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Diese Werbung beobachtet Passanten und optimiert sich selbst

von Moritz Geier
Die internationale Werbeagentur M&C Saatchi testet derzeit digitale Werbetafeln mit eingebauten Kameras. Sie sollen die Gesichtsausdrücke von Passanten aufnehmen. Basierend auf dem Grad der Aufmerksamkeit entwirft dann ein Algorithmus eine erfolgsversprechende Anzeige — völlig selbstständig. Kann künstliche Intelligenz die Werbung revolutionieren?

An der Oxford Street in London steht seit kurzem eine neue Werbeplakatwand. Die Bilder darauf wechseln. Ein Bagel und eine Kaffeetasse sind zu sehen, ein andermal Kaffebohnen. Werbung für die Kaffeesorte Bahio. Nichts Spektakuläres – auf den ersten Blick. Auf den zweiten überrascht die Werbung. Denn einen Bahio-Kaffee gibt es überhaupt nicht. Es handelt sich um keine gewöhnliche Reklame. Die digitale Plakatwand ist das erste Poster mit künstlicher Intelligenz — und sie soll die Werbewelt revolutionieren.

Wenn Medienhistoriker in der Zukunft zurückblicken, werden sie 2015 als Meilenstein betrachten.

Andrew Mc Stay

Eingebaute Microsoft Kinect-Kameras in der Werbetafel messen den Grad der Aufmerksamkeit, indem sie erkennen, ob Passanten sich der Anzeige zuwenden. Den Reaktionen passt sich dann der gezeigte Werbeinhalt an. Das Ganze ist ein Versuch der Werbeagentur M&C Saatchi. „Saatchi hat damit Werbegeschichte geschrieben. Wenn Medienhistoriker in der Zukunft zurückblicken, werden sie 2015 als Meilenstein betrachten“, schreibt der Medienwissenschaftler Andrew Mc Stay in der britischen Ausgabe von The Conversation.

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In einem YouTube-Video erklären die Macher das Testprojekt. Das Poster entwirft selbstständig neue Werbeanzeigen – und misst mithilfe der Kameras den Erfolg der Anzeige an den Gesichtern der Betrachter. Je mehr Aufmerksamkeit einem Entwurf zuteil wird, desto mehr präferiert der Computer beim nächsten Entwurf ein bestimmtes Bild, eine Schriftart oder eine Schriftfarbe. „Es ist ein darwinistischer Algorithmus, der sich nach und nach entfaltet und immer effektiver wird“, sagte Saatchi-Chef David Cox gegenüber dem Guardian.

Einen Angriff auf die Privatsphäre müssen Passanten einstweilen nicht befürchten: „Wir speichern nichts Erkennbares ab, sammeln weder Bilder noch sonstige Daten“, versichert Cox. Die Poster könnten Gesichter wahrnehmen, aber nicht erkennen, sie wüssten nicht, wer vor ihnen stehe. Noch nicht. Denn die Spielerei mit künstlicher Intelligenz in der Branche hat erst begonnen.

„Das Poster funktioniert eigentlich noch ziemlich mechanisch“, meint auch Mc Stay, „der Werbeträger weiß nicht, warum wir lächeln, eine Grimasse schneiden oder keine Miene verziehen und was diese Ausdrücke wirklich durchblicken lassen.“ Das könne sich aber mit der Entwicklung von künstlicher Intelligenz verändern. Sie würde die Werbung auf ein ganz neues Level heben. Cox sagt: „Live-Interaktion und Gesichtserkennung könnten die nächsten Schritte sein.“ Das Poster ist also erst der Anfang. 

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