Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Warum Fans von Kryptowährungen sich dezentrale Handelsplätze bauen

von Klemens Kilic
Kryptowährungen droht der Verlust der Anonymität. Denn wer mit ihnen handeln will, muss sich meist mit seinem echten Namen registrieren. Nun gibt es eine Gegenbewegung, die zurück zur Anonymisierung will. Eine Analyse von Klemens Kilic.

Wer echtes Geld in Kryptowährungen tauschen will, kann das derzeit eigentlich nur auf Handelsplätzen wie Binance oder Coinbase machen. Allerdings verlangen solche Anbieter eine Registrierung und wickeln Transaktionen zentral über ihre eigenen Plattformen ab. Damit widersprechen sie dem Grundgedanken von Kryptowährungen, die eigentlich anonym und dezentral gehandelt werden sollen.

Eine Lösung für dieses Problem wären dezentrale Handelsplätze (auch Decentralised Exchanges oder DEX genannt). Solche Plattformen erlauben es Nutzern, Kryptowährungen direkt untereinander – und damit anonym – zu handeln. Ermöglicht wird das über dieselbe Technologie, auf der bereits Bitcoin basiert: der Blockchain. Alle Geschäfte werden dabei in einem Kassenbuch festgehalten werden, das auf Tausenden von Computern gespeichert ist.

Am Montag ging das KyberNetwork an den Start. Der neue Dienst, der sich über Crowdfunding finanziert, verspricht „sofortige Ausführung ohne Gebühren“. Plattformen wie das KyberNetwork verdanken ihre Existenz der Tatsache, dass mehr und mehr Nutzer von Kryptowährungen sich gegen den Gedanken wehren, bei jedem Kauf oder Verkauf für Behörden identifizierbar zu werden.

Herkömmliche Handelsplätze müssen aufgrund von staatlichen Regulierungen mehr und mehr Informationen über ihre Nutzer bei der Registrierung sammeln. Bei Handelsplätzen, die dezentral auf der Blockchain laufen, ist eine Anmeldung nicht nötig. Öffentlich sichtbar sind nur die Konto-Angaben der Nutzer – Zahlenkombinationen, die ohne den dazugehörigen Schlüssel keine Rückschlüsse auf den Kontobesitzer zulassen.

Die Vorteile dezentraler Exchanges

Damit sind dezentral organisierte Handelsplätze auch schwieriger zu regulieren. Bei einem Verstoß gegen Gesetze eines bestimmten Landes fehlt eine zentrale Instanz, die zur Verantwortung gezogen werden kann. Regulierer müssen stattdessen versuchen, die Identität einzelner Nutzer herauszufinden – was sehr viel aufwändiger ist, als die Betreiber einer einzelnen Website zur Rechenschaft zu ziehen.

Fans von dezentralen Exchanges sehen in der Verteilung der Daten auf viele Nutzer auch einen Zugewinn an Sicherheit. Im Januar verschafften sich Hacker Zugriff auf Coindesk, eine japanische Handelsbörse, und stahlen Kryptogeld im Wert von über 400 Millionen Euro. Wären die Daten nicht nur auf den Rechnern der Börse gespeichert gewesen, sondern auf etlichen Computern von Nutzern, dezentral über den Globus verteilt, hätten die Hacker wohl kaum Chancen auf Erfolg gehabt.

Dennoch haben zentrale Handelsplätze Vorteile: Bisher können einige Prozesse dort noch leichter und schneller gesteuert werden. Ein Beispiel ist das Liquiditätsproblem: Wenn auf einer Plattform zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht genug Menschen verkaufen wollen, kommt der Handel schnell zum Erliegen. Bei einem zentralen System springt dann die Plattform ein. Sie hält selbst Kryptogeld vorrätig, das sie bei Bedarf anbietet. Der Handel kann so ohne Unterbrechung ablaufen, weil es immer genug Angebot und Nachfrage gibt.

Liquidität wird schnell zum Problem

Bei den bereits bestehenden dezentralen Handelsplätzen wie IDEX, EtherDelta und Waves ist das größte Problem die geringe Liquidität. Das hat Auswirkungen auf die Preisstabilität. Kauft jemand große Mengen Kryptogeld, steigt schnell der Preis, weil kurzzeitig das Angebot fehlt.

KyberNetwork will für dieses Problem eine Lösung gefunden haben: Es schafft einen Anreiz dafür, dass ungenutztes Kapital zum Tausch angeboten wird. Nutzer können mit dem KyberNetwork kooperieren – entweder als Kapitalgeber, indem sie ihr Guthaben zur Verfügung zu stellen, oder als Kapitaldirektor, indem sie das von anderen bereitgestellte Guthaben verwalten. Das Guthaben wird dabei über dem Marktwert angeboten. Bei vollzogenem Tausch wird die Differenz als Gewinn an beide Parteien ausgeschüttet.

Sollte das neue System von KyberNetwork funktionieren wie versprochen, könnten dezentrale Handelsplätze schnell an Akzeptanz gewinnen. Wie ernst auch angestammte Plattformen den Trend zur Dezentralisierung nehmen, zeigt die Ankündigung von Binance, nun ebenfalls auf eine verteilte Datenstruktur umzuschwenken.

Der Grundgedanke, den Handel von Kryptogeld nach dem gleichen Prinzip zu organisieren wie die Währungen selbst, ist also dabei, sich durchzusetzen. Man muss das wohl als nächsten logischen Schritt sehen: Ohne Dezentralisierung und Anonymität wäre Bitcoin eben nur das nächste Paypal.

GQ Empfiehlt
Wie vererbt man eigentlich Bitcoin?

Wie vererbt man eigentlich Bitcoin?

von WIRED Editorial