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Geld für Gene: 23andMe verkauft deine DNA-Information

von Katharina Brunner
Wer für 99 US-Dollar seine Gene vom Startup 23andMe analysieren lässt, kann die erhobenen Daten auch der Forschung zur Verfügung stellen. Das eröffnet der Firma ein lukratives Geschäftsfeld: Ein Biotech-Unternehmen will 60 Millionen Dollar zahlen, um die Gen-Sequenzen und Umfrageergebnisse von Parkinson-Patienten auswerten zu können.

„Das Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, neue therapeutische Ziele zu identifizieren, um Parkinson zu behandeln“, heißt es bei 23andMe. Der Informatiker und Blogger Jürgen Geuter, im Netz unter dem Namen tante bekannt, ist einer von 800.000 Menschen, die die Dienste des amerikanischen Startups 23andMe in Anspruch genommen haben. Dazu schickte er eine Speichelprobe nach Kalifornien, zahlte 99 US-Dollar und erklärte sich einverstanden, dass seine genetischen Informationen in der Forschung verwendet werden dürfen. 

Es geht nur darum, deine Daten zu verkaufen!

Sarah Zhang, Gizmodo-Autorin

Wie Geuter haben nach Aussage von 23andMe 85 bis 90 Prozent der Kunden auf der Firmenwebseite ein Häkchen gesetzt bei: „Ihre Informationen dürfen in aggregierter und anonymisierter Form für Peer-Review unterzogene Forschung verwendet werden.“ Und es sind diese zwei Zeilen, an denen sich nun die Gemüter erhitzen. Denn am Mittwoch 23andMe bekannt, dass sich Genentech, die US-Tochter des Schweizer Pharmakonzerns Roche, für insgesamt 60 Millionen Dollar Daten von 3000 Parkinson-Patienten auswerten will. Ein Chromosonensatz samt Fragebogendaten ist damit rund 20.000 Dollar wert — weit mehr als die 99 US-Dollar, die Kunden für den Gen-Test bei 23andMe zahlen müssen.

Eine Diskrepanz, wie man sie oft vorfindet, wenn ein Unternehmen wie 23andMe zwei Kundensegmente gleichzeitig bedient. Die wertvollere Gruppe — in diesem Fall Menschen aus aller Welt, die ihren Speichel nach Kalifornien schicken — wird subventioniert. Denn je mehr Datensätze (und Einverständniserklärungen zur Weitergabe an Dritte) 23andMe anhäuft, desto wertvoller werden diese für Pharmafirmen.

23andMe ist ein gutes Beispiel dafür, wie man online verantwortungsvoll Einverständnis einholt.

Jürgen Geuter, Informatiker und Blogger

Wie bei vielen anderen Online-Angeboten stellt sich die Frage: Ist der Nutzer Konsument oder Produkt? Für Sarah Zhang vom Magazin Gizmodo ist die Antwort klar: „Es geht nur darum, die Daten zu verkaufen“, schreibt sie. Im Vergleich mit anderen Diensten wie Facebook, denen vorgeworfen wird, ihre Privatsphären-Einstellung möglichst kompliziert zu gestalten, findet Geuter diesen Vorwurf jedoch nicht fair: „Eigentlich ist 23andMe ein ziemlich gutes Beispiel dafür, wie man verantwortungsvoll mit sensiblen Daten umgeht“, schreibt er. 

Die Dienstleistungen von 23andMe können auch in Anspruch genommen werden, ohne die Daten der Forschung zur Verfügung zu stellen. „Du kannst deine Meinung darüber jederzeit ändern“, heißt es auf der Webseite. Für das Startup dürfte es nun am spannendsten sein, ob nach der Aufregung um den Genentech-Deal tatsächlich Kunden ihr Einverständnis zurückziehen. Die Ansage, das eigene Facebook-Profil zu löschen, ist ja meistens auch kaum mehr als eine leere Drohung. 

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