeht. „Das stimmt mit der Evolutionstheorie überein, die auch nahelegt, dass Männer Sex und Gewalt mehr Aufmerksamkeit widmen als Frauen“, sagt Lull. Eine weitere interessante Erkenntnis der Studie ist eine Veränderung im Laufe der Zeit. In den letzten Jahrzehnten  haben negative Einstellungen gegenüber Sex und Gewalt in der Werbung abgenommen und auch das Einprägen der Marken sei weniger beeinträchtigt als früher. Bushman vermutet, die Gesellschaft sei desensibilisiert worden und nehme derartige Werbung heute gelassener hin.

Trotzdem rät Bushman der Industrie: „Werbemacher sollten sich nicht mehr so sicher sein, dass Sex und Gewalt den Verkauf der Produkte fördern.“

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