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Deshalb sterben die deutschen Free-to-Play-Studios

von Dominik Schönleben
Das Geschäftsmodell Free-to-Play bescherte vielen deutschen Videospiele-Entwicklern jahrelang große Erfolge. Die erneuten Entlassungen bei Deutschlands größtem Studio zeigen aber, dass diese Ära vorbei ist. Unser Autor Dominik Schönleben erklärt, woran die Branche krankt.

Deutschlands größtes Videospiele-Studio kann diesen Titel nicht mehr für sich beanspruchen. Nachdem Goodgame Studios im Juni noch über 1200 Mitarbeiter beschäftigte, sinkt die Zahl nach der neusten Entlassungswelle des Unternehmens auf knapp 350. Damit gehört Goodgame nicht einmal mehr zu den Top-5 in Deutschland. Der Stellenabbau steht symptomatisch für ein größeres Problem, das der deutschen Spielebranche derzeit zusetzt.

Denn für viele Studios hierzulande waren vor allem Free-to-Play-Spiele jahrelang ein Erfolgskonzept. Die eigentlich kostenlosen Games, in denen Spieler dann doch bezahlen müssen, um schneller und erfolgreicher zu sein – sie boten scheinbar das ultimtaive Geschäftsmodell.

Und das stimmt noch immer: Laut dem Bundesverband Interaktive Unterhaltssoftware (BIU) verdienen die Publisher solcher Spiele im Vergleich zu Abo-Titeln mit monatlicher Finanzierung knapp viermal mehr. Kurz gesagt: Die Kopie von Free-to-Play-Erfolgen wie Farmville oder Clash of Clans bringt mehr Geld ein, als ein neues World of Warcraft. 562 Millionen Euro setzten Entwickler weltweit laut BIU damit 2015 um. Tendenz steigend. Seit geraumer Zeit hat diese Gleichung aber einen Haken: Die Konkurrenz auf dem Markt ist einfach zu groß geworden.

Die Werbekosten pro Spieler steigen und steigen

Viele große deutsche Entwicklerstudios fingen mit erfolgreichen Browser- und Facebook-Spielen an, so auch die Gründer von Goodgame Studios. Doch mit dem Erfolg kamen die Ambitionen. Ihr Studio wuchs und wuchs, stets mit dem internationalen Markt im Blick, der noch mehr Gewinne versprach.

Das Problem war nur, weltweit sahen Entwickler die gleiche Chance: Auch sie entwickelten Spiele direkt für den internationalen Markt, anstatt sie nur im Nachgang zu exportieren. Der Trend zum Mobile-Gaming macht es möglich: Durch die App Stores haben es Entwickler leichter, einen Titel weltweit zu veröffentlichen – die Vermarktung funktioniert einfach, etwa über die Empfehlungen auf der Store-Startseite. Doch dann wurden es eben einfach zu viele, und die Sichtbarkeit individueller Titel sank. Das Marktgleichgewicht kippte hin zu einem Angebotsmarkt.

Dadurch wurde es teuerer, die Nutzer auf sich aufmerksam zu machen. Die genauen Zahlen behalten Unternehmen gerne für sich, aber klar ist: Während die Producer vor einigen Jahren noch Cent-Beträge für Werbung auf den Tisch legen mussten, brauchen sie heute Euro-Beträge, um einen Spieler zum Download der App zu bewegen. So viel Geld will aber erst einmal über den Free-to-Play-Mechanismus verdient werden. Durch diesen Zwang entsteht ein enormer Kostendruck.

Deutsche Unternehmen wie Goodgame Studios, Wooga und GameDuell haben nicht mit dieser Entwicklung gerechnet. Stattdessen setzten sie auf Wachstum, um immer bessere Spiele veröffentlichen zu können. Goodgame Studios wollte sogar ein kostenintensives und aufwändiges Tripple-A-Computerspiel entwickeln. Stattdessen gibt es jetzt Entlassungen. Unter den zehn größten deutschen Spielestudios gab es im letzten halben Jahr nur zwei, die sich nicht von einer großen Zahl ihrer Mitarbeiter trennen mussten.

Aber es geht längst nicht mehr um das beste Spiel, es geht um die größte Aufmerksamkeit. Internationale Titel teilen sich die Top-50 des App-Stores im Bereich Games auf, darunter Finnen, Iren oder Japaner. Deutsche Unternehmen findet man nicht mehr in der Liste. Um sich einzureihen, braucht ein Free-To-Play-Titel eine bereits erfolgreiche Marke oder viel Glück. Mit der Größe des Entwicklerteams hat beides nichts zu tun. Niantic, das Studio hinter Pokémon Go, hat nur knapp 70 Mitarbeiter und auch Supercell, der Entwickler des derzeit erfolgreichsten Free-to-Play-Spiels Clash Royale, kommt mit 150 Leuten aus.

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