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Sheltersuit stellt kostenlose Kälteanzüge für Obdachlose her

von Johanna Wendel
Als der Vater eines Freundes auf der Straße erfror, nachdem er obdachlos geworden war, entschieden sich zwei junge Männer aus den Niederlanden, die Sheltersuit Foundation zu gründen. Sie stellen Schlafsack-Jacken-Kombinationen her, die sie kostenlos an Obdachlose verteilen.

Bas Timmer und Alexander de Groot haben sich ganz und gar dem guten Zweck gewidmet. Sie gaben ihre Jobs auf, um sich vollständig auf ihre Arbeit mit der Sheltersuit Foundation zu konzentrieren. Die beiden Freunde gründeten die Organisation im Oktober 2014 nachdem sie vom Erfrierungstod des Vaters eines Freundes auf der Straße erfahren hatten. Alexander de Groot war schockiert und wunderte sich, dass so etwas in den Niederlanden überhaupt passieren konnte. Er sprach mit seinem langjährigen Freund Timmer über diese für ihn schwer zu begreifende Situation. Dieser ist Modedesigner und kam auf die Idee kostenlose Kleidung für Obdachlose herzustellen.

Der Sheltersuit ist eine Kombination aus einer warmen Winterjacke und einem Schlafsack, der mit einem Reißverschluss an der Jacke befestigt werden kann. Bis Mitte der 60er Jahre war Enschede - die Heimat der beiden - der bedeutendste Standort der Textilindustrie in den Niederlanden. Auch wenn ein Großteil der Produktion nach Südostasien umgesiedelt ist, hatten Timmer und de Groot noch die Möglichkeit, einige verbliebene Unternehmen nach ungebrauchten oder fehlerhaften Stoffen zu fragen, um daraus Sheltersuits zu nähen. „Zehn von 30 fanden unsere Idee gut und wollten uns unterstützen.“

Von gesammelten Spenden und dem eigenen Geld konnten Timmer und de Groot ein Unternehmen mit der Herstellung beauftragen. Dem wurde das Projekt aber zu anstrengend, als die beiden von 100 Sheltersuits im vergangenen Jahr auf 1000 in diesem Jahr aufstocken wollten. Sie bemühten sich bald um freiwillige Helfer und kauften selbst Nähmaschinen.

In den umliegenden Flüchtlingsheimen suchten sie nach Bewohnern, die Nähmaschinen bedienen konnten. Mittlerweile sind zehn der insgesamt zwanzig freiwilligen Helfer Geflüchtete, die aber bei Sheltersuit nicht nur Kleidung für Obdachlose nähen. „Sie bekommen bei uns Sprachkurse und jeden Mittag essen wir alle gemeinsam.“ In den Niederlanden muss ein Sprachkurs mit anschließendem Test abgelegt werden, um als Flüchtling einen Job annehmen zu können. Timmer und de Groot wollen ihre Freiwilligen nach dem Bestehen ihrer Sprachtests mit einer Bezahlung belohnen. Neben Geflüchteten arbeiten auch Studenten und ehemalige Obdachlose bei ihnen.

Und wie verdienen die Chefs der Organisation Timmer und de Groot daran? „Im Moment verdienen wir noch gar nicht an Sheltersuit. Mein ehemaliger Chef bot mir im April an, mich noch bis Ende des Jahres zu bezahlen ohne überhaupt für ihn zu arbeiten.“ De Groots arbeitete vorher bei Designer Michael Kors und sein Chef stellte ihn vor die Wahl, die Organisation zu verlassen, um sich wieder vollständig auf die Arbeit zu konzentrieren, oder ihn auch ohne Arbeit weiterhin zu bezahlen, so dass er sich auf Sheltersuit konzentrieren konnte. De Groot fiel die Entscheidung nicht schwer.

Das Jahr ist aber nun so gut wie vorbei und für de Groot würde kein Geld mehr reinkommen. Sheltersuit setzt nun vor allem auf eine Plakat-Werbekampagne, die überall in den Niederlanden zu sehen ist und mehr Spenden einbringen soll. Für Sheltersuit ist die Spendenkampagne mit 3000 Postern durch eine Kooperation kostenlos. „Wir haben unseren Mitarbeitern versprochen, dass wir anfangen, sie im Laufe des nächsten Jahres zu bezahlen. Außerdem wollen wir natürlich noch mehr Sheltersuits produzieren.“

Zusätzlich hat die Initiative eine Kooperation mit Green Events. Die Organisation unterstützt Festivalveranstalter dabei, ihre Veranstaltungen umweltfreundlicher zu gestalten. Sheltersuit sammelt auf möglichst vielen Festivals in den Niederlanden zurückgelassene Zelte und Schlafsäcke ein. Aus den Zelten werden dann Regenponchos genäht, die im Folgejahr wieder an die Festivalbesucher verkauft werden, um die Organisation zu finanzieren. Die Schlafsäcke werden zu Sheltersuits verarbeitet. „Nächstes Jahr fahren wir zum Lowland Festival mit fast 100.000 Besuchern, ungefähr ein Viertel davon lässt ihre Zelte und Schlafsäcke auf dem Gelände liegen. Damit können wir 25.000 Regenponchos und Sheltersuits zu produzieren.“

Doch nicht nur Obdachlose interessieren sich für die Jacken-Schlafsack-Kombination: „Wir bekam Anfragen von Fischern, Jägern und Rollstuhlfahrern, die gerne einen Sheltersuit kaufen wollten. Wir wollten den Sheltersuit aber eigentlich nicht vertreiben, deshalb planen wir für nächstes Jahr den Twinsuit.“ Das Prinzip: Menschen, die einen Sheltersuit kaufen, spenden damit gleichzeitig einen für Obdachlose.

Mittlerweile hat die Initiative 300 Sheltersuits an Obdachlose verteilt, im Januar sollen es dann 1100 sein. Das große Ziel für nächstes Jahr: 5000 Sheltersuits.

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