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Dieses Startup verabreicht für 8000 Dollar das Blut von Teenagern

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Ein junges US-Unternehmen macht sich den Traum von der ewigen Jugend zunutze. Unter dem Vorwand einer Studie injiziert das Startup zahlungswilligen Probanden das Blut jüngerer Menschen. Welchen Effekt das hat, weiß niemand.



Wenn es darum geht, Gesundheit und Jugend zu erhalten, ist vielen Menschen nichts zu teuer. Ein Umstand, den das Startup Ambrosia aus dem kalifornischen Monterey nutzt, um eine teure Studie zu finanzieren. Unter der Leitung des 32-jährigen Jesse Karmazin will das Unternehmen eigenen Angaben zufolge die Auswirkungen jungen Blutes auf den Organismus älterer und kranker Menschen testen.

Dazu verabreicht Ambrosia seinen Probanden Blutplasma von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren.

 Die Kosten für die Behandlung tragen die Studienteilnehmer selbst. Eine Transfusion von eineinhalb Litern Blutplasma kostet 8000 Dollar – umgerechnet rund 7500 Euro.

Dabei ist völlig unklar, ob die Verabreichung des Blutes irgendeinen Effekt auf den Körper des Empfängers hat. Die Idee basiert auf einer Versuchsreihe an Mäusen. In dieser wurden die Blutkreisläufe von alten und jungen Tieren miteinander verbunden. Die Parabiose genannte Prozedur soll in Einzelfällen Alterserscheinungen gelindert und die Muskelstärke verbessert haben.



Die Ergebnisse gelten jedoch als umstritten und konnten in weiteren Versuchen nicht nachgewiesen werden. Darüber hinaus wurde der gekoppelte Blutkreislauf der Mäuse über vier Wochen hinweg aufrechterhalten – eine völlig andere Ausgangssituation als bei der Ambrosia-Studie.

Dennoch gibt sich Karmazin überzeugt, dass die Transfusion des Blutes jüngerer Menschen enormes Potenzial birgt und positive Effekte auf die Probanden hat. Gegenüber Business Insider erklärte er, dass er während seiner Studienzeit Dutzende Versuche in diese Richtung durchgeführt habe und die Ergebnisse beeindruckend gewesen seien. Deshalb wolle er die Prozedur allen Menschen zugänglich machen.



Karmazin ist Mediziner ohne ärztliche Zulassung. Für die Umsetzung seiner Geschäftsidee arbeitet er mit dem Arzt David C. Wright zusammen. Dieser betreibt ein privates Zentrum für intravenöse Therapien und ist ebenfalls umstritten. Mit seinen alternativen Therapieansätzen brachte er einen seiner Patienten in die Notaufnahme. Im Auftrag von Ambrosia hat Wright bislang 30 Personen mit Transfusionen versorgt. Laut Karmazin sprechen die Ergebnisse für sich. So sollen die Studienteilnehmer sich deutlich gesünder fühlen und besser aussehen als vorher.



Zahlreiche Experten kritisieren das Vorgehen von Ambrosia. Der Bioethiker Jonathan Kimmelman etwa gibt zu bedenken, dass viele Unternehmen patientenfinanzierte Studien durchführen, um Produkte zu verkaufen, die aufgrund behördlicher Regulierungen nicht vermarktet werden dürften. Die Bioingenieurin Irina Conboy von der University of California in Berkeley hingegen bezeichnet den Ansatz der Studie als „nutzlos“. 

Ambrosia gibt an, den Effekt der Transfusionen auf Basis von Veränderungen an einhundert Biomarkern überprüfen zu wollen. Biomarker unterliegen jedoch auch ohne Infusion erheblichen Schwankungen und werden unter anderem von der Nahrungsaufnahme beeinflusst. Entsprechend hätten die Ergebnisse der Studie keine Aussagekraft, so Conboy. Zudem fehle eine Placebo-Gruppe zur Überprüfung. Auch die Tatsache, dass Probanden nicht zwingend alt oder krank sein müsse, stellt Studie laut den Kritikern infrage. Jeder Interessent über 35 Jahren darf teilnehmen.



Der Neurowissenschaftler Tony Wyss-Coray von der Stanford University in Kalifornien führte 2014 selbst eine Studie zur Verabreichung von jungem Blutplasma an Mäusen durch. Aufgrund positiver Auswirkungen auf das Erinnerungsvermögen testet er mit seinem Unternehmen Alkahest aktuell die Auswirkung der Prozedur auf Alzheimer-Patienten. An der Studie nehmen 18 Probanden teil, die Finanzierung der Behandlung übernimmt die Firma. Die Ambrosia-Studie kritisiert Wyss-Coray jedoch scharf: „Es gibt keine klinischen Beweise dafür, dass die Behandlung irgendwelche positiven Auswirkungen hat, hier wird das Vertrauen der Menschen und das öffentliche Interesse am Thema missbraucht.“



Trotz aller Kritik erfährt Karmazins Unternehmen auch Zuspruch. So soll der Silicon-Valley-Milliardär und Donald-Trump-Unterstützer Peter Thiel Interesse an einer Investition in Ambrosia signalisiert haben. Thiel ist laut Inc.com selbst an einer Transfusion des jungen Blutes interessiert, um sich den Traum vom ewigen Leben zu erfüllen. 

Der Vorwurf der Geldschneiderei ist letztlich noch einer der harmloseren Kritikpunkt an Ambrosias Geschäftsidee. Tatsächlich kann die Transfusion von fremdem Blut schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, im schlimmsten Fall erleiden Patienten eine Infektion mit tödlichem Ausgang.

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