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Entwicklungschef im Interview: Warum Audi sein E-Auto so spät bringt

von Gründerszene
Viele Autohersteller haben schon ein E-Auto auf dem Markt. 2018 wird Audi nachziehen. Entwicklungschef Stefan Niemand erklärt im Interview, warum sich Audi mehr Zeit gelassen hat.

Das Model S von Tesla ist in Deutschland seit 2013 auf dem Markt. Ein halbes Jahrzehnt später wird auch Audi sein erstes vollelektrisches Fahrzeug herausbringen. Die sogenannte „e-tron“-Reihe werde 2018 mit einem höherpreisigen SUV den Auftakt machen, heißt es vom Konzern. Dass Audi sich mit der Markteinführung so lange Zeit gelassen habe, sei aus guten Gründen geschehen, wie Elektrifizierungschef Stefan Niemand erläutert.

Noch zu Beginn des Jahres machte Niemand dem Konkurrenten aus den USA Zugeständnisse, als er bei der Tagung des VDA sagte: „Es schmerzt mich es zu sagen, aber Tesla hat bisher strategisch leider alles richtig gemacht.“ Im Interview mit Gründerszene verweist er nun auch auf die Schwächen der Wettbewerber und erklärt, weshalb Audi auf der sicheren Seite sein will.

Audi hat angekündigt, bezahlbare E-Autos anzubieten. Warum steigen Sie dann mit einem hochpreisigen SUV ein?
Stefan Niemand: Bei der Elektromobilität ist es ähnlich wie bei jeder anderen Innovation in der Automobilindustrie: Eine neue Technologie ist am Anfang immer teuer. So war das beispielsweise auch beim Airbag oder beim ABS. Erst im Laufe der Jahre sind sie mit steigenden Stückzahlen günstiger geworden und gehören heute sogar zur Serienausstattung aller Autos. Voraussetzung für die gelungene Integration einer Technologie ist ein fundiertes Know-how sowie ihre Sicherheit und Zuverlässigkeit, wie etwa bei der Batterie. Eine Markteinführung startet dann meistens im oberen Preissegment. Hier ist beim Kunden eine größere Bereitschaft da, sich auf die neue Technologie einzulassen. Direkt mit dem günstigsten Modell einzusteigen, widerspricht der industriellen Logik.

Wie will sich Audi von anderen E-Auto-Herstellern abheben?
Niemand: Beim den Ladezeiten werden wir einen deutlichen Sprung machen. So unterstützen wir den CCS-Standard bei Ladestationen. 50 Kilowatt waren bisher die Leistungsgrenze, wir planen es in einer ersten Stufe auf 150 Kilowatt auszubauen. Deshalb arbeiten wir konsequent an der notwendigen Kühlung der Akkus. Vor dieser Herausforderung stehen derzeit viele Hersteller von E-Automobilen. Wir arbeiten hier an einer fundierten Lösung – auch aus Sicherheitsgründen für den Kunden. Außerdem sind in der letzten Zeit immer wieder Autos gehackt worden. Deshalb ist die Industrie ausgesprochen vorsichtig mit dem Markteintritt. Auch wir wollen nicht, dass ein Hacker unsere Autos lahmlegen kann. Und Audi hat eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und Kapitalgebern. Das ist natürlich einfacher für ein New Kid on the Block – das muss man im Hinterkopf behalten. Wir haben eine Aufgabe mit sehr vielen Variablen.

Teslas Vorsprung ist nicht von der Hand zu weisen. Wie will Audi den Kunden trotz Verspätung abholen?
Niemand: Für uns steht im Mittelpunkt: Der Kunde muss ein E-Auto selbst kaufen wollen. Unsere elektrischen Fahrzeuge sollen Fahrspaß und zugleich eine Qualität bieten, auf die Verlass ist. Das Gesamtsystem muss passen. Dafür darf man sich nicht nur auf den E-Antrieb beschränken. Auch andere Kriterien sind entscheidend.

Welche Kriterien sind das?
Niemand: Aus unserer Sicht ist das Laden neben den Fahreigenschaften entscheidend für den Kauf eines Elektrofahrzeugs. Es gibt beispielsweise E-Roaming-Anbieter, die die gesamte Ladeinfrastruktur für E-Autos zusammenführen. Oder sie geben Herstellern die Möglichkeit, Ladesäulen von verschiedenen Anbietern nutzbar zu machen. Da sind wir in intensiven Kooperationsgesprächen, solche Partner werden wir brauchen.

Aber es gibt doch Apps, über die sich die Bezahlung an x-beliebigen Ladesäulen vornehmen lässt.
Niemand: Die App ist in unseren Augen eine eher unkomfortable Lösung, um den Ladevorgang an der Stromtankstelle zu starten. Sinnvoller ist es, eine Kommunikationsebene zwischen Ladeinfrastruktur und den Fahrzeugen aufzubauen. Die Ladesäule muss sofort beim Anstecken des Ladekabels wissen, unter welchen Bedingungen ich mein Auto laden will. Im Bordcomputer des E-Autos sollen dafür Zertifikate hinterlegt werden. Am Ende steckt der Kunde dann nur noch das Ladekabel ein und muss sich sonst um nichts mehr kümmern. Statt einer App sind wir erst einmal mit einer Karte gestartet, mit der unsere Kunden gleichzeitig Strom und herkömmlichen Kraftstoff tanken können.

Wird Audi ganz auf Apps verzichten?
Niemand: Wir sprechen uns nicht grundsätzlich gegen eine App aus. Sie macht dann Sinn, wenn man beispielsweise an der Autobahnraststätte einen Kaffee trinken geht und die App informiert mich, sobald das Auto vollständig aufgeladen ist. Ähnliches gilt für private Ladestellen: Mit einer App hat man die Stromabrechnung besser im Blick oder kann den Ladevorgang nach seinen Wünschen steuern.

Bei der E-Mobilität gibt es noch immer eine Reichweitenangst. Ab welcher Akku-Reichweite glauben Sie, dass die Kunden auf E-Autos umsteigen?
Niemand: Wir untersuchen diese komplexe Frage schon seit einiger Zeit intensiv in unserer Marktforschung. Demnach sind für die private Nutzung 250 bis 300 Kilometer ausreichend, um die Schwelle der Reichweitenangst der Kunden zu überwinden. Wir haben uns aber zum Ziel gesetzt, mindestens 500 Kilometer zu erreichen. Mehr muss aber gar nicht unbedingt sein. Wenn sie morgen überall laden können, dann sind diese Reichweiten gut genug. Es kommt mehr auf die Ladeinfrastruktur an, die zu den Fahrstreckenbedürfnissen der Kunden passen muss.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Gruenderszene.

 

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